Der Iran vermittelt bei Geheimgesprächen zwischen Russland und den Huthi über die Lieferung fortschrittlicher Anti-Schiffs-Raketen an seine jemenitische Stellvertretermiliz.
Der Iran hat Geheimgespräche zwischen Russland und den Huthi-Milizen über die Lieferung von Anti-Schiffs-Raketen an die jemenitischen Islamisten vermittelt, wie westliche und regionale Quellen berichten. Diese Entwicklung unterstreicht die immer enger werdenden Beziehungen zwischen Teheran und Moskau.
Verschiedene Quellen gaben an, Russland habe noch nicht über die Lieferung der auch als P-800 Oniks bekannten Yakhont-Raketen entschieden, die es den Huthi laut Experten ermöglichen würde, Handelsschiffe im Roten Meer präziser zu treffen und somit die Bedrohung für die sie verteidigenden Kriegsschiffe der USA und Europas zu erhöhen. Während das Wall Street Journal bereits im Juli berichtete, Russland ziehe die Lieferung der Raketen in Erwägung, wurde die Rolle des Irans als Vermittler bislang allerdings nicht öffentlich bekannt.
Zwei über die Gespräche informierte regionale Beamte sagten, Vertreter der Huthi und Russlands hätten sich im heurigen Jahr mindestens zweimal in Teheran getroffen. Die Gespräche über die Lieferung von Dutzenden der Raketen, die eine Reichweite von etwa dreihundert Kilometern haben, würden noch andauern, wobei in den kommenden Wochen weitere Treffen in Teheran angesetzt seien.
In der Vergangenheit hat Russland seine Yakhont-Rakete bereits an die vom Iran unterstützte Hisbollah im Libanon geliefert.
Eine der Quellen gab an, dass die Gespräche noch unter dem ehemaligen iranischen Präsidenten Ebrahim Raisi begonnen hatten, der im Mai bei einem Hubschrauberabsturz ums Leben kam. »Russland verhandelt mit den Huthi über die Lieferung von Yakhont-Überschall-Anti-Schiffs-Raketen«, sagte eine Quelle aus dem westlichen Geheimdienst. »Die Iraner vermitteln die Gespräche, wollen aber nicht, dass ihre Unterschrift darunter steht.«
Ein hochrangiger US-Beamter lehnte es ab, die spezifischen Systeme zu nennen, die transferiert werden könnten, bestätigte jedoch, dass Russland die Lieferung von Raketen an die Huthi diskutiere und bezeichnete die Entwicklung als »sehr besorgniserregend«. Ein Beamter des Verteidigungsministeriums meinte, dass jegliche Unterstützung der Huthi »das gemeinsame internationale Interesse an der globalen Freiheit der Schifffahrt und der Stabilität im Roten Meer und im Nahen Osten im Allgemeinen untergraben würde«.
Vertiefte Beziehungen
Russland und der Iran haben während des russischen Kriegs in der Ukraine ihre militärischen Beziehungen intensiviert. So hat Teheran kürzlich ballistische Raketen an Moskau geliefert, um sie gegen die Ukraine einzusetzen. Ein Grund für Moskau, die Huthi zu bewaffnen, ist laut den zitierten Quellen die Möglichkeit, die westlichen Staaten könnten der Ukraine doch noch gestatten, ihre Waffen bei einem Eindringen in russisches Gebiet zu verwenden.
Der hochrangige US-Beamte sagte, die Gespräche zwischen Russland und den Huthi »scheinen mit unserer Haltung in der Ukraine zusammenzuhängen, was wir bereit sind zu tun oder nicht«, was die Forderungen Kiews nach Aufhebung der Beschränkungen für den Einsatz von durch die USA gelieferten Langstreckenwaffen zur Bekämpfung von Zielen tief im Inneren Russlands betrifft.
Der russische Präsident Wladimir Putin warnte im Juni, dass Moskau fortschrittliche Langstreckenwaffen ähnlich jenen, welche die USA und ihre Verbündeten der Ukraine zur Verfügung stellen, an die Gegner des Westens in der ganzen Welt liefern könnte. Die Yakhont gilt als eine der fortschrittlichsten Anti-Schiffs-Raketen der Welt. Sie wurde so konzipiert, dass sie mit mehr als doppelter Schallgeschwindigkeit knapp über der Meeresoberfläche fliegt, um nicht entdeckt zu werden, was ein Abfangen erschwert.
Die Jerusalem Post zitierte den Experten für ballistische Flugkörper am International Institute for Strategic Studies Fabian Hinz, der erklärte, die Lieferung von Yakhont-Raketen an die Huthi würde die regionale Sicherheitslage grundlegend verändern: »Die P-800 ist ein weitaus leistungsfähigeres System als die ballistischen Anti-Schiffs- und Marschflugkörper, welche die Huthi bisher eingesetzt haben.«
Die Huthi könnten die Raketen nicht nur auf amerikanische, britische und andere Kriegsschiffe abfeuern, welche die Handelsschiffe im Roten Meer vor Drohnen- und Raketenangriffen der Huthi schützen, sondern sie könnten auch als Landangriffswaffe eingesetzt werden, die Saudi-Arabien als Bedrohung empfinden würde.
Hinz meint, sollte es den Verkauf beschließen, müsste Russland bei den technischen Aspekten einer Raketenlieferung unterstützend tätig sein, einschließlich der Frage, wie die Raketen transportiert und einsatzbereit gemacht werden können, ohne von den USA aufgerieben zu werden. Danach müssten die Huthi in der Anwendung dieses Systems geschult werden.
Wie eine hochrangige US-Quelle mitteilte, habe eine Delegation amerikanischer Beamte die Verhandlungen zwischen Russland und den Huthi mit ihren saudischen Amtskollegen während eines Besuchs in Raid in diesem Sommer erörtert und Washington das Thema auch mit Moskau angesprochen habe. Die Saudis hätten ihre Bedenken ebenfalls direkt an die Russen weitergeleitet, hieß es unter Berufung auf die Quellen.
Der zitierte Beamte warnte vor schwerwiegenden Folgen, sollte eine solche Lieferung auf den Weg gebracht werden: »Die Saudis sind alarmiert. Wir sind alarmiert, und andere regionale Partner sind alarmiert. Die Huthi richten bereits genug Schaden im Roten Meer an, und dies würde ihnen ermöglichen, noch mehr zu tun.«