Ein hochrangiger israelischer Beamter sagte, die Hamas habe in der Vergangenheit zu oft gegen Vereinbarungen verstoßen, als dass man ihr trauen könne.
Joshua Marks
Jerusalem wird erst dann über eine Beendigung des Kriegs im Gazastreifen zu diskutieren beginnen, wenn die Hamas alle Geiseln freigegeben hat, so ein hoher israelischer Beamter, der gegenüber der Website Ynet erklärte, gemäß des vorgeschlagenen und am 10. Juni vom UN-Sicherheitsrat angenommenen Waffenstillstandsabkommens müssten die Gefangenen in der ersten und zweiten Phase des Plans freigelassen werden.
Die von den USA ausgearbeitete Resolution zielt darauf ab, ein dreistufiges Waffenstillstandsabkommen zur Beendigung des Krieges zwischen Israel und der Hamas im Gazastreifen zu implementieren. Da Israel den Vorschlag akzeptiert hat, fordert die Resolution die Hamas auf, dies ebenfalls zu tun und ruft beide Seiten auf, »die Bedingungen des Abkommens unverzüglich und bedingungslos umzusetzen«.
Der israelische Beamte merkte an, dass die Hamas bei etlichen Punkten des ursprünglich von US-Präsident Joe Biden Ende Mai vorgelegten Entwurfs wesentliche Änderungen vorgenommen hat. So fordert die Terrorgruppe ein Ende des Kriegs und den vollständigen Rückzug der israelischen Streitkräfte aus dem Gazastreifen. Israels Kriegsziele aber bleiben bestehen: Die Niederlage der Hamas als militärische und regierende Macht im Gazastreifen, die Rückkehr aller Geiseln und die Gewährleistung, dass der Gazastreifen Israel nie wieder bedrohen kann.
Hamas verlangt Änderungen
Während des Terrorüberfalls der Hamas am 7. Oktober 2923, bei dem 1.200 Menschen getötet und Tausende verwundet wurden, wurden auch mehr als 250 Menschen verschleppt, von denen sich 116 noch immer im Gazastreifen befinden, zusammen mit weiteren vier Personen, die bereits früher gefangen genommen worden waren. Israel geht laut einem neuen Bericht davon aus, dass rund die Hälfte der Entführten noch am Leben ist.
»Dutzende sind mit Sicherheit am Leben«, sagte ein anonym bleibender israelischer Beamter gegenüber der Nachrichtenagentur AFP. Israel könne den Konflikt mit der Hamas nicht beenden, bevor eine Einigung über die Geiseln erzielt worden sei, da die Terrorgruppe »ihre Verpflichtungen brechen und die Verhandlungen zehn Jahre oder länger hinauszögern« könnte.
»Wir können sie nicht für lange Zeit dort lassen; sie werden sterben«, sagte er und fügte hinzu, die Hamas-Forderung, nach der die Israelischen Verteidigungsstreitkräfte (IDF) als Vorbedingung für ein Abkommen den Gazastreifen vollständig verlassen sollen, sei für Jerusalem inakzeptabel. Der Grund dafür sei, dass es »während der ersten Phase eine Klausel gibt, dass wir über die zweite Phase verhandeln. Diese zweite Phase besteht in der Freilassung der Männer und männlichen Soldaten.« Verließen die IDF vor Phase eins den Gazastreifen hätte Israel keinerlei Druckmittel, dass die Hamas sich auch an die vereinbarte zweite Phase hält.
»Die Vermittler sollten sich darauf konzentrieren, die Verhandlungen auf der Grundlage des vom UN-Sicherheitsrat und dem amerikanischen Präsidenten akzeptierten Rahmens voranzutreiben«, sagte der Beamte. »Es kann keine Verhandlungen über einen anderen Vorschlag geben, den Israel bereits angenommen hat. Der Vorschlag enthält zwei entscheidende Komponenten: einen Waffenstillstand und das Ende des Kriegs und sie müssen durch diesen spezifischen Vorschlag vereinbart werden.«
Als Grund dafür, dass Israel sich nicht zu einer vorzeitigen Beendigung des Kriegs verpflichten wird, nannte der Beamte die Verstöße der Hamas gegen frühere Abkommen: »Um sicherzustellen, dass das Abkommen zur Freilassung aller Geiseln, einschließlich der Männer und der Leichen der Verstorbenen, in der zweiten Phase führt, müssen beide Seiten ein Druckmittel haben«, das Israel aus der Hand gäbe, ziehe es sich bedingungslos aus Gaza zurück.
Die Terrorgruppe behauptet ihrerseits, dass ihre Reaktion mit Bidens Vorschlag übereinstimme. »Die Hamas und die [palästinensischen] Gruppen sind zu einem umfassenden Abkommen bereit, das einen Waffenstillstand, den Rückzug aus dem Gazastreifen, den Wiederaufbau der zerstörten Gebiete und ein umfassendes Tauschgeschäft beinhaltet«, sagte Hamas-Politbürochef Ismail Haniyeh am Sonntag in einer Fernsehansprache.
Terror und Psychoterror
Währenddessen meldeten sich die Eltern einer der vier Gefangenen zu Wort, die am 8. Juni von israelischen Spezialkräften aus dem Gazastreifen gerettet worden waren. In einem Interview mit Ynet, das vergangene Woche veröffentlicht wurde, sagten die Eltern von Andrey Kozlov, die Geiseln seien in der Gefangenschaft misshandelt wurden: »Sie [die Hamas] fesselten ihre Hände, bestraften sie und setzten Psychoterror ein.«
Kozlovs Mutter Yevgenia beschrieb die Misshandlungen genauer: »Andrej erzählte uns, dass die Entführten zum Beispiel nicht mit den Beinen in Richtung der Terroristen sitzen durften. Ihre Entführer bestraften sie, wenn sie das falsche Wasser tranken oder es von der falschen Stelle nahmen. Sie sagten ihnen: ›Ihr seid Tiere, ihr seid Esel, ihr seid dumm, ihr seid schmutzig.‹ Andrey kennt diese Worte jetzt auf Arabisch, er hat Schimpfwörter und Flüche auf Arabisch gelernt.«
Familie Kozlov dankte den Israelischen Verteidigungsstreitkräften, der israelischen Sicherheitsbehörde und der Polizei für die komplexe Rettungsaktion und zollten Oberinspektor Arnon Zamora von der Anti-Terror-Einheit Yamam der Grenzpolizei Respekt, der während des Einsatzes tödlich verwundet wurde. Und sie riefen auch dazu auf, den Kampf um die Freilassung der Geiseln fortzusetzen: »Wir müssen die anderen Entführten freibekommen.«
Der Text erschien auf Englisch zuerst beim Jewish News Syndicate. (Übersetzung von Alexander Gruber.)
This is a blatant deviation from the international understandings that were agreed upon and mediated by the UN. Apparently, Hamas-leader Sinwar feels satisfied in his comfort zone and does not want to see the end of the campaign anytime soon. https://t.co/mTldDQRMuD
— Mena-Watch (@MENA_WATCH) June 18, 2024