In dieser Ausgabe:
I. Allgemeiner Überblick
II. Das große Rätseln: Warum sind die Iran-Verhandlungen gescheitert?
III. Das iranische Regime als „konstruktiver Partner“: Wunsch und Wirklichkeit
IV. Absage an die Gleichberechtigung der Frauen, Hass auf den Westen und Heuchelei zum Terrorismus: eine ganz normale Woche in Erdogans Türkei
In der vergangenen Woche erschienen in den von MENA systematisch ausgewerteten österreichischen Tageszeitungen 390 Beiträge (zuletzt: 384) mit Bezügen zu den Regionen Naher Osten und Nordafrika:
Folgende Länder standen am häufigsten im Mittelpunkt der Berichterstattung:
In den insgesamt 130 relevanten Beiträgen (zuletzt: 135) der wichtigsten Fernseh- und Radionachrichtensendungen des ORF standen folgende Länder am häufigsten im Mittelpunkt des Interesses:
II. Das große Rätseln: Warum sind die Iran-Verhandlungen gescheitert?
Keine der beteiligten Parteien wollte nach dem Ende der Verhandlungen über das iranische Atom(waffen)programm das Wort in den Mund nehmen, und doch vermochten auch die wortreichen Bemühungen eines Frank-Walter Steinmeier oder eines John Kerry, die der versammelten Journalistenschar fantastische Geschichten von „substanziellen Fortschritten“ erzählten, nicht darüber hinweg zu täuschen, dass die Verhandlungen in Wien schlicht gescheitert sind. Am Ende stand statt eines Abkommens, mit dem der 12-jährige Atomstreit beigelegt werden sollte, eine weitere Fristverlängerung bis Ende Juni 2015, zuvor soll bis Anfang März ein politisches „Rahmenabkommen“ geschlossen werden. Wurde während der Verhandlungen zuvor noch Optimismus verbreitet – das Wiener Außenministerium hatte sogar bereits die Redoutensäle reservieren lassen, um einen passenden Rahmen für den erhofften Durchbruch bieten zu können (Ö1-Morgenjournal, 24. Nov. 2014) –, so machte deren vorläufiges Ende deutlich, wie weit die P5+1 und der Iran in Wahrheit noch von einem Übereinkommen entfernt waren: Die in Wien versammelten Delegationen hielten weitere Gespräche zum jetzigen Zeitpunkt offenbar für so sinnlos, dass sie mit ihrer Abreise nicht einmal den offiziellen Ablauf der Verhandlungsfrist abwarteten. (Salzburger Nachrichten, 25. Nov. 2014)
Die Versuche, das Offensichtliche zu kaschieren, schienen bei manchen Journalisten für Verstimmung zu sorgen. So berichtete Andreas Mischitz über John Kerrys Presseauftritt: „Der Außenminister hat es am Nachmittag in seiner Pressekonferenz geschafft, eine halbe Stunde über Fortschritte zu sprechen, ohne sie zu benennen. Er hat es sich leicht gemacht, indem er gesagt hat: ‚Sorry, ich kann Euch keine Details darüber geben, denn das würde den Fortgang der Verhandlungen gefährden.‘“ (ZiB 2, 24. Nov. 2014. Warum das der Fall sein sollte, ist allerdings nicht wirklich nachvollziehbar. Um die iranischen Verhandlungspartner kann es nicht gehen, denn die wussten natürlich haargenau, was für Vorschläge auf dem Tisch lagen und welche Fortschritte es gegeben hat. Kann es sein, dass Kerrys Bemerkung auf die westliche Öffentlichkeit bezogen war und er einen Aufschrei befürchtete, wenn die wüsste, was für Angebote den Iranern unterbreitet worden waren?) Andreas Pfeifer, der Außenpolitikchef beim aktuellen Dienst des ORF-Fernsehens, fügte hinzu, dass niemand von einem Scheitern sprechen wolle, „wenn sich die außenpolitische Elite der Welt so redlich bemüht hat, aber worin die neuen Ideen und die substanziellen Fortschritte, die behauptet wurden, wirklich bestehen, das konnte oder wollte keiner sagen.“ (ZiB, 24. Nov. 2014)
Kritisch hinterfragt wurde, was die weitere Verlängerung der Verhandlungsfrist denn eigentlich bringen solle. Auch wenn bislang zu wenig Details über die Gründe für das Platzen der Gespräche in Wien bekannt seien, zeigte sich Gudrun Harrer im Standard überzeugt: „Es gibt nichts, was einen Deal in einem halben Jahr einfacher machen würde als jetzt.“ (Standard, 25. Nov. 2014) Ganz in diesem Sinne fragte Christian Ultsch in der Presse, „warum in sieben Monaten gelingen soll, was jetzt nicht zu schaffen war“. Letztlich sei die Fristverlängerung schlicht die Folge dessen, dass es keine Alternativen zu weiteren Gesprächen gebe: „Besser gar kein Abkommen als ein schlechtes, besser weiterverhandeln als eine Krise: So reden sich Zarif, Kerry & Co. ihren Wiener Atomflop schön.“ Sorge habe vor allem gemacht, was ein Abbruch der Verhandlungen bedeutet hätte, hätte ein solcher doch vielleicht „die Tür für eine Krise geöffnet, deren Dynamik dann möglicherweise nicht mehr zu beherrschen gewesen wäre.“ (Presse, 25. Nov. 2014)
Die Gründe für das Scheitern wurden auf verschiedenen Ebenen gesucht. Sehr beliebt war erneut das Erklärungsmotiv vom „Mangel an Vertrauen zwischen den USA und dem Iran“. (ZiB 2, 24. Nov. 2014) Kurt Seinitz trieb dies auf die Spitze, als er in der Krone gleich „drei Ursachen“ für den ergebnislosen Ausgang der Verhandlungen in Wien zu nennen vermochte, nämlich: „Misstrauen, Misstrauen, Misstrauen auf beiden Seiten.“ (Kronen Zeitung, 29. Nov. 2014) Andere hatten wenigstens ein bisschen konkretere Vermutungen beizusteuern. Seinitz‘ Krone-Kollege Christian Hauenstein identifizierte vier strittige Punkte, an denen es sich gespießt habe, und die in der einen oder anderen Form auch in anderen Medien mit teils unterschiedlichen Schwerpunktsetzungen als die Stolpersteine der Verhandlungen ausgemacht wurden: die Anzahl der Zentrifugen zur Urananreicherung, über die das iranische Regime in Zukunft verfügen dürfen soll, der Schwerwasserreaktor in Arak, die vom Iran geforderte sofortige Aufhebung der Wirtschaftssanktionen sowie die Laufzeit, für die ein abschließendes Abkommen Gültigkeit haben sollte. (Kronen Zeitung, 25. Nov. 2014) Einen interessanten Hinweis auf den Grund für das Scheitern der Wiener Verhandlungen hatte Außenminister Kurz parat: „Tatsache ist, dass die UN-Mächte nie zustimmen können, solange der Iran nicht glaubhaft versichert, dass er keine Atombombe baut.“ (Kleine Zeitung, 25. Nov. 2014) Kurz, der als Gastgeber selbst nicht an den Verhandlungen teilgenommen hatte, dürfte sich insofern geirrt haben, als die Gespräche in Wien nicht an den UN-Mächten gescheitert zu sein scheinen, sondern, wie der Standard unter Berufung auf die New York Times berichtete, am Fehlen iranischer Zugeständnisse. (Standard, 26. Nov. 2014) Aber er legte mit seiner Bemerkung das Augenmerk auf das grundsätzliche Problem des Atomstreits, anstatt sich in der Erörterung technischer Details zu verzetteln und so sprichwörtlich vor lauter Bäumen den Wald nicht mehr zu sehen.
Blickt man auf die letzten 12 Jahre zurück, so lässt sich den P5+1 schwerlich ein Mangel an Kompromissbereitschaft attestieren. Denn während das iranische Regime sein Nuklearprogramm immer weiter vorantrieb, nahm die ‚internationale Gemeinschaft‘ ihre Forderungen an den Iran immer weiter zurück. Von der völligen Einstellung der Urananreicherung etwa, wie sie in nach wie vor gültigen UN-Sicherheitsratsresolutionen gefordert wird, ist schon lange keine Rede mehr; stattdessen wird nur mehr darüber gestritten, mit wie vielen Zentrifugen das Regime seine illegale Urananreicherung in Zukunft weiterführen wird; über mögliche militärische Dimensionen im Rahmen des iranischen Atomprogramms wird erst gar nicht verhandelt, genauso wenig wie über das iranische Raketenprogramm, das nur als Programm zur Entwicklung von Trägersystemen von Nuklearwaffen Sinn ergibt. Zuletzt sollen die USA sogar ihre bisherigen Forderungen bezüglich der tief in einem Berg vergrabenen Urananreicherungsanlage in Fordo sowie dem Schwerwasserreaktor in Arak heruntergeschraubt haben. Gerade vor diesem Hintergrund wunderte sich Christian Ultsch: „Warum die Iraner nicht zugegriffen haben, weiß vermutlich nur der Oberste Führer in Teheran“, schrieb er in der Presse über die Wiener Gespräche. Die iranische Führung müsse jedenfalls ihrer Bevölkerung erklären, warum „die drückenden Wirtschaftssanktionen auch noch in den kommenden sieben Monaten aufrecht sein werden“, und zwar wegen eines „Atomprogramms, das die Welt den Iranern auf kontrollierter Flamme und unter bestimmten Auflagen mittlerweile ohnedies erlauben würde.“ Gerade das stetige Zurückweichen der P5+1 im Angesicht iranischer Fortschritte bei dessen Nuklearprogramm ließ Ultsch vermuten, dass Irans geistlicher Führer Khamenei auf ein noch „billigeres Angebot“ hoffe und darauf warte, „im nächsten Sommer eine Chance auf einen besseren Abschluss zu erhalten.“ (Presse, 25. Nov. 2014)
Unmittelbar bedeutet die erneute Fristverlängerung bis Ende Juni 2015 in erster Linie einen Erfolg im Spiel auf Zeit, das das iranische Regime perfektioniert hat. „Das Glas ist fast leer“, fasste Andreas Pfeifer die Lage nach dem Ende der Wiener Verhandlungen zusammen, „Nutznießer ist allenfalls der Iran“, der „wieder einmal“ Zeit für sein Nuklearprogramm gewonnen habe. „Das geht nun schon seit zwölf Jahren so.“ (ZiB, 24. Nov. 2014) Ohne sich in Wien inhaltlich bewegt zu haben, wurden dem iranischen Regime weitere umfangreiche finanzielle Zugeständnisse aus Geldbeständen gemacht, die bislang eingefroren waren. Obwohl Teheran die Wirtschaftssanktionen selbstverständlich am liebsten sofort aufgehoben sehen würde, kann es mit der momentanen Situation durchaus leben: Die jederzeit binnen Wochen rückgängig machbaren Zugeständnisse, zu denen sich der Iran im Genfer Interimsabkommen vom November 2013 verpflichtet hat, brachten eine deutliche Linderung des Sanktionsdrucks, ohne die nukleare Infrastruktur des Landes einzuschränken. Nicht zum ersten Mal ging das iranische Verhandlungskalkül auf: „In taking an incremental approach, Iran gets the benefits of a short-term agreement – benefits like sanctions relief and diplomatic good will – while not giving up anything major and at least preserving the long-term option of ramping up its program again.“ Die jetzt in Wien vereinbarte Verlängerung der Verhandlungsfrist spielt dem iranischen Regime erneut in die Hände, wie Mark Dubowitz von der Foundation for Defense of Democracies hervorhebt: „Advanced centrifuge research and development, weaponization, ballistic missiles – none of these are prohibited under the JPOA“, dem „Joint Plan of Action“, wie das Genfer Interimsabkommen offiziell heißt. „They get time to work on what they haven’t perfected while freezing the parts of the program they have perfected. They don’t pay any price for continuing to run out clock.“
Auf genau diese Taktik verwies Hassan Rohani im Präsidentschaftswahlkampf 2013 voller Stolz, als er seinen Beitrag zum Erfolg des iranischen Atomprogramms hervorhob. Wie es aussieht, scheint sie immer noch zu funktionieren.
III. Das iranische Regime als „konstruktiver Partner“: Wunsch und Wirklichkeit
Ein oft genannter Grund für die Verwunderung über das Scheitern der Verhandlungen in Wien war, dass sich die Konfliktparteien aufgrund von regionalen Entwicklungen im Nahen Osten in der letzten Zeit deutlich nähergekommen seien. Gudrun Harrer etwa meinte, dass die Atomverhandlungen durch den Aufstieg des „Islamischen Staates“ (IS) eine „neue Dimension“ erhalten hätten. Die USA und der Iran seien angesichts der terroristischen Bedrohung zwar „noch lange nicht zu Verbündeten oder gar Freunden“ geworden, aber beide Seiten könnten einen Rückfall in die „Eiszeit“ nicht gebrauchen, in der sie seit der Islamischen Revolution 1979 gelebt hatten. (Standard, 25. Nov. 2014) Volker Perthes von der Berliner Stiftung Wissenschaft und Politik betonte im Ö1-Interview, es gehe um die Frage, „ob man nach Jahrzehnten der Isolation und der Feindschaft wieder ein zumindest normales Verhältnis zwischen dem Westen und Iran hinbekommt“. Angesichts der „schwierigen Lage im Nahen und Mittleren Osten“ sei es besonders dringend, dass man mit dem Iran „wieder in ein normales und vernünftiges Arbeitsverhältnis kommt.“ (Ö1-Mittagsjournal, 24. Nov. 2014) Andreas Mischitz stimmte ein, „der Iran könnte eigentlich eine konstruktive Rolle spielen, alle diese Krisen beizulegen“. (ZiB 2, 24. Nov. 2014) Dass man im Kampf gegen den Terror des IS mit dem iranischen Regime kooperieren könne, war auch die Hoffnung, die hinter dem Brief von US-Präsident Obama an den iranischen obersten geistlichen Führer Ali Khamenei stand.
Was das ständige Gerede über ein „Tauwetter“ zwischen den USA und dem Iran und eine mögliche Kooperation mit dem islamistischen Regime so bemerkenswert macht: Um daran glauben zu können, muss man die Ideologie des iranischen Regimes vollständig ignorieren. Das dürfte auch ein Grund dafür sein, weshalb hierzulande in keinem der von MENA ausgewerteten Medien über eine aufschlussreiche Rede berichtet wurde, in der Khamenei kürzlich seine Sicht auf den IS darlegte. Auch wenn es schon früher Gruppen gegeben habe, die dessen Auslegung des Islam vertreten hätten, so sei diese Strömung in den vergangenen Jahren „wiederbelebt und gestärkt“ worden: „with the plots of arrogance, with the money of some regional governments and with the schemes of the intelligence services of colonialist countries such as America, England and the Zionist regime.“ Wer steckt Khamenei zufolge also hinter dem Terror des IS? Die Antwort ist wenig überraschend: die USA, Großbritannien und die „Zionisten“.
Dass man sich mit dem IS überhaupt auseinandersetzen müsse, sei laut dem obersten geistlichen Führer schade in einer Zeit, in der alle Energien auch die Konfrontation mit dem „zionistischen Regime“ und dessen Angriffen auf „Jerusalem und die al-Aqsa-Moschee“ konzentriert werden müssten. Die Auseinandersetzung mit dem IS sei zwar nötig, aber das „Hauptthema ist das zionistische Regime. Das Hauptthema ist Jerusalem.“
Allerdings bestehe hier eine Verbindung, denn es sei unbestreitbar und ein Faktum, dass der IS und die Regierungen, die ihn unterstützten, für die Ziele der „Arroganz und des Zionismus“ einträten: „Their work is in line with the goals of America, the colonialist governments in Europe and the government of the usurping Zionist regime.“ Was der IS tue, tue er im Dienste der „Arroganz“: „It is at the service of America and England. What they do is at the service of the intelligence services of America and England. It is at the service of Mossad and other such intelligence services.“ Viele Belege würden dies eindeutig beweisen. Wenig überraschend kommt Khamenei zu dem Schluss, dass auch die Anti-IS-Koalition unter Führung der Amerikaner nichts anderes als eine Verschwörung sei, um den Krieg zwischen den Muslimen zu befördern.
„Everyone in the world of Islam should know what the role of America’s policies in this regard is. Everyone should know what the role of the intelligence services of America, England and the Zionist regime on this matter is. Everyone should know that they are working for them, that the plot has been hatched by arrogance and that these takfiri orientations receive support and money from them. … They create such a problem for the world of Islam.“
Wie diese Auszüge aus Khameneis Rede hinlänglich deutlich machen, ist er davon überzeugt, dass der IS das Ergebnis einer Verschwörung der USA, Englands und der „Zionisten“ ist, um die islamische Welt zu spalten. Die Vorstellung, dass ein Regime, das von einer derartigen Weltsicht geprägt ist, ein Partner des Westens im Kampf gegen den IS sein könnte, ist schlicht lächerlich. Das iranische Regime nimmt dankend an, dass seine Revolutionsgarden ungehindert im Irak operieren können, und es freut sich über die Gelegenheit, ohne größere westliche Proteste schiitische Milizen im Irak aufzustellen, die für die Zukunft des Landes kaum ein geringeres Problem darstellen dürften, als die Mörderbanden des IS. Aber weder wird dieses Regime im Kampf gegen den islamistischen Terror eine „konstruktive Rolle“ spielen, noch sollte der Westen glauben, mit der Führung in Teheran sei ein „normales und vernünftiges Arbeitsverhältnis“ erreichbar.
IV. Absage an die Gleichberechtigung der Frauen, Hass auf den Westen und Heuchelei zum Terrorismus: eine ganz normale Woche in Erdogans Türkei
Gleich mehrfach sorgte der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan in der vergangenen Woche mit Aussagen für Aufsehen, die in österreichischen Medien allerdings kaum zur Kenntnis genommen wurden. Nachdem er erst kürzlich behauptet hatte, dass in Wahrheit die Muslime die Entdecker Amerikas gewesen seien, erteilte er zu Wochenbeginn zuerst der Gleichstellung von Männern und Frauen eine glatte Absage, da diese „wider die Natur“ sei. „Der Islam habe für die Frau die Rolle der Mutter vorgesehen.“ (Presse, 25. Nov. 2014. Standard und Kronen Zeitung erwähnten Erdogans Geschlechter-Theorien nicht.) Am Freitag ritt er sodann wilde Verbalattacken gegen den Westen, der es nur darauf abgesehen habe, den Muslimen ihre Reichtümer zu nehmen. Die SN zitierten Erdogan mit den Worten: „Die, die von außen kommen, mögen Öl, Gold, Diamanten, billige Arbeitskräfte sowie Gewalt und Streit“. (Salzburger Nachrichten, 29. Nov. 2014.) Laut Krone sagte der Präsident des NATO-Mitgliedslandes Türkei auch: „Sie scheinen vordergründig zwar unsere Freunde zu sein, aber freuen sich über unseren Tod und über den Tod unserer Kinder.“ (Kronen Zeitung, 29. Nov. 2014. In Standard, Presse, und Kleiner Zeitung war darüber nichts in Erfahrung zu bringen.)
Und schließlich nahm er den Istanbul-Besuch von Papst Franziskus zum Anlass, um in Anwesenheit seines Gastes zu behaupten: „Unser Blick auf den Terrorismus ist der gleiche. Unsere Sicht auf die Gewalt ist die gleiche.“ (Kleine Zeitung, 29. Nov. 2014)
Dies war insofern eine bemerkenswerte Behauptung, als israelische Medien erst am Tag zuvor darüber berichtet hatten, dass israelische Sicherheitsbehörden Dutzende Mitglieder eines Hamas-Terrornetzwerks im Westjordanland festgenommen hatten, die u. a. einen Terroranschlag auf das Jerusalemer Teddy-Kollek-Fußballstadion geplant hatten und von Saleh al-Arouri geleitet und finanziert wurde, einem Hamas-Mann mit Sitz in der Türkei. Die Times of Israel berichtete: „Arouri … built up and funded the network, and has effectively established a Hamas command post in Turkey which is leading terror efforts in the West Bank. Arouri is reportedly aided by dozens of operatives, some of whom were deported by Israel in the wake of the Gilad Shalit prisoner deal in 2011.“ Im Oktober hatte Israels Verteidigungsminister im Zuge eines Treffens mit seinem (damals noch) amerikanischen Kollegen davon gesprochen, dass die Hamas zwei Hauptquartiere habe, eines im Gazastreifen und eines in der Türkei.
Auch wenn die Türkei den Vorwurf zurückwies, dass von ihrem Territorium aus Terroranschläge geplant würden, besteht kein Zweifel daran, dass sie sich unter Erdogan zu einem der wichtigsten Förderer der palästinensischen Terrorgruppe Hamas entwickelt hat. Erdogan traf sich wiederholt mit dem Khaled Meshal, dem Chef des Hamas-Politbüros, der vor zwei Jahren auf einem Parteitag der türkischen Regierungspartei AKP mit Jubel, tosendem Applaus und anti-israelischen Sprechchören wie ein Stargast empfangen wurde.
Vor dem Hintergrund der offenen Unterstützung Erdogans für die islamistische Terrorgruppe Hamas erscheint es doch sehr unwahrscheinlich, dass sein „Blick auf den Terrorismus“ und auf terroristische Gewalt der gleiche sein soll, wie jener von Papst Franziskus.