Eine aktuelle Untersuchung belegt, dass Wikipedia-Redakteure eine koordinierte Kampagne gestartet haben, um die Darstellung des israelisch-palästinensischen Konflikts zu manipulieren und zuungunsten Israels zu verändern.
Für Millionen von Nutzern ist die Suchmaschine Wikipedia oft die erste und manchmal die einzige Informationsquelle über globale Ereignisse und historische Zusammenhänge. Doch wie der Investigativ-Journalist Ashley Rindsberg in einem Bericht enthüllte, hat eine Gruppe von Redakteuren der Online-Enzyklopädie eine koordinierte Kampagne gestartet, die Darstellung des israelisch-palästinensischen Konflikts zu manipulieren und zuungunsten Israels zu verändern.
In einem detaillierten Exposé, das im Oktober vom US-Medienunternehmen Pirate Wires veröffentlicht wurde, zeichnete Rindsberg eine Koalition von etwa vierzig Wikipedia-Redakteuren nach, die systematisch Tausende von Artikeln geändert haben, um die öffentliche Meinung zu beeinflussen. Die infrage stehenden Akteure hätten etwa 850.000 Bearbeitungen an fast 10.000 Artikeln über den Konflikt vorgenommen, so Rindsberg, und damit die Inhalte im Zusammenhang mit Israel, den Palästinensern und der Geopolitik im Nahen Osten im Allgemeinen gemäß ihrem politischen Programm manipuliert und auf eine ideologische Grundlage gestellt.
Manipulation im großen Stil
In einem Gespräch mit The Algemeiner erklärte Rindsberg unlängst, dass die Kampagne »tatsächlich das Erscheinungsbild nicht nur des israelisch-palästinensischen Konflikts verändert hat, sondern auch die gesamte Rechtfertigung für das Existenzrecht Israels und seine Legitimität, was das eigentliche Ziel ist. Was wir beim Themenbereich der Palästina-Israel-Artikel auf Wikipedia gesehen haben, ist eine umfassende Verschiebung der ideologischen Grundlage dieser Artikel.«
Die Recherche führt ein prominentes Beispiel an: »Diese Bemühungen sind bemerkenswert erfolgreich. … Gibt man den Begriff ›Zionismus‹ in das Suchfeld von Wikipedia ein, werden neben dem Hauptartikel über den Zionismus (und einer Begriffserklärungsseite) folgende Ergebnisse automatisch ausgefüllt: ›Zionismus als Siedlerkolonialismus‹, ›Zionismus im Zeitalter der Diktatoren‹ (das Buch eines pro-palästinensischen Trotzkisten), ›Zionismus aus der Sicht seiner Opfer‹ und ›Rassismus in Israel‹.«
Die fraglichen Änderungen reichen von geringfügigen Anpassungen wie der Entfernung von Verbindungen zwischen der jüdischen Geschichte und dem Land Israel bis hin zu größeren Änderungen wie dem Weglassen von Hinweisen auf die Gräueltaten, die während des von der Hamas geführten Angriffs am 7. Oktober letzten Jahres im Süden Israels begangen wurden, einschließlich Hinweisen auf Vergewaltigungen und andere sexuelle Gewalttaten.
In einem Artikel über Juden entfernte ein Redakteur beispielsweise den Ausdruck »Land Israel« aus einem Schlüsselsatz über die Herkunft des jüdischen Volks. Die in den Suchergebnissen erscheinende Kurzbeschreibung des Artikels wurde von »Ethnisch-religiöse Gruppe und Nation aus der Levante« in »Ethnisch-religiöse Gruppe und kulturelle Gemeinschaft« geändert. »Obwohl subtil, ist die Implikation dieser Änderung bedeutsam: Im Gegensatz zu Nationen benötigen oder rechtfertigen ›kulturelle Gemeinschaften‹ keine eigenen Staaten«, schrieb Rindsberg in seinem Bericht.
Rindsbergs Nachforschungen zufolge hat die Gruppe von Wikipedia-Redakteuren auch Artikel über umstrittene historische Persönlichkeiten, darunter solche mit Verbindungen zu Nazi-Deutschland wie der Großmufti von Jerusalem Hadsch Amin al-Husseini bereinigt und die Erwähnung von Menschenrechtsverletzungen durch das iranische Regime abgeschwächt.
Die Rolle von Tech for Palestine
Unterstützt wurde die Kampagne von der propalästinensischen Lobbyorganisation Tech for Palestine. Laut Rindsbergs Untersuchung arbeitet die Gruppe mit erfahrenen Wikipedia-Redakteuren zusammen, um koordinierte Bearbeitungskampagnen durchzuführen. Tech for Palestine richtete einen eigenen Wikipedia-Kooperationskanal ein, um ihre Bemühungen zu optimieren. »Warum Wikipedia?«, heißt es auf diesem Kanal, und gibt die Antwort gleich selbst: »Es handelt sich um eine Ressource mit weitreichendem Zugriff, und ihr Inhalt beeinflusst die öffentliche Wahrnehmung.«
Millionen von Lesern sind von diesen Manipulationen betroffen. Da Wikipedia-Artikel häufig die Ergebnisse von Suchmaschinen, insbesondere von Google, dominieren, bestimmen die Änderungen effektiv, wie das globale Publikumden israelisch-palästinensischen Konflikt rezipiert. »Millionen und Abermillionen von Menschen werden mit Informationen gefüttert, die im Wesentlichen von einer Gruppe von vierzig koordiniert vorgehenden propalästinensischen Redakteuren erstellt wurden«, sagte Rindsberg gegenüber The Algemeiner.
Die Auswirkungen sind enorm. Das Modell von Wikipedia, das auf einer offenen, von der Community gesteuerten Bearbeitung basiert, beruht auf der Annahme von Treu und Glauben. Durch die Änderung historischer Narrative und das Auslassen wichtiger Details beeinflussen sie nicht nur die Meinung, sondern gestalten die Realität für ein unwissendes globales Publikum aktiv um, und in diesem Fall, so Rindsberg, »verändern sie die Art und Weise, wie die Welt den Konflikt und die Region sieht, vollständig«.
Konsequenzen?
Nach der Veröffentlichung von Rindsbergs Bericht wurde der jahrelange Wikipedia-Redakteur mit dem Pseudonym »Ïvana«, dessen Benutzernamen das rote Hamas-Dreieck beinhaltet und der als Wikipedia-Experte des Kooperationskanals von Tech for Palestine fungierte, vom Schlichtungsausschuss einbestellt und soll Berichten zufolge mit einem möglichen lebenslangen Ausschluss von der Plattform rechnen müssen. Rindsberg berichtete The Algemeiner, dass aufgrund des Artikels auch weitere Untersuchungen eingeleitet wurden.
Das Exposé wurde Wochen nach der Entscheidung der Wikipedia-Redaktion veröffentlicht, den ursprünglich mit »Vorwürfe des Völkermords beim israelischen Angriff auf Gaza im Jahr 2023« überschriebenen Artikel in »Völkermord in Gaza« umzubenennen und die ideologisch motivierten Vorwürfe gegen Israel damit als unumstößliche Fakten zu präsentieren. Obwohl die enge Verbindung zwischen dem katarischen Sender Al Jazeera und der Hamas, dem palästinensischen Ableger der Muslimbruderschaft, immer wieder Thema in der Öffentlichkeit ist, ist Al Jazeera die Hauptquelle für den Wikipedia-Artikel. »So ist das katarische Nachrichtennetzwerk mit 77 von 526 Referenzen (fünfzehn Prozent) die am häufigsten zitierte Quelle, … wobei die Zahl auf einhundert Referenzen (neunzehn Prozent) steigt, wenn man andere von Katar finanzierte Medien wie Al-Araby Al-Jadeed, Middle East Monitor und Middle East Eyeeinbezieht«, schrieb Raffael Singer kürzlich in einem Bericht für Mena-Watch.
»Platz zwei und drei werden vom Journal of Genocide Research, dem einzigen akademischen Fachjournal, das im Wikipedia-Eintrag zitiert wird und dem Jahre vor dem aktuellen Gaza-Krieg anti-zionistische und antisemitische Voreingenommenheit vorgeworfen wurde, mit 67 Referenzen (dreizehn Prozent) und der antizionistischen britischen Tageszeitung The Guardian mit 32 Referenzen (sechs Prozent) belegt. Sämtliche israelischen Quellen kommen insgesamt nur auf 29 Referenzen (fünf Prozent); die Hälfte davon stammt von linken bis weit linksstehenden Organisationen wie Haaretz, der Online-Plattform +972 Magazine oder der NGO B’Tselem«, die oft für ihre antiisraelische Haltung in der Kritik stehen.
Während Medien und Organisationen für Wikipedia offensichtlich nicht israelfeindlich genug sein können, um nicht doch als objektive Quellen durchzugehen, gilt dies für eine der größten und wichtigsten Menschenrechtsorganisationen der USA nicht. So entschied das Online-Lexikon im Juni, die Anti-Defamation League (ADL) nicht mehr als glaubwürdige Quelle für Informationen über Antisemitismus und den israelisch-palästinensischen Konflikt zu behandeln, ein Entschluss, gegen den damals 43 jüdische Organisationen in einem Brief an die Wikimedia Foundation protestierten.