Wie Saudi-Arabien eine Feministin zum Schweigen bringt

„Loujain al-Hathloul stellt immer gerne Fragen, sagt ihr Bruder Walid. ‚Als sie aufwuchs, wies sie immer auf die Heuchelei bezüglich des Autofahrens in Saudi-Arabien hin und versuchte zu verstehen, warum Frauen das Autofahren verboten war. Sie hörte nie auf diese Dinge zu hinterfragen.’ Doch als die 29-jährige im April in den benachbarten Vereinigten Arabischen Emirate angehalten wurde und man sie anschließend nach Saudi-Arabien brachte, begannen die Machthaber des Königreichs mittels einer Reihe von zunehmend brutalen Bemühungen, sie zum Schweigen zu bringen.

Laut Hathloul wurde sie drei Tage lang inhaftiert, danach freigelassen und anschließend wieder aus ihrem Familienheim in Riad gerissen. Sie sagt, dass ihr die Augen verbunden, sie in den Kofferraum eines Autos geworfen und in ein Internierungslager gebracht worden sei, dass sie als ‚Palast des Terrors‘ bezeichnete. Sie wurde gefoltert, und ihr wurde mit Vergewaltigung und dem Tod gedroht. Hathloul wird jetzt seit mehr als einem Jahr festgehalten.

Sie wurde zusammen mit 10 anderen Frauen festgenommen, die sie sich für das Fahrrecht für Frauen eingesetzt hatten. Zu den festgenommenen Personen gehörten erfahrene Aktivistinnen wie Aziza al-Yousef und die Bloggerin Eman al-Nafjan. Menschenrechtsgruppen bezeichneten diese Zeit als das saudi-arabische ‚Jahr der Schande‘. Geistliche, Aktivisten, Journalisten und Schriftsteller wurden ins Visier genommen. Elf Frauen wurden wegen ‚koordinierter Aktivitäten zur Untergrabung der Sicherheit, Stabilität und des sozialen Friedens des Königreichs‘ unter dem Vorwurf des Kontakts mit ausländischen Diplomaten und Journalisten vor Gericht gestellt.

Sieben wurden Anfang dieses Jahres gegen Kaution freigelassen, aber Hathlouls Bruder sagt, dass die Familie ein solches Urteil nicht erwarte. Beobachtern zufolge wurde Hathloul im Gefängnis aufgrund ihrer Rolle als führende feministische Aktivistin besonders schlecht behandelt. Ihr Aktivismus wurde als Schlag in das Gesicht des Königreichs gewertet, welches die Meinung vertritt, dass jegliche Veränderungen für Frauen von oben kommen sollten. (…)

Dr. Hala al-Dosari, eine prominente saudische Menschenrechtsaktivistin und Wissenschaftlerin am Zentrum für Menschenrechte und globale Gerechtigkeit der New York University sagte, dass die Frauen als ‚abschreckendes Beispiel vor Gericht stehen. Sie gelten als Beispiel für andere Frauen, die eventuell daran denken könnten, dasselbe zu tun.’ Amnesty International zufolge wurden die Frauen einen Monat lang ohne Kontakt zur Außenwelt in Haft gehalten und Stromschlägen sowie psychischen und physischen Folterungen ausgesetzt.“ (Ruth Michaelson: „‚What they did to me was so horrific‘: brutal silencing of a Saudi feminist“)

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