Durch den Sieg des Antizionisten Zohran Mamdani bei der Vorwahl zur New Yorker Bürgermeisterwahl fühlt sich die anti-israelische Fraktion der US-Demokraten wieder im Aufwind.
Der 33-jährige Antizionist und BDS-Unterstützer Zohran Mamdani hat die Vorwahl der Demokraten zu den New Yorker Bürgermeisterwahlen klar gewonnen. Wie die New York Times am späten Dienstagabend berichtete, entfielen auf ihn nach der Auszählung von 93 Prozent der Stimmen 43,5 Prozent, während der favorisierte ehemalige New Yorker Gouverneur Andrew Cuomo nur auf 36,4 Prozent kam. Cuomo hat seine Niederlage eingeräumt, auch wenn noch kein offizielles Ergebnis vorliegt. Dieses wird für nächsten Dienstag erwartet.
Um die Wahl zu gewinnen, sind mindestens fünfzig Prozent der Stimmen notwendig. Es gibt aber keine Stichwahl; stattdessen werden jene Stimmen, die auf die restlichen Kandidaten entfielen, auf die beiden Führenden verteilt, abhängig davon, wen die Wähler als ihre zweite Präferenz angekreuzt haben. Es gilt als sicher, dass die Stimmen derjenigen, die Mamdani als ihre zweite Wahl angekreuzt haben, reichen werden, um ihn über die Fünfzig-Prozent-Schwelle zu hieven, da Mamdani ein Bündnis mit dem drittplatzierten Brad Lander (11,3 Prozent) eingegangen war: Beide hatten ihre Anhänger aufgerufen, dem jeweils anderen ihre zweite Stimme zu geben.
Wahrscheinlicher Wahlsieger
Bei der Bürgermeisterwahl am 4. November wird Zohran Mamdani gegen den republikanischen Kandidaten Curtis Sliwa und gegen den ebenfalls der Demokratischen Partei angehörenden Amtsinhaber Eric Adams, der diesmal jedoch als Unabhängiger kandidieren wird, antreten. 2021 hatte Sliwa gegen Adams verloren und dabei knapp 28 Prozent der Stimmen geholt. Im April 2025 kündigte Adams an, nicht bei den Vorwahlen der Demokraten anzutreten. Er steht innerparteilich in der Kritik: Das Justizministerium soll dafür gesorgt haben, dass Adams sich nicht weiter wegen Korruption vor Gericht verantworten muss; im Gegenzug unterstützt er die Bundesregierung bei der Verhaftung illegaler Einwanderer – so jedenfalls lautet der von seinen Gegnern gegen ihn erhobene Vorwurf.
Adams wirbt nun um die Stimmen der Republikaner. Seine von den Demoskopen im Frühjahr gemessene Zustimmungswerte sind jedoch schlecht. Wenn es bezüglich Mamdani bis zur Wahl keine Skandale und er selbst sich gemäßigt gibt – was er wahrscheinlich tun wird –, dürfte ihm der Sieg kaum zu nehmen sein.
Mamdani ist Abgeordneter im Parlament des Bundesstaats New York und thematisierte im Wahlkampf unter dem Stichwort »Affordability« vor allem das Problem der hohen Lebenshaltungskosten. Daneben unterstützt er einen Boykott Israels und lehnt die Existenz Israels als jüdischer Staat ab. Sein Sieg wird in der Presse als riesige Überraschung behandelt. Dabei hätte klar sein dürfen, dass er seine Anhänger besser mobilisierte. Nach Einschätzung der New York Times konnte Mamdani besonders junge Wähler und Angehörige von Minderheiten begeistern. Eine Nachwahlbefragung gab es nicht.
Max Burns, ein in New York ansässige Stratege der Demokratischen Partei, sagte, Mamdanis Triumph sei Cuomos Wahlkampf zu schulden: »Es ist ein Tadel für Faulheit.« Cuomo habe geglaubt, eine Kampagne, die stark auf die Medien setze, könne auch ohne Wahlkampf auf der Straße gewinnen. Er verglich Mamdanis Sieg mit dem überraschenden Erfolg der Abgeordneten Alexandria Ocasio-Cortez über den ehemaligen Abgeordneten Joe Crowley im Jahr 2018: »Es gibt viele Parallelen zwischen Cuomos und Crowleys Annahmen im Jahr 2018 und dem Versäumnis der beiden, die Veränderungen unter ihren Füßen zu erkennen.«
»Wir alle haben einen blinden Fleck«, sagte der ehemalige Gouverneur David A. Paterson, der Cuomo unterstützt hatte. »Sein blinder Fleck ist, dass er nicht wirklich gut mit den Menschen umgehen kann.«
Reaktionen
Obwohl die Bürgermeisterwahl erst noch bevorsteht, sieht sich Mamdani bereits als neues Stadtoberhaupt. Er werde seine »Macht nutzen, um Donald Trumps Faschismus abzulehnen«, sagte er, als sich sein Triumph über Cuomo abzeichnete. »Ob Sie nun für mich oder Gouverneur Cuomo gestimmt haben oder von einem seit Langem kaputten politischen System zu desillusioniert waren, um überhaupt wählen zu gehen, ich werde für eine Stadt kämpfen, die für Sie funktioniert. Die für Sie erschwinglich ist. Die für Sie sicher ist. Ich werde mich dafür einsetzen, ein Bürgermeister zu sein, auf den Sie stolz sein können.«
Der republikanische Kandidat Curtis Sliwa ist bekannt als der Gründer der Guardian Angels, einer Bürgerinitiative mit dem Ziel der Kriminalitätsverhütung, die sich seit der Gründung im Jahr 1979 von New York auf andere Städte und Länder ausgedehnt hat. Sliwa kommentierte die Wahl auf X: »Zohran Mamdani ist zu extrem für eine Stadt, die ohnehin schon am Rande der Krise steht. Ich weiß, dass viele New Yorker gerade Angst haben. Angst wegen der Miete. Angst vor Kriminalität. Angst davor, aus dem einzigen Ort vertrieben zu werden, den sie je ihr Zuhause genannt haben. Dies ist nicht die Zeit für radikale Politik. Es ist Zeit für echte Führung.«
Elise Stefanik, die republikanische Abgeordnete im Repräsentantenhaus, die sich mit ihrem Untersuchungsausschuss zum Antisemitismus an US-Universitäten wie Harvard und Columbia einen Namen gemacht hat, attackierte New Yorks Gouverneurin Kathy Hochul: »Hochul ist die Vorsitzende der New Yorker Demokratischen Partei und hat den antisemitischen, kommunistischen Kandidaten voll und ganz unterstützt. Sie ist für diese Katastrophe verantwortlich.«
Linda Sarsour ist zurück
Zu den Unterstützern Mamdanis gehört auch Linda Sarsour, die 2019 wegen ihres Antisemitismus aus dem Vorstand des Womens’ March ausgeschlossen wurde. 2015 trat sie bei einer Demonstration auf, zu der der muslimische Hitler-Verehrer Louis Farrakhan aufgerufen hatte, und sagte, Muslime dürften Israel »nicht vermenschlichen«. Zudem behauptet sie, dass »Zionisten« schuld seien an »Morden an unbewaffneten Schwarzen durch die Polizei in den Vereinigten Staaten von Amerika«.
Diese Verschwörungstheorie des Deadly Exchange wird auch von Mamdani verbreitet und besagt, die Austauschprogramme zwischen der amerikanische Polizei und israelischen Städten dienten dem Zweck, »Taktiken der Überwachung und Unterdrückung marginalisierter Menschen« auszutauschen, wie Mamdani es 2021 in einem Interview ausdrückte. Die New York Post berichtete im Frühjahr, dass Linda Sarsour zu Mamdanis wichtigsten Unterstützern gehört: »Sarsour (…) macht seit Monaten Wahlkampf für Mamdani und verschickt unter anderem regelmäßig Massenmails in den sozialen Medien, in denen sie ihre Hunderttausenden Follower um Spenden für seine Kampagne bittet.« Sarsour selbst spendete Mamdani laut Informationen der Zeitung den erlaubten Maximalbetrag von 2.100 Dollar.
Schon letztes Jahr hatten die beiden zusammengearbeitet, als es darum ging, Präsident Joe Biden zu bekämpfen. Sarsour, Mamdani und die Demokratischen Sozialisten riefen im Frühjahr 2024 dazu auf, aus Protest gegen dessen Unterstützung für Israel bei der Vorwahl der Demokraten einen leeren Stimmzettel abzugeben (in New York City kamen dem zwölf Prozent der Wähler nach). Die spektakulärste Folge dieser Kampagne gegen Biden war, dass arabische und muslimische Wähler in Michigan bei den Präsidentschaftswahlen in Scharen zu Donald Trump überliefen oder zu Hause blieben und so dazu beitrugen, dass Trump den Bundesstaat gewann.
Keine Eiscreme für Juden
Mamdani rühmte sich 2021, die Eiscreme-Firma Ben & Jerry’s erfolgreich dazu gedrängt zu haben, ihre Produkte nicht mehr in »besetzten palästinensischen Gebieten« zu verkaufen – einen Monat bevor das Unternehmen den Schritt verkündete. »Ich sagte Jerry, dass ich von der Arbeit des Unternehmens in Israel enttäuscht bin«, sagte Mamdani in dem Videointerview, das damals vom Muslim Democratic Club of New York auf Facebook gepostet wurde. »Ben & Jerry’s verkauft sein Eis in israelischen Siedlungen. Sie arbeiten mit israelischen Supermärkten zusammen, die nach Feststellung der Vereinten Nationen von der Besatzung profitieren«, sagt Mamdani in dem Clip mit dem Titel Teach In: Kollektive Befreiung von Minneapolis bis Palästina.
Die Ankündigung des Boykotts führte zu einem Streit zwischen Ben & Jerry’s und dem Mutterkonzern Unilever. 2018 hatte Ben & Jerry’s eine Eissorte Linda Sarsour gewidmet. Die Verbindungen sind interessant: Im Vorstand von Ben & Jerry’s sitzt die Anti-Israel-Mäzenin Anuradha Mittal. Sie ist die Gründerin des linken Oakland Institute, das Israel in einer Artikel- und Fotoserie des Kolonialismus, der Apartheid und des Landraubs bezichtigt. Das Oakland Institute hat Mittal 2017 und 2018 laut New York Post insgesamt 156.000 Dollar Gehalt überwiesen und soll im selben Zeitraum 100.000 Dollar von der Ben & Jerry’s Fundation erhalten haben.
Auf X teilte Mittal zahlreiche Posts, in denen Mamdanis Mitstreiter wie Bernie Sanders und Ocasio-Cortez Mamdani gratulieren. Darunter ist auch der bekannte antizionistische Journalist Peter Beinart, der schreibt: »Nachdem er den Fall Mamdani gegen Cuomo gesehen hat, sollte jeder kluge Demokrat, der darüber nachdenkt, 2028 für das Präsidentenamt zu kandidieren, erkennen, dass die Linie Bidens gegenüber Israel ein politisches Desaster ist.«
Beinart empfiehlt den Demokraten offenbar, zu einer antiisraelischen Partei zu werden. Anderenfalls was? Wollen Sanders, Ocasio-Cortez und Mamdani 2028 womöglich erneut den eigenen Kandidaten sabotieren, wie sie das bei Joe Biden und Kamala Harris gemacht haben?
In jedem Fall dürfte ein Bürgermeister Mamdani einen US-Präsidenten J. D. Vance wahrscheinlicher machen. Eine Partei à la Mamdani wird in Staaten wie Michigan, Wisconsin und Arizona nicht gut ankommen – wenn überhaupt irgendwo. Insofern kann man seinen Anhängern zustimmen, dass die Bürgermeisterwahl in New York eine größere,landesweite Bedeutung hat. Der Anti-Israel-Radikalismus in der Demokratischen Partei wähnt sich wieder oben auf. Louis Farrakhan wird das freuen.