Der Anführer der Hisbollah Hassan Nasrallah kritisierte den Rücktritt am Sontag und behauptete, Saudi-Arabien haben Hariri zum Rücktritt gezwungen und ihn unter Hausarrest gestellt. Bemerkenswerterweise war seine Rhetorik jedoch ruhiger als sonst. Im Wesentlichen rief er zu Geduld und Zurückhaltung auf. Die Führung der Hisbollah schien von dem Rücktritt überrascht worden zu sein, da Hariri seit seinem Amtsantritt als Ministerpräsident im vergangenen Jahr keine Versuche unternommen hatte, ihre Autorität infrage zu stellen. Sein bisheriges Verhalten – beispielsweise die Nominierung des mit der Hisbollah affiliierten Michel Aoun als Präsident – und seine Äußerungen der jüngeren Zeit deuteten darauf hin, dass er beabsichtigte, mit der Gruppe weiterhin einen Kompromiss zu suchen. Mit Blick auf die Zukunft gibt es mehrere Möglichkeiten. Der Verfassung zufolge sollte Präsident Aoun parlamentarische Verhandlungen zur Bestimmung eines neuen Ministerpräsidenten veranlassen. Seine jüngsten Äußerungen deuten jedoch darauf hin, dass er den Rücktritt nicht annehmen wird, bis Hariri in den Libanon zurückkehrt und seine Gründe erläutert. Dies forderte auch Nasrallah. Falls Hariri sich weigert, müsste Aoun weitere Schritte einleiten. Auf jeden Fall steht dem Libanon ein gravierendes institutionelles Machtvakuum bevor. Angesichts seiner ohnehin delikaten politischen, sicherheitspolitischen und wirtschaftlichen Lage könnte größere Instabilität das Land ernsthaft gefährden.“ (Hanin Ghaddar: „Lebanon’s Prime Minister Resigns: What’s Next?“)
