Zieht sich der Iran langsam aus Syrien zurück?

Israelischer F-16-Kampfjet
Israelischer F-16-Kampfjet (© Imago Images / StockTrek Images)

Aufgrund der andauernden israelischen Angriffe auf iranische Truppen in Syrien mehren sich die Anzeichen, dass die Islamische Republik Militärbasen räumt und Truppen abzieht.

Weitgehend unbemerkt von der westlichen Öffentlichkeit bombardieren israelische Kampfjets seit Monaten fast jeden Tag iranische Stellungen in Syrien. Viel darüber geredet wird auch von Offiziellen in Jerusalem nicht, aber es ist klar: Man möchte nicht gerne Revolutionsgardist oder Milizionäre einer schiitischen Brigade in der Nähe des Golan sein. Denn die sind der überlegenen israelischen Luftwaffe weitgehend schutzlos ausgeliefert und die Verluste des Iran müssen hoch sein, schließlich gehen die Einsätze inzwischen in die Tausende.

Umgekehrt gelingt es dem Iran kaum noch, Israel von Syrien aus irgendwelchen Schaden zuzufügen, die Zeit als Drohnen über die Grenze flogen scheint vorbei.

Kurzum, Teheran zahlt einen hohen Preis bei keinem Gewinn. Vollmundig hatten in Zeiten, als Qasem Soleimani noch die Geschicke der Al-Quds-Brigade lenkte, iranische Offizielle verkündet, nun am Golan stationiert zu sein, um vor Ort bald an der Auslöschung des jüdischen Staates tatkräftig mithelfen zu können. Und dafür haben sie in den vergangenen Jahren 30 Milliarden US-Dollar ausgegeben, um nun hilflos zuzuschauen, wie ihre Truppen vom Erzfeind bombardiert werden.

Luftabwehr machtlos

Momentan gibt aber nicht nur der Iran militärisch ein wenig überzeugendes Bild gegenüber der israelischen Luftwaffe ab. Auch die in Syrien 2018 von Russland stationierten S-300 Luftabwehrsysteme, die angeblich Wunder wirken sollten, scheinen ihre Tücken zu haben. Denn die israelische Luftwaffe zeigt sich wenig beeindruckt und hat offenbar längst Wege gefunden, sie zu umgehen. Auch die türkischen Drohnenangriffe auf syrische Stellungen vor einigen Monaten haben gezeigt, dass es mit der syrischen Luftabwehr, trotz russischer Hilfe, nicht weit her ist.

Zutiefst frustriert mit dem System sei man inzwischen in Regierungskreisen in Syrien angesichts der fast täglichen Demütigungen, heißt es nun. Einiges deutet sogar darauf hin, dass man in Damaskus entschieden hat, nicht die syrischen Mannschaften, sondern die russischen Systeme verantwortlich zu machen. Angeblich, so heißt es weiter, sei Damaskus nun sogar mit China in Kontakt getreten, weil dessen Luftabwehr effektiver arbeite.

Derweil gehen die israelischen Angriffe unvermindert weiter und selbst wenn Syrien gerne wollte, wo sollte es gerade das Geld für eine neue Luftabwehr hernehmen. Die Staatskasse ist leer und eine Perspektive, wie sie gefüllt werden kann, gibt es weit und breit nicht.

Abzug des Iran?

Der israelische Verteidigungsminister, Naftali Bennet, derweil fand deutliche Worte, nachdem erst kürzlich wieder vierzehn vom Iran befehligte Milizionäre bei einem Luftangriff ums Leben gekommen sind: Man werde solange weiter machen, erklärte er, bis der Iran Syrien verlassen habe.

Und wirkt die Drohung? Könnte es wirklich sein, dass Teheran – auch angesichts der desolaten wirtschaftlichen Lage im eigenen Land und einer außer Kontrolle geratenen Corona-Epidemie – anfängt, sich zumindest teilweise aus Syrien zurückzuziehen? In Tel Aviv will man nun erste Anzeichen sehen, dass die Islamische Republik Truppen aus Syrien abziehe und einige Militärbasen geräumt habe.

Sollten diese Information stimmen, wäre dies nicht nur eine schmachvolle Niederlage des iranischen Regimes, das seine Zukunft ja immer wieder an die Assads geknüpft hat, sondern ein auch ein Schlag ins Gesicht all jener, die über Jahre behaupteten, man könne dem syrischen Regime und seinen Verbündeten militärisch nicht beikommen. Nur Diplomatie und Dialog seien die Lösung. Israel hätte dann praktisch gezeigt, was von solchen Äußerungen zu halten ist.

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