Der Israel-Korrespondent des Standard erklärt Terroristen der Hamas und des Islamischen Dschihads zu »Widerstandskämpfern«.
Sehr geehrte Standard-Redaktion,
war jemals im Standard zu lesen, Terroristen der al-Qaida seien »Widerstandskämpfer« gegen die Amerikaner gewesen? Haben Sie damals über Abu Musab az-Zarqawi als »Widerstandskämpfer« berichtet? Selbstverständlich nicht, denn so eine Bezeichnung wäre eine groteske, politische und moralische Verharmlosung islamistischen Terrors gewesen.
Aber genau das ist die Charakterisierung, die Mirco Keilberth zum wiederholten Mal in seinem Berichten aus Jerusalem verwendet: Am 1. August sprach er vom »bewaffneten Widerstand der Hamas«, am 29. August schrieb er im Zusammenhang von Terrorgruppen in Dschenin und Tulkarem von einem »im Westjordanland erstarkenden Widerstand«, und heute behauptet er mit Blick auf vom Iran aufgerüstete Terrorgruppen, die israelische Armee würde in Dschenin nach »Widerstandskämpfern« suchen.
Eine solche – wiederholte – Umdeutung, die Terroristen der Hamas, des Palästinensischen Islamischen Dschihads und anderer Mörderbanden zu irgendwie respektablen Kämpfern gegen Unrecht zu machen versucht, ist skandalös und sollte in einer seriösen Zeitung keinen Platz haben.
Und dann liefert Keilberth einen ärgerlichen Versuch der Realitätsverzerrung: Im Zusammenhang mit der Ermordung von sechs israelischen Geiseln durch die Hamas bemerkt er zu den USA bloß: »Auch in Washington vermehrt sich die Kritik an der nach wie vor kompromisslosen Haltung von Israels Premier Benjamin Netanjahu.«
Er verschweigt den Lesern aber, dass aus Washington nach den Morden in Rafah tatsächlich ganz andere Worte zu hören waren. US-Präsident Joe Biden betonte zwar auch die Notwendigkeit einer Einigung auf einen Geiseldeal, sagte aber auch: »Täuschen Sie sich nicht: Die Hamas-Führer werden für diese Verbrechen bezahlen.«
Und Vizepräsidentin Kamala Harris drückte sich noch deutlicher aus: »Die Hamas ist eine böse Terrororganisation. Mit diesen Morden hat die Hamas noch mehr amerikanisches Blut an ihren Händen. Ich verurteile die anhaltende Brutalität der Hamas auf das Schärfste, und das muss die ganze Welt tun. Von dem Massaker an 1.200 Menschen bis hin zu sexueller Gewalt, Geiselnahmen und diesen Morden ist die Verderbtheit der Hamas offensichtlich und erschreckend. Die Bedrohung, welche die Hamas für das israelische Volk – und die amerikanischen Bürger in Israel – darstellt, muss beseitigt werden, und die Hamas kann den Gazastreifen nicht kontrollieren. Auch das palästinensische Volk leidet seit fast zwei Jahrzehnten unter der Herrschaft der Hamas.«
Warum Mirco Keilberth dies unterschlägt und stattdessen ausschließlich amerikanische Kritik am israelischen Premier erwähnt, ist nicht schwierig zu erraten: Niemals würde er selbst solche Charakterisierungen der Hamas zu Papier bringen – für ihn ist sie schließlich eine »Widerstandsorganisation«.
Mit freundlichen Grüßen,
Florian Markl
Mena-Watch