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Yusuf Al Qaradawi: Geistiger Führer der Muslimbruderschaft verstorben

Demonstranten in Tunesien protestieren gegen Yusuf Al Qaradawi
Demonstranten in Tunesien protestieren gegen Yusuf Al Qaradawi (© Imago Images / NurPhoto)

Im Alter von 96 Jahren verstarb der ägyptische Geistliche, der den Aufbau eines theokratischen Großstaates in den arabischen Ländern propagierte und gegen Israel gerichtete Attentate vehement unterstützte

Wie seine offizielle Website und sein Twitter-Account ohne Nennung der genauen Todesursache am Montag mitteilten, ist der geistliche Führer der ägyptischen Muslimbruderschaft, Yusuf Al Qaradawi, im Alter von 96 Jahren verstorben. Al Qaradawi, der in Katar lebte, hatte Berichten zufolge seit Jahren unter einem schlechten Gesundheitszustand gelitten. Abdul Rahman Yusuf al-Qaradawi bestätigte den Tod seines Vaters über Twitter:

»Seine Eminenz Imam Yusuf Al Qaradawi, der sein Leben der Erläuterung der Regeln des Islam und der Verteidigung der Ummah [muslimische Gemeinschaft] gewidmet hat, ist in die Barmherzigkeit Allahs eingegangen. Wir bitten Allah, ihn in die höchsten Ränge [des Himmels] zu erheben und ihn mit den Propheten, den Wahrhaftigen, den Märtyrern und den Rechtschaffenen zu vereinen. Das sind gute Gefährten. [Wir bitten Allah], dafür zu sorgen, dass die Krankheit und das Leid, die ihn befallen haben, seinen Rang erhöhen.«

Al Qaradawi, der auf den Terrorlisten mehrerer arabischer Länder stand, unterstützte Selbstmordattentate und Terroranschläge von Palästinensern gegen Israel und sprach sich auch für den irakischen »Aufstand« aus, der nach der US-geführten Invasion im Jahr 2003 ausbrach. 2012 wurde er in mehreren Staaten, darunter Frankreich und Großbritannien, zur Persona non grata erklärt, nachdem er Selbstmordattentate gegen Israelis befürwortet hatte und einem Dachverband von fünfzig Organisationen zur Finanzierung der Palästinenserorganisation Hamas vorstand.

Auch Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate, Bahrain und Ägypten haben Al Qaradawi als Terroristen eingestuft. So wurde er 2015 gemeinsam mit anderen Angehörigen der Muslimbruderschaft von einem ägyptischen Gericht in einem Fall, der mit einem Massenausbruch aus dem Jahr 2011 zusammenhing, in Abwesenheit zum Tode verurteilt. Der 1926 in Ägypten geborene Al Qaradawi lebte seit 2013 im Exil in Katar und besaß die katarische Staatsbürgerschaft.

Im katarischen TV-Sender Al Jazeera hatte Al Qaradawi eine eigene Talkshow mit dem Namen »Die Scharia und das Leben«, in der er nicht nur geistliche Fragen, sondern auch politische Themen behandelte. Der Geistliche war ein Verfechter der panislamischen Idee und propagierte den Aufbau eines theokratischen Großstaates in den arabischen Ländern.

Nicht nur den Säkularismus lehnte Al Qaradawi strikt ab, auch in gesellschaftlichen Fragen erwies sich der Prediger als Islamist, der gegen Homosexuelle hetzte und deren Exekution forderte und Genitalverstümmlungen im Besonderen wie die Frauenunterdrückung im Allgemeinen befürwortete. In seinem Buch Erlaubtes und Verbotenes im Islam forderte er die Todesstrafe für außerehelichen Geschlechtsverkehr und gab Ratschläge zum islamkonformen Schlagen unbotmäßiger Ehefrauen.

Al Qraradawi war ehemaliger Präsident der Internationalen Union der Muslimischen Gelehrten (IUMS), einer Vereinigung, die 2004 hauptsächlich von Geistlichen gegründet wurde, die der Muslimbruderschaft angehören. Er stand vierzehn Jahre lang an der Spitze der IUMS, bevor er von Ahmed Raissouni abgelöst wurde, der in diesem Jahr nach umstrittenen Äußerungen von seinem Amt zurücktrat. Zu IUMS gehören auch der saudische Geistliche Salman Al Awdah, der im September 2017 von den saudischen Behörden verhaftet wurde, oder der Tunesier Rached Ghannouchi, der Vorsitzende der Muslimbruderschaft nahestehenden Ennahda.

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