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Aussicht auf Erdogans Wiederwahl stürzt türkische Lira auf Rekordtief

Aussicht auf Wiederwahl Erdogans heizt Inflation in der Türkei an
Aussicht auf Wiederwahl Erdogans heizt Inflation in der Türkei an (© Imago Images / ZUMA Wire)

Die Aussicht, Erdogan könnte seine unorthodoxe Zins- und Wirtschafspolitik weiterführen, schickt die Währungs- und Aktienkurse auf Talfahrt.

Die Aussicht, dass Recep Tayyip Erdogan die der Stichwahl um das Präsidentenamt am 28. Mai gewinnen könnte, schickte die Aktien Anfang der Woche auf Talfahrt und drückten den Wert der türkischen Währung auf ein neues Rekordtief gegenüber dem US-Dollar. Nach der Wahl vom Sonntag, bei der Präsident Recep Tayyip Erdoğan mit 49,5 % der Stimmen besser abgeschnitten hatte als in den Umfragen angenommen, während die Opposition nur 44,9 % der Stimmen erhielt, sank der türkische Leitindex BIST-100 sank zeitweise um bis zu 6,4 Prozent.

»Ein Sieg der Opposition scheint unwahrscheinlicher geworden zu sein, und dies enttäuscht die Anleger, die auf eine Rückkehr zu einer orthodoxen Zins- und Wirtschaftspolitik und ein glaubwürdigeres Engagement zur Bekämpfung des Inflationsproblems in der Türkei gehofft hatten«, so Liam Peach, Senior Economist für Schwellenländer bei Capital Economics, in einer Notiz.

Der starke Rückgang des Aktienmarktes veranlasste die Istanbuler Börse am Montag sogar, den Handel kurzzeitig auszusetzen. Der BIST-100 schloss endgültig mit einem Minus von 6,1 Prozent, während sein Banken-Subindex den Tag mit einem Minus von 9,2 Prozent beendete, nachdem bestätigt worden war, dass die Wahl in einer Stichwahl zwischen Erdogan und seinem Hauptgegner Kemal Kilicdaroglu entschieden werden wird.

Die türkische Lira sank um 0,5 Prozent auf 19,70 gegenüber dem US-Dollar und erreichte damit erneut ein Rekordtief. Der Wert der Währung ist im vergangenen Jahr um mehr als 40 Prozent eingebrochen, da Erdogans unorthodoxe Wirtschaftspolitik die Inflation in ungeahnte Höhen getrieben hat.

Unsicherheit schickt Kurse auf Talfahrt

Erdogan, der seit zwei Jahrzehnten die türkische Regierung anführt, könnte kurz vor weiteren fünf Jahren an der Macht stehen. Nach Auszählung der Stimmen erreichten weder Erdoğan noch Kilicdaroglu die für einen Wahlsieg erforderliche Schwelle von 50 Prozent der Stimmen. Die Ungewissheit eines zweiten Wahlgangs beunruhigte die Anleger in türkischen Staatsanleihen hinsichtlich der Fähigkeit des Landes, die Anleihen zurückzuzahlen. Die Kosten für den Kauf einer Versicherung gegen das Risiko eines Zahlungsausfalls durch die Regierung (Credit Default Swap) stiegen nach Angaben von S&P Global Market Intelligence um fast 27 Prozent auf den höchsten Stand seit November.

Die Ratingagentur Moody’s erklärte am Montag, dass ein Sieg der Opposition »die Aussichten auf die Rückkehr zu einer orthodoxen Wirtschaftspolitik verbessern würde, die sich – würde sie tatsächlich umgesetzt werden – langfristig positiv auf das Kreditprofil des Staates auswirken würde«. Allerdings würde es in jedem Fall eine Herausforderung darstellen, »die verzerrenden Maßnahmen der letzten zwei Jahre rückgängig zu machen”«, sagte Moody’s und fügte hinzu, das Risiko der Volatilität in der türkischen Wirtschaft und auf den Märkten sei »erheblich«.

Ende 2021, als sich die Inflation weltweit zu beschleunigen begann, wies Erdogan die türkische Zentralbank an, die Zinssätze zu senken – und damit genau zum Gegenteil dessen, was andere Zentralbanken taten, um die galoppierenden Preise zu einzufangen. Die jährliche Verbraucherpreisinflation stieg im Oktober 2022 auf 85 Prozent an, bevor sie sich im April dieses Jahres auf 44 Prozent verlangsamte, wie Daten des türkischen Statistikinstituts zeigen.

»Ein Sieg von Präsident Erdogan, der jetzt als wahrscheinliches Szenario erscheint, wäre negativ für die makroökonomische Stabilität der Türkei und die Finanzmärkte«, sagte Capitals-Economics-Analyst Peach. »Wir glauben, dass die Fortsetzung der Politik der niedrigen Zinssätze, die restriktiven Devisenvorschriften und die hohe Inflation die zukünftige Gefahr einer schweren Währungskrise erhöhen könnten.«

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