Zwei neue Demokraten im US-Kongress

Die beiden neu ins Parlament eingezogenen demokratischen Angeordneten kommen aus ganz unterschiedlichen Flügeln des innerparteilichen Spektrums.

Bei den Wahlen zum amerikanischen Repräsentantenhaus sind bei den Demokraten zwei Abgeordnete neu ins Parlament eingezogen – beide Afroamerikaner –, die schon vor ihrem Gang nach Washington für ihre jeweils klaren Positionen zu Israel bekannt sind: eine erklärte Israelhasserin, die sich der „Squad“ von Ilhan Omar & Co. anschließen wird, und ein erklärter Israelfreund.

Cori Bush: will Israel boykottieren

In der Großstadt St. Louis in Missouri, einer Hochburg der Demokratischen Partei,  gewann mit Cori Bush (44) eine Unterstützerin der BDS-Kampagne, die Israel durch Boykotte zerstören will. Sie hatte sich im Sommer bei den parteiinternen Vorwahlen der Demokraten gegen den langjährigen Abgeordneten Lacy Clay jr. durchgesetzt und war dabei von Bernie Sanders, dem sozialistischen Senator aus dem Bundesstaat Vermont, unterstützt worden.

Zu ihren sonstigen politischen Forderungen gehört, alle Gelder für Militär und Polizei zu streichen. Wie die jüdische Nachrichtenagentur JTA (London) schreibt, wird Bush nach Ilhan Omar und Rashida Tlaib die dritte offene BDS-Unterstützerin im Kongress sein. In einer offiziellen Stellungnahme ihres Wahlkampfteams vom 1. August 2020 heißt es:

„Bush stand der BDS-Bewegung immer schon mit Sympathie gegenüber, und sie steht in Solidarität mit dem palästinensischen Volk, so wie sie [d.h. die Palästinenser; S.F.] immer in Solidarität mit den schwarzen Amerikanern gestanden haben, die um ihr eigenes Leben kämpften.“

In einer anderen – laut JTA inzwischen gelöschten – Stellungnahme auf ihrer Website erklärte Bush:

„In diesen Zeiten ist es wichtig, konkret mit unserer Sprache zu sein und direkt bei den Aktionen, die wir unternehmen. In der derzeitigen geopolitischen Wirtschaft spricht Geld lauter als Sprache allein. … Darum sind gewaltfreie Aktionen wie die BDS-Bewegung so wichtig – und darum unternehmen deren Gegner so dringende Anstrengungen, die BDS-Bewegung falsch darzustellen und zu dämonisieren.“

Es ist freilich Bush, die BDS falsch darstellt, denn es handelt sich nicht um eine „gewaltfreie“ „Bewegung“, sondern um den Propagandaarm einschlägiger Terrororganisationen.

Geleitet wird die BDS-Kampagne vom Palästinensischen BDS-Nationalkomitee (BNC). Die größte und wichtigste Kraft in diesem Gremium ist der Rat der Nationalen und Islamischen Kräfte (PNIF). Zu ihm gehören fünf in Europa und den Vereinigten Staaten verbotene Terrororganisationen: die Hamas; die PFLP, die PFLP-GC, die PLF sowie der Palästinensische Islamische Dschihad. Für die PFLP bewirbt die zweifache Flugzeugentführerin Leila Khaled im Westen den BDS-Boykott gegen Israel.

Nicht zu verwechseln mit der PFLP ist die PFLP-GC, die schon seit langem nur noch selten öffentlich in Erscheinung tritt, aber fortbesteht. Sie war im syrischen Bürgerkrieg mit Diktator Bashar Assad verbündet und verübte 2011 ein Massaker an Palästinensern im syrischen Flüchtlingslager Jarmuk. 1974 bekannte sie sich zum Massaker in einem Wohngebäude in der nordisraelischen Stadt Kiryat Shmona. Sie ermordete damals 18 Menschen, darunter neun Kinder. 16 Menschen wurden verletzt.

Auch die PFLP-GC gehört, um es noch einmal zu sagen, zu den Lenkern von BDS, ebenso wie die Hamas.

Cori Bush ist eine offene Verbündete von Linda Sarsour („Muslime dürfen Israel nicht vermenschlichen“), einer der ursprünglichen Vorsitzenden jenes Komitees, das im Januar 2017 den Women’s March on Washington anführte. Wegen Sarsours offenem Antisemitismus und ihrer Freundschaft zu dem Hitler-Bewunderer Louis Farrakhan wandten sich viele der damaligen Mitstreiterinnen Anfang 2018 von ihr ab. Im April 2019 machte Sarsour „weiße Juden“, die angeblich etwas gegen Muslime hätten, dafür verantwortlich, dass die Abgeordnete Ilhan Omar von der Spitze ihrer eigenen Partei wegen ihrer, so wörtlich, „antisemitischen Kommentare“ kritisiert worden war.

Bush hat keine Scheu, sich gemeinsam mit Sarsour gegen Israel zu stellen. Während der Vorwahlen verbreitete das Wahlkampfteam ihres innerparteilichen Konkurrenten Clay ein Faltblatt, auf dem Bush und Sarsour gemeinsam zu sehen waren. Daneben war zu lesen: „Cori Bush steht an der Seite von BDS…Und BDS steht an ihrer Seite!“ Unter dem Foto stand dick: „Cori Bush hat eine Anti-Israel-Agenda!“

Bush ist offenbar so stolz auf diese Aussage, dass ihr Wahlkampfteam ein Foto des Faltblatts auf Twitter verbreitete – ohne in Abrede zu stellen, dass Bush eine Anti-Israel-Agenda hat. Dazu setzte es die oben zitierte Stellungnahme, in der sich Bush ausdrücklich zu BDS bekennt.

Ritchie Torres: Israel braucht Unterstützer in beiden Lagern

Auf der anderen Seite des innerparteilichen Spektrums – was Israel betrifft – steht Ritchie Torres (32), der in New York den Wahlkreis gewann, der den Stadtteil Bronx umfasst und an den Wahlkreis der Israelhasserin Alexandria Ocasio-Cortez grenzt.

Über Torres wird derzeit im deutschsprachigen Raum berichtet, weil er einer der beiden ersten offen homosexuellen und schwarzen Abgeordneten im Kongress ist, die gerade gewählt wurden. Was in den Beiträgen nicht erwähnt wird, ist, dass sich Torres zur Freundschaft mit Israel bekennt.

2015 war Ritchie einer von 15 Mitgliedern des Stadtrats von New York City, die gemeinsam nach Israel reisten. Anti-Israel-Gruppen demonstrierten damals vor dem New Yorker Rathaus dagegen. Besonders anstößig war in ihren Augen, dass auch neun Mitglieder des linken Abgeordnetenbündnisses Progressive Caucus und drei der sechs Mitglieder des LGBT Caucusein Zusammenschluss von Abgeordneten, die sich zu einer sexuellen Minderheit zählen – an der Reise teilnahmen.

Einer, der beiden Gruppen angehört, ist Ritchie Torres. „Ich bin nicht trotz, sondern wegen meiner progressiven Werte proisraelisch“, sagte er letztes Jahr in einem Interview mit der Website Jewish Insider.

„Die Vorstellung, dass man nicht sowohl progressiv als auch pro-israelisch sein kann, ist eine bösartige Lüge, denn ich bin die Verkörperung eines pro-israelischen Progressiven. Ich komme aus der Bronx, bin Afro-Latino, bin Puertoricaner, bin ein Millenial – aber ich bin auch pro-Israel.“

Es sei wichtig, dass Israel in Washington Unterstützer in beiden Lagern des Kongresses habe, so Torres:

„Die Unterstützung Israels basiert auf einem Fundament der Überparteilichkeit, und diese Unterstützung war noch nie so existenziell bedroht wie jetzt. Egal, wo man ideologisch im Spektrum steht, ich denke, wir alle, die Israel unterstützen, sollten erkennen, dass es sowohl in der demokratischen als auch in der republikanischen Partei pro-israelische Stimmen geben muss, sowohl in der progressiven als auch in der konservativen Bewegung.

Deshalb bin ich fest entschlossen, die amerikanische Unterstützung für Israel nicht nur aufrechtzuerhalten, sondern zu stärken und die amerikanisch-israelischen Beziehungen zu stärken.“

Dazu, wie er die heftigen Angriffe erlebte, denen er 2015 wegen seiner Reise nach Israel ausgesetzt war, sagte er:

„Zu der Zeit war ich instinktiv pro Israel – weil das Land demokratische Werte und Institutionen hat –, aber ich hatte kein tiefes Wissen über den israelisch-palästinensischen Konflikt, kein tiefes Wissen über Intersektionalität oder BDS.“

„Intersektionalität“ ist eine an geisteswissenschaftlichen Fakultäten in den USA entwickelte Hypothese bzw. Forderung, die von Linken verlangt, dass sie – weil jede Form der Unterdrückung mit allen anderen Formen der Unterdrückung untrennbar zusammenhingen – alle Anliegen der Linken nur in einem Gesamtpaket übernehmen dürften: dass also beispielsweise Feministinnen oder Homosexuellenrechtler auch gleichzeitig gegen Israel zu sein hätten. Als Torres ankündigte, dass er an einer Delegation nach Israel teilnehmen werde, sei er „zum Ziel von hasserfülltem Protest“ geworden, erinnerte er sich in dem Interview:

„Da waren Aktivisten von Jewish Voice for Peace, die mich des Pinkwashing beschuldigten und mich anklagten, Apartheid zu unterstützen und zu fördern.“

Einer von ihnen habe ein Shirt mit der Aufschrift Queers for Palestine getragen:

„Ich erinnere mich, dass ich dem Aktivisten gesagt habe: ‚Gibt es auch das Umgekehrte, gibt es Palästinenser für Queers?’ Es war teils ein Witz, teils eine ernsthafte Beobachtung.

Ich fand es äußerst verstörend, dass da LGBT-Aktivisten waren, die das Geschäft der Hamas betrieben, einer terroristischen Organisation, die LGBT-Menschen hinrichtet. Und dann wurde mir klar, dass der Grund die Intersektionalität ist, dass die BDS-Bewegung Intersektionalität nutzt, um eine ganze Reihe von selbsternannten progressiven Bewegungen zu durchdringen. “

Er bemühe sich, offen zu bleiben, so Torres:

„Ich bin dafür bekannt, pragmatisch, aufgeschlossen und nachdenklich zu sein, und ich höre allen Seiten der Debatte zu, aber wie ein weiser Mensch einmal sagte: ‚Sei offen, aber halte deinen Geist nicht so offen, dass dein Gehirn herausfällt.’

Es gebe einen Unterschied zwischen „konstruktiver“ und „destruktiver“ Kritik, so Torres:

„Kritik an der Außenpolitik eines Landes, sei es amerikanische oder israelische Außenpolitik, steht jedem völlig frei. Aber der Versuch, Israel zu delegitimieren, der Versuch, das Existenzrecht Israels oder sein Recht, sich selbst zu verteidigen, in Frage zu stellen, überschreitet für mich die Grenze zu destruktiver Kritik.

Ich betrachte Antizionismus als eine Form von Antisemitismus, und ich werde nicht auf antisemitische Stimmen eingehen, Stimmen, die sich der Delegitimierung Israels als jüdischem Staat verschrieben haben.“

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