Jerusalem: Wer schändet die heiligen Stätten?

Die berüchtigte jüngste Resolution des UNESCO-Exekutivkomitees, in der der Tempelberg und die Westmauer/Klagemauer nur noch mit ihren arabischen bzw. islamischen Namen bezeichnet werden – und die die viel ältere jüdische und christliche Verbindung somit leugnet – , wird mit Recht von vielen Beobachtern als Skandal gewertet; selbst UNESCO-Generaldirektorin Irina Bokova bezeichnete sie als „schädlich“.

„Das Erbe Jerusalems ist unteilbar, und jede Gemeinschaft hat ein Recht auf explizite Anerkennung ihrer Geschichte und Verbindung zu der Stadt“, so Bokova. „Irgendeine der jüdischen, christlichen oder muslimischen Traditionen zu leugnen, zu verschweigen oder auszulöschen unterminiert die Integrität der Stätte.“

Hinter dem neuen Skandal rückt ein anderer, älterer, in den Hintergrund: Die einseitige Hetze, die in allen UNESCO-Resolutionen zu Israel, und insbesondere zu Jerusalem zu finden ist. Die Sorge um das kulturelle und archäologische Menschheitserbe, der sich die UNESCO doch eigentlich widmen soll, wird in den Dienst radikaler, politischer, menschenfeindlicher Ziele gestellt.

Wie stets lautet der Tenor in der Resolution: Alles, was Israel irgendwo in Jerusalem baut, gefährde die Al-Aksa-Moschee (und sei deshalb zu unterlassen), während alle Bauarbeiten, die die mit der Verwaltung des Tempelbergs betraute jordanische Religionsstiftung Waqf auf dem Tempelberg selbst unternimmt, „notwendige Renovierungen“ seien, die „die Besatzungsmacht Israel“ auf keinen Fall in irgendeiner Form behindern dürfe.

Die Anschuldigungen, die etwa vonseiten der Palästinensischen Autonomiebehörde, der Hamas oder der in Israel inzwischen verbotenen Islamischen Bewegung (Nördlicher Zweig) gegen Israel vorgebracht werden, sind irrwitzig: Die archäologischen Grabungen am Tempelberg hätten zum Ziel, die Al-Aksa-Moschee und den Felsendom zum Einsturz zu bringen, jüdische Extremisten würden regelmässig die Al-Aksa-Moschee stürmen (ohne dass dies jemals gefilmt worden wäre) und auch der im letzten Jahrzehnt durchgeführte Wiederaufbau der 400 Meter vom Tempelberg entfernten Hurva-Synagoge (die von den Jordaniern nach der Eroberung 1948 gesprengt worden war), sei eine Bedrohung von Al-Aksa – so lauten einige der immer wieder wiederholten Lügen.

Ist es schon an sich verstörend, dass sich als tiefgläubig bezeichnende Menschen ihre Heiligtümer in politisch motivierte Lügengeschichten einbinden, um andere aufzuhetzen, so muss man auch einmal den anderen Teil der Behauptung in den Blick nehmen, der lautet: Der Waqf liegt der heilige Berg am Herzen, sie tue alles für dessen Schutz.

Heiliger Berg in beklagenswertem Zustand

Jeder Tourist kann Anzeichen dafür erkennen, dass das vielleicht nicht stimmt. Als ich den Tempelberg im November 2015 zuletzt besucht habe, war ich jedenfalls überrascht, in welch erbärmlichem Zustand die offiziellen Hinweistafeln dort sind. Auf diesen Tafeln, das zur Erklärung, steht, welches Verhalten auf dem Haram al-Sharif zu unterlassen ist – dass man also nicht mit unbedeckter Haut dort herumläuft, nicht raucht oder isst und keine Zärtlichkeiten austauscht; Selbstverständlichkeiten also.

Natürlich sind solche Verbotsschilder nicht selbst heilig, aber da sie dazu da sind, die Besucher über das dem heiligen Ort angemessene Verhalten zu informieren, und sie mit das Erste sind, was diese beim Betreten des Berges sehen, würde man doch erwarten, dass auch sie gepflegt bzw. ausgewechselt werden, wenn sie irgendwann verschlissen sind. Davon keine Spur. Die mehrsprachigen Schilder (Arabisch, Englisch und Hebräisch) sind teilweise so ausgeblichen, dass man die Hinweise gar nicht mehr lesen kann. Außerdem sind sie rostig; sie rosten vom Rand und von den Schrauben her. Auf eines der Schilder hatte jemand einen Aufkleber geklebt, wohl von irgendeiner radikalen arabischen Gruppe. Jemand anders hatte offenbar versucht, ihn abzureißen, was aber nur teilweise gelang, so dass Fetzen des Aufklebers übrig blieben.

Kurz: Diese Schilder, die an verschiedenen Stellen des Tempelbergs aufgestellt sind, sehen ausgesprochen schäbig, dreckig, verwahrlost aus. Man erwartet nicht, dass auf ihnen die Regeln für das Verhalten an einem heiligen Ort stehen könnte. Der erste Eindruck beim Betreten des Tempelbergs/Haram al-Sharif ist also: Wer hier das Sagen hat, nimmt Sauberkeit nicht ernst, es mangelt ihm an Respekt vor diesem Ort.

Und dann das Straßentheater, das mehrmals täglich vor der Al-Aksa-Moschee stattfindet. Neben dem Eingang sitzt eine Gruppe von Frauen, die dafür bezahlt wird, jüdische Besucher zu schikanieren. Sobald ein Jude erscheint, fangen sie an zu zetern. Der Journalist Khaled Abu Toameh beschreibt den mitunter gewalttätigen Zirkus so:

„Die Besuche [von Juden], die in Absprache mit der Jerusalemer Polizei stattfinden, werden von der PA und Jordanien als Versuche bezeichnet, die Al-Aqsa-Moschee zu ‚stürmen’. Solche Anschuldigungen haben zu einer Kampagne von Muslimen geführt, die darauf zielt, Juden Besuche des heiligen Ortes gänzlich zu untersagen. Fast täglich lauern muslimische Störer jüdischen Besuchern auf, beschimpfen sie und schreien ihnen ‚Allahu Akbar’ (‚Allah ist größer’) ins Gesicht. Schon einige Male kam es vor, dass Palästinenser jüdische Besucher – sogar Kinder – mit Schuhen beworfen haben.“

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Benimmt man sich so an einem heiligen Ort? Man stelle sich Katholiken vor, die auf dem Petersplatz stehen und Protestanten beschimpfen und mit Schuhen bewerfen (und vielleicht noch verbreiten, diese wollten den Petersdom zum Einsturz bringen).

Am Ausgang des Tempelbergs schließlich sieht der Besucher Schmierereien in arabischen Schriftzeichen an den Wänden, dazu politische Plakate, von denen einige wiederum halb abgerissen sind. Auf dem Boden liegt Müll: Papier und Getränkedosen. All das erzeugt eine Aura, wie man sie in Fßsgängerunterführungen oder an Bahnhöfen erwarten würde, nicht aber an einem heiligen Ort.

Brandstifter in der Moschee

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Und das ist nur das, was jeder sehen kann. Was der nichtmuslimische Besucher nicht sieht – weil Nichtmuslimen der Zutritt zur Al-Aksa-Moschee verboten ist –, ist, wie der Journalist Bassam Tawil beschreibt, im Inneren der Al-Aksa-Moschee Steine zum Werfen gelagert werden und dort vermummte Chaoten herumlaufen, die nicht einmal ihre Schuhe ausziehen, wie es in Moscheen üblich ist – während Mahmoud Abbas, der Präsident der Palästinensischen Autonomiebehörde, Juden bezichtigt, die Al-Aksa-Moschee „mit ihren schmutzigen Füßen“ zu „entweihen“.

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Bassam Tawil schreibt:

„Wenn irgendjemand heilige islamische Stätten entweiht, dann sind es diejenigen, die Sprengstoff, Steine und Brandbomben in die Al-Aksa-Moschee tragen. In den letzten Monaten haben mehrere Dutzend palästinensische Jugendliche die Moschee als Basis für Angriffe auf jüdische Besucher und Polizisten auf dem Tempelberg benutzt. Die Juden, die den Tempelberg besuchen, bringen keine Steine, Bomben oder Knüppel mit. Es sind junge muslimische Männer, die unsere heiligen Stätten mit ihren ‚schmutzigen Füssen’ entweihen. Solche Vorfälle zeigen, dass Muslime keinen Respekt gegenüber ihren religiösen Stätten empfinden. Die Bilder maskierter Jugendlicher im Innern der Al-Aksa-Moschee, die Steine für Angriffe auf Juden sammeln, enthüllen auch die wirklichen Absichten der Randalierer und ihrer Hintermänner: jüdische Besucher und Polizisten zu verletzen, die keinerlei Absicht haben, die Moschee zu betreten.“

Vandalismus nach Art des IS

marwani-moschee

Schließlich muss hier auch der Vandalismus, ja: die Zerstörungswut erwähnt werden, die die Waqf selbst auf dem heiligen Berg an den Tag legt. Das berüchtigtste – aber nicht das einzige – Beispiel hierfür ist der Bau zweier unterirdischer Moscheen in dem Berg in den 1990er Jahren. Die größere der beiden – die Marwani-Moschee – ist mit Platz für 10.000 Besucher die größte Israels. Sie wurde in eine über 2000 Jahre alte Struktur gebaut, die als die „Ställe Salomos“ bekannt ist.

Der Aushub wurde im Kidrontal auf einer Müllhalde abgeladen. Israelische Archäologen, die das Geröll durchsuchten, fanden mehr als 5000 Münzen aus allen Epochen des Tempelberges, jüdische Siegel mit hebräischen Inschriften und Bodenfliesen aus den Tempelhöfen. Eine angemessene archäologische Dokumentation der Funde war ihnen freilich nicht mehr möglich, und viele antike Schätze sind unwiederbringlich zerstört. Ist diese Zerstörung weniger schlimm als die Verwüstungen antiker Kulturgüter, die die Taliban in Afghanistan und der Islamische Staat in Syrien und im Irak verübt haben?

Und das ist noch immer nicht das Schlimmste, was einige der derzeitigen muslimischen Führer in Jerusalem anrichten. Das Schlimmste ist, dass sie die heilige Stätte in den Dienst böser Ideen stellen, mit dem Ziel des Blutvergießens. Der israelische Publizist und Spezialist für die Geschichte des Tempelbergs, Nadav Shragai, sagt:

„Wenn man sich die Kommentare in arabischen Zeitungen, Websites und auf Facebook anschaut, findet man im Überfluss Belege für die Verbindung zwischen den Al-Aksa-Lügen und der Gewalt in Jerusalem und in Israel, die in den Morden an Juden mündet.“

Die heilige Stätte wird also zu politischen, egoistischen, aggressiven Zwecken missbraucht, um Unfrieden zu stiften, und Menschen dazu zu bringen, andere zu verletzen oder gar zu töten. Schlimmer kann man sie nicht schänden.

Artikel zuerst erschienen auf Adiatur Online.

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