Wochenbericht, 19.11. bis 25.11.2012

Die Nahostberichterstattung österreichischer Medien wurde in der vergangenen Woche klar von zwei Themen dominiert: Einerseits ging der achttägige Krieg zwischen der palästinensischen Hamas im Gazastreifen und Israel am Mittwoch mit der Vereinbarung einer Waffenruhe zu Ende. Andererseits unternahm Ägyptens Präsident, der Moslembruder Mohammed Mursi, einen weiteren Versuch, die Beschränkungen abzuschaffen, welche die Justiz bislang seiner Machtausübung auferlegte. Keine zwei Jahre nach dem Sturz Hosni Mubaraks hat das Land am Nil einen neuen Diktator.

Allgemeiner Überblick

In der vergangenen Woche erschienen in den von MENA systematisch ausgewerteten österreichischen Tageszeitungen insgesamt 248 Beiträge mit Bezug zu Nordafrika und dem Nahen Osten:

Wochenbericht, 19.11. bis 25.11.2012

Die Nahostberichterstattung österreichischer Medien blieb somit im Wesentlichen auf dem zahlenmäßig hohen Niveau der Vorwoche. Wie dominierend die beiden oben erwähnten Spitzenthemen der Woche, der Gaza-Krieg und der Griff des ägyptischen Präsidenten nach der uneingeschränkten Macht im Staate, waren, wird an der folgenden Grafik deutlich:

Wochenbericht Tabellen - Wochenbericht - 26Nov12 - Tab2

Bevor wir uns im Folgenden auf die Bilanzen konzentrieren, die in den Medien zum Ende des Gaza-Krieges gezogen wurden, wollen wir zuvor noch kurz auf den Machtkampf eingehen, der sich aktuell in Ägypten abspielt.

Ägyptens islamistischer Präsident Mursi hat in der vergangenen Woche wieder einmal für einen Paukenschlag gesorgt: Per Verfassungsdekret erklärte er seine Entscheidungen als Staatschef für unantastbar. Mit der Begründung, die Revolution verteidigen zu wollen, entließ er den bisherigen Generalstaatsanwalt des Landes und beseitigte auch noch die letzten Reste der ohnehin kaum mehr existenten Gewaltenteilung. Mursi habe sich zum „neuen Pharao ernannt“, kritisierte Mohammed El Baradei. (Presse, 24. Nov. 2012)

Die Opposition geht seitdem gegen den neuen Diktator, dessen Machtfülle größer ist, als es die Mubaraks je war, auf die Straße. Immer wieder kommt es zu schweren Zusammenstößen mit Sicherheitskräften und Straßenschlachten mit Anhängern des Präsidenten. Mehrere Büros der Muslimbrüder wurden angezündet. (Standard, 24./25. Nov. 2012; Kurier, 24. Nov. 2012)

Die Hilflosigkeit, mit der im Westen auf die Entwicklung Ägyptens reagiert wird, kam in einem Kommentar von Walter Friedl im Kurier zum Ausdruck. Mursi habe die während des Gaza-Krieges neu gewonnene „Reputation“ dazu benutzt, um innenpolitisch „brachial“ zuzuschlagen. Jetzt könnte ihn niemand mehr stoppen, auch nicht die USA, von denen Ägypten finanziell und anderweitig abhängig sei. „(S)o lange Mursi Ägypten nicht in einen islamischen Gottesstaat umformt und weiter eine konstruktive Rolle im nahöstlichen Hexenkessel einnimmt, sind für die USA demokratiepolitische Aspekte untergeordnet. Das war schon unter Mubarak so, das ist auch bei Mursi so.“

Über die angeblich „konstruktive Rolle“ Ägyptens im Gaza-Krieg wird gleich noch zu sprechen sein, hier ist jedoch ein anderer Punkt von Interesse. Wenn man Friedls Befund liest, „(d)ie USA brauchen Ägyptens Staatschef und werden ihn nicht fallen lassen“ (Kurier, 25. Nov. 2012), dann stellt sich die Frage: Hat das nicht auch für den schnell fallen gelassenen alten Diktator (Mubarak) gegolten, dessen Rolle in der Region mit Sicherheit nicht weniger „konstruktiv“ war? Was für ein Interesse sollte der Westen jetzt haben, den neuen Diktator (Mursi), der im Gegensatz zu seinem Vorgänger einer totalitären und anti-westlichen Ideologie anhängt, zur Seite zu stehen, wenn der gerade die letzten Hindernisse aus dem Weg zu räumen versucht, um Ägypten gemäß seiner Ideologie umzugestalten?

Kriegsende: Wer hat gewonnen, wer hat verloren?

Sobald die Waffen im Krieg zwischen der islamistischen Hamas und Israel schwiegen, machten sich die Zeitungen daran, Verlauf und Ausgang der Auseinandersetzung Revue passieren zu lassen.

Im Standard hob Gudrun Harrer hervor, dass der Krieg zu einem erstaunlichen Ergebnis geführt habe: „Selten endet so etwas, wie diesmal, gleich mit einer Reihe von Gewinnern.“ Auf der einen Seite steht Israel, das mit der Zustimmung zur Waffenruhe die richtige Entscheidung getroffen und nicht den „Fehler“ der „Bodenoffensive-Falle“ begangen habe, der darin bestanden hätte, „für fragwürdige Resultate in ein PR-Desaster zu schlittern.“ Israel sei „mit dem intakten Anspruch, seine Bevölkerung verteidigen zu dürfen, aus dem Konflikt hervorgegangen.“ Darüber hinaus habe es seine Absicht umgesetzt, „die Bewaffnung der Hamas und anderer radikaler Gruppen signifikant herabzustufen“.

Der „überraschendste Gewinner“ des Krieges sei jedoch die Hamas, denn da in der Vereinbarung der Waffenruhe zumindest eine partielle Lockerung der Blockade des Gazastreifens festgeschrieben wurde, sei diese „indirekt als eine der Konfliktursachen definiert“ worden.

Zu den Gewinnern sei aber auch der ägyptische Präsident Mursi zu zählen. Er habe die „israelisch-ägyptische Krisenkooperation“ aufrecht erhalten und die US-ägyptischen Beziehungen verbessert; darüber hinaus sei es ihm gelungen, „nicht nur die Interessen der Hamas“ zu vertreten, sondern „die Stabilität der Region“ im Auge zu behalten.

Bei so vielen „Gewinnern“ gebe es aber auch einen klaren Verlierer zu verzeichnen: Mahmud Abbas. Die „Marginalisierung der letzten Tage ist nicht wieder gutzumachen“, er habe „unsolidarisch“ mit der Hamas ausgesehen und „diplomatisch viel zu wenig Präsenz gezeigt.“ Harrers Schlussfolgerung aus alledem: „Es wird Zeit für eine neue Nahost-Friedensinitiative.“ (Standard, 23. Nov. 2012)

Die Einschätzung Susanne Knauls über die „Gewinner und Verlierer des Gaza-Krieges“ in der Presse fiel im Grunde nicht anders aus. Auch sie sah Israel auf der Seite der Gewinner, da es dem jüdischen Staat gelungen sei, die militärische „Abschreckungskraft“ gegenüber der Hamas wiederherzustellen, deren Raketenarsenal auszudünnen und mit der Waffenruhe ein Ende der Angriffe aus dem Gazastreifen zu erreichen. Vielleicht noch wichtiger: „Diesmal klappte die PR-Kampagne ohne Abstriche. Die westlichen Regierungen hielten sich an die Version, dass die Hamas die Verantwortung für die Gewalt trage“ und Israel das „Recht auf Selbstverteidigung“ habe. Als Pluspunkt habe sich auf israelischer Seite schließlich auch noch das gute Funktionieren des Raketenabwehrsystems „Iron Dome“ erwiesen.

Wie Harrer sah auch Knaul in der Hamas einen Gewinner des Krieges. Sie habe die Isolation beenden können, der Boykott gegen sie bröckle. „Nach dem Emir von Katar kam diese Woche der ägyptische Premier nach Gaza, der türkische Außenminister kündigte seinen Besuch an.“

Für Knaul war Ägyptens Präsident Mursi „der eigentliche Sieger des bewaffneten Konflikts“: Das „internationale Debüt der neuen Führung in Kairo hätte kaum besser laufen können.“ In der Verliererolle sah auch sie Palästinenserpräsident Abbas, der nur „hilflos zusehen“ und bei den internationalen Bemühungen um eine Waffenruhe „nicht die geringste Rolle“ gespielt habe. (Presse, 23. Nov. 2012)

Ebenfalls in der Presse bemerkte Alfred Hackensberger anlässlich eines Lokalaugenscheins: „Die Zerstörungen im Gazastreifen halten sich überraschenderweise relativ in Grenzen. Israels Luftwaffe flog 1200 Angriffe, doppelt so viele wie im Krieg 2008/09, aber die Schäden sind weit geringer als damals. Viele Bomben fielen außerhalb bewohnter Zonen, auf den Strand oder auf Felder, wo man Abschussrampen oder Bunker vermutete.“ Hackensberger bestätigt, was jenseits palästinensischer Propaganda jedem unbefangenen Beobachter schon klar sein musste: „Das israelische Militär ist sehr gezielt vorgegangen.“ (Presse, 25. Nov. 2012)

Gil Yarons Bilanz in der Kleinen Zeitung unterschied sich doch markant von den Einschätzungen, die in Standard und Presse zum Ausdruck gebracht wurden. Obwohl Israel in militärischer und auch in diplomatischer Hinsicht einiges erreicht habe, wurde „das wichtigste Ziel, Feinde abzuschrecken, nicht erreicht.“ Die Islamisten würden den Krieg als klaren Erfolg feiern und würden an Beliebtheit dazugewinnen. Die Hamas habe einige Erfolge erzielt: Sie überstand den Krieg in organisatorischer Hinsicht, war bis zuletzt in der Lage, Raketen auf Israel abzufeuern und habe „Israels Wirtschaft einen Verdienstausfall von 40 Millionen Euro“ beschert. Auch Yaron wies darauf hin, dass die palästinensischen Muslimbrüder politisch gepunktet hätten, da ihre diplomatische Isolierung jetzt durchbrochen sei. (Kleine Zeitung, 23. Nov. 2012)

Im Kurier wertete Stefan Galoppi den Gaza-Krieg vor allem als „Test für den Showdown mit Iran“. In militärischer Hinsicht könnten einige Schlüsse aus dem Krieg gezogen werden. Hamas, Islamischer Dschihad und andere „extremistische Gruppen“, die im Falle des Falles dem Iran zur Seite stehen würden, hätten zwar weiterreichende Raketen, mit denen sie große israelische Städte erreichen können, aber „größte Probleme mit der Treffsicherheit“. Der israelische „Iron Dome“ habe 88 Prozent jener angreifenden Raketen abgeschossen, die in bewohntem Gebiet eingeschlagen hätten. Das Raketenarsenal der Hamas sei „deutlich dezimiert“, und mit dem Angriff auf eine Waffenfabrik im Sudan Ende Oktober sei ein „wichtiger Nachschubweg“ zerstört worden. (Kurier, 24. Nov. 2012)

Drei Punkte sind zu diesen Einschätzungen des Gaza-Krieges zu bemerken. Da ist zum einen die neue Rolle Ägyptens, das viel Lob für seine Vermittlertätigkeit bei der Aushandlung einer Waffenruhe bekommen hat. So sehr das auch stimmen mag, so wichtig ist es aber auch, einen anderen Aspekt der ägyptischen Rolle nicht zu übersehen: Wenn die palästinensischen Muslimbrüder von der Hamas sich nicht der Unterstützung durch ihre ägyptischen Brüder gewiss gewesen wären, hätten sie wahrscheinlich den Krieg gar nicht provoziert. Oder anders formuliert: Der Rückenwind, den die Hamas in Folge der politischen Umwälzungen in der arabischen Welt verspürt hat, war es, der sie ihre Angriffe auf Israel in den Wochen und Monaten vor dem Beginn der israelischen Militäroperationen so hat steigern lassen. Dass Katar, die Türkei oder Ägypten eine Terrororganisation wie die Hamas nicht mehr politisch isolieren, ist keine Folge des Gaza-Krieges, sondern war eine seiner Ursachen.

Der zweite wichtige Punkt hängt unmittelbar damit zusammen: Wenn oftmals gefragt wird, warum das Übel des Terrorismus nicht aus der Welt geschafft werden kann, so lässt sich mit Verweis auf die Hamas antworten: Weil er belohnt wird. Warum sollte die Hamas auch nur einen Zentimeter von ihren islamistischen, anti-westlichen und antisemitischen Positionen abrücken, wenn gerade diese Haltungen gerade im Begriff sind, zum Mainstream der „neuen“ arabischen Welt zu werden? An den Westen im Allgemeinen und die USA im Besonderen ist aber die Frage zu richten, weshalb sie dieses Verhalten (etwa des NATO-Mitglieds Türkei oder des in vielerlei Hinsicht von den USA abhängigen Ägypten) so weitgehend kommentarlos akzeptieren? Eine Frage, auf die man im State Department offenbar keine Antwort hat:

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Dass der stattfindende Radikalisierungsprozess im Nahen Osten über weite Strecken so ungehindert verläuft, bringt drittens jene Staaten unter enormen Druck, die sich ihm bislang noch widersetzen haben können. Aber wie lange wird beispielsweise die jordanische Führung dem Druck der jordanischen Muslimbrüder noch trotzen können, wenn sie als einer der wenigen verblieben pro-westlichen Staaten vom Westen augenscheinlich völlig im Regen stehen gelassen wird? Wird der Westen auch im Falle Jordaniens im Namen der „Demokratisierung“ den Untergang eines Verbündeten und die nächste islamistische Machtübernahme in der Region begrüßen?

Jenseitige Analysen

Neben den bisher erörterten Bilanzen des Gaza-Krieges gab es aber auch „Analysen“, die als eher jenseitig betrachtet werden müssen. Da war zum Einen Kurt Seinitz, der in der Kronen Zeitung gleich in mehreren Anläufen seine Schlussfolgerungen aus dem Krieg präsentierte. „Netanyahu und die Mehrheit der jüdischen Israelis werden es“, ganz im Gegensatz zu Seinitz, „wahrscheinlich nicht begreifen: Der Gewinner des Krieges heißt Hamas als Folge langjähriger politischer Versäumnisse Israels.“ Eines dieser „Versäumnisse“, mit denen Israel den Terror der Hamas also offenbar selbst über sich gebracht haben soll, sei, dass der „von Israel ausgetrocknete Palästinenserpräsident Abbas … aus dem Spiel“ sei. Seinitz reiht sich in die Phalanx jener Beobachter ein, die es immer fertig bringen, Israel für das Verhalten seiner Kontrahenten verantwortlich zu machen. Im konkreten Fall schreibt er die Mär fort, es sei einer israelischen Verweigerungshaltung geschuldet, dass im Friedensprozess mit den Palästinensern nichts weiter gegangen ist – und ignoriert völlig, dass es der von ihm erwähnte Abbas ist, der sich seit Jahren weigert, an den Verhandlungstisch zurückzukehren. Unter Verweis auf ein CNN-Interview mit Hamas-Politbürochef Khaled Mashal meint Seinitz, dieser habe „einen Palästinenserstaat in den Grenzen von 1967 (plus Rückkehrrecht und Jerusalem als Hauptstadt) als Friedensziel“ anerkannt. (Kronen Zeitung, 23. Nov. 2012) Das von Mashal hervorgehobene „Rückkehrrecht“ bedeutet, dass Millionen von Palästinensern in eine Land „zurückkehren“ sollen, in dem sie noch nie gewesen sind – dass das automatisch die Zerstörung des jüdischen Staates wäre, ist allgemein bekannt. Auch verschwieg er, dass Hamas-Chef Mashal in besagtem CNN-Interview nicht ganz so friedenswillig auftrat, wie Seinitz das den Lesern der Krone weißmachen wollte. Auf die Frage, ob der Iran Raketen nach Gaza liefere, antwortete Mashal: „Any state supporting us or killing the occupiers, we welcome them and we thank them” – ein expliziter Dank an alle, die der Hamas dabei behilflich sind, so viele Israelis wie möglich zu töten. Darüber hinaus wurde in dem Interview bereits gleich zu Beginn klar, wie glaubwürdig der Mann ist. Nachdem die Hamas im Laufe des Krieges Hunderte Raketen auf israelische Dörfer und Städte abgefeuert hatte und damit ganz bewusst israelische Zivilisten ermorden wollte, erklärte Mashal allen Ernstes: „Resistance“, also die Terrorgruppen aus dem Gazastreifen, „does not target civilians.“

Einen Tag darauf forderte Seinitz: „Obama an die Nahost-Front!“ und teilte seinen Lesern mit, was das „größte Hindernis“ auf dem Weg zum Nahostfrieden sei: „die koloniale Siedlerpolitik des Zionismus.“ (Kronen Zeitung, 24. Nov. 2012) Es dürfte Seinitz entgangen sein, dass im Westjordanland seit Jahren keine neuen Siedlungen mehr errichtet wurden, sondern die genehmigten Bautätigkeiten sich auf dem Gebiet bereits bestehender Gemeinden abgespielt haben. Auch bleibt es Seinitz‘ Geheimnis, was eine Schule in Ariel oder ein Kindergarten in Ma’ale Adumim mit „Kolonialismus“ zu tun haben soll. Seine Position ist dennoch weit verbreitet: Über eine Million Araber, die gleichberechtigt in Israel leben, sollen kein Hindernis für den Frieden sein, wohl aber ein paar Hunderttausend Juden in der Westbank – den Unterschied verstehe, wer kann.

Den mit Abstand abwegigsten Kommentar zum Gaza-Krieg steuerte allerdings Wolfgang Fellner bei, der Herausgeber des Gratisblattes Österreich. „Israel muss den Palästinenserstaat zulassen“, lautete der Titel seines Beitrags vom vergangenen Mittwoch. „Es fällt schwer, Israel für den neuen, völlig unnötigen Gaza-Krieg zu kritisieren“, begann Fellner seine Kolumne, und als Leser dachte man schon: Dann lassen Sie es eben. Doch er setzte fort: „ – aber es ist nötig.“ Warum, das wurde auch im weiteren Verlauf des Textes nicht klar. Dafür folgte ein besonders schamloses Beispiel dafür, wie man tödlichen Terror verharmlosen kann: „Völlig unbestritten ist, dass die Israelis seit Monaten von den Rotzbuben-Terroristen der Hamas provoziert werden. Diese Mini-Bin-Ladens schießen Schrott-Raketen auf Tel Aviv und andere Orte“. Alles mehr oder weniger harmlos also, womit Israel da konfrontiert ist. „Auf der anderen Seite steht mit Gaza ein Freiluft-Gefängnis, das unmenschlich ist. Kinder und Eltern sind hinter Stacheldraht zusammengepfercht.“ Indem Fellner den palästinensischen Propagandabegriff eines „Freiluftgefängnisses“ bemühte – eines unmenschlichen zumal – bewies er, dass er weder von Gefängnissen noch von der Lage im Gazastreifen eine Ahnung hat. Nur so viel: Israel hat den Gazastreifen im Sommer 2005 völlig geräumt; wenn der „Dank“ dafür nicht Tausende Raketen und andere Terrorangriffe auf Israel gewesen wären, hätte auch keine Blockade verhängt werden müssen, um den Waffenschmuggel nach Gaza zu verhindern. Worauf Fellner mit dem Stacheldraht anspielen wollte, darüber kann nur gemutmaßt werden. Sollte das aber eine Anspielung auf Bilder aus NS-Konzentrationslagern sein, wäre dies nicht nur eine infame Gleichsetzung gewesen, sondern schlicht antisemitisch.

Nur eine Lösung sei im Nahostkonflikt denkbar: „Ein eigener Staat für die Palästinenser mit allen Rechten, ohne Stacheldraht.“ Denn müsse Israel den Palästinensern „gewähren“. Dass Israel unter Premier Barak 2000 und 2001 genau das angeboten hat und es Arafat war, der darüber nicht einmal diskutieren wollte, darüber verlor Fellner kein Wort. Dafür wusste er aber, was außerdem nötig wäre: Nicht nur ein Palästinenserstaat, sondern auch „eine sofortige Entwaffnung der Hamas.“ (Österreich, 21. Nov. 2012) Wer das tun sollte und wie eine solche Entwaffnung vonstattengehen könnte, ohne den Gazastreifen militärisch zu besetzen und unter Inkaufnahme zahlreicher Opfer Haus für Haus zu durchkämmen, das erfuhren die Leser natürlich nicht. Deutlich wurde nur, was dabei herauskommt, wenn ein Journalist in Wien es zwar schwer findet, Israel zu kritisieren, es aber trotzdem aus welch Gründen auch immer einfach nicht sein lassen kann.

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