„[S]eit Monaten eskaliert die [in Ägypten] übliche Alltagsmisere zu einem landesweiten Albtraum. Immer mehr Güter werden knapp und Woche um Woche verliert das einheimische Geld so rasant an Wert, dass jetzt selbst Christine Lagarde, die Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF), von einer Währungskrise spricht, die dringend angepackt werden müsse. […] Das Regime von Präsident Abdel Fattah al-Sissi weiß, dass es im Volk brodelt. Immer öfter und unverhohlener warnt Al-Sissi vor Unruhen. Mal lässt er seine Untertanen wissen, die Armee könne binnen sechs Stunden im gesamten Land aufmarschieren, ‚wenn etwas Falsches passiert‘.
Mal warnen seine Mitstreiter vor Demonstrationen gegen die Preissteigerungen, wie sie in den sozialen Medien für den 11. November ausgerufen werden. Mal lassen sie an Brücken Plakate mit Durchhalteparolen aufhängen wie ‚Mutige Reformen verkürzen den Weg‘ oder ‚Wir müssen die Importe reduzieren‘. Denn auch der in Aussicht gestellte IWF-Milliardenkredit ist noch nicht in trockenen Tüchern. Für die ersten zwei der insgesamt 12 Milliarden Dollar muss Ägypten bei den ölreichen Golfarabern sechs Milliarden Kofinanzierung einwerben, von denen erst zwei Drittel zugesagt sind. Obendrein hat Kairo mit seiner Syrien-, Jemen- und Russlandpolitik den bisherigen Hauptgönner Saudi-Arabien tief verärgert.“ (Matin Gehlen: „Ägyptens Regime fürchtet den Volkszorn“)