„Selbstbewusste, organisierte, in den Medien präsente Hidschab-Trägerinnen stellen religiöse Kleidervorschriften als progressiv und feministisch dar. Ein Blick in die islamische Welt und konservative muslimische Communities Europas zeigt jedoch das Gegenteil: Wo religiöse Kräfte das Sagen haben, ob mittels staatlicher Macht oder gesellschaftlichem Druck, ist für Frauen ein Kleidungsstück verpflichtend, das ihre inferiore gesellschaftliche Rolle unterstreicht. Im Iran führen Frauen einen mutigen Kampf für die Freiheit vom Kopftuch. 2013 wurden offiziell 593.590 Frauen wegen Missachtung der Kleidervorschriften verwarnt, 3672 wegen ‚nicht islamgerechter Bekleidung‘ angeklagt. Gerade zeigen uns Nachrichten aus der Türkei, dass aufgebrachte AKP-Anhänger es nach dem gescheiterten Putsch offenbar auch für nötig halten, Frauen ohne Kopftuch zu attackieren.
Das Kopftuch ist das Markenzeichen des Islamismus jeglicher Couleur, die Frau seine Werbeplattform. (…) Sich selbst als ‚muslimische Feministinnen‘ bezeichnende Frauen verkürzen Feminismus auf gleichberechtigte Teilhabe an der von ihnen vertretenen Ideologie und treten mit der feministischen Parole ‚Frauen ermächtigen!‘ für reaktionäre Werte ein. Ähnliches lässt sich zunehmend auch in der rechten Szene bei sogenannten ‚identitären Feministinnen‘ beobachten. Wird der von Letzteren vertretene Gesellschaftsentwurf durchschaut, ist Problembewusstsein gegenüber konservativen islamischen Aktivistinnen kaum vorhanden.“
(Nina Scholz: „Symbole der Ungleichstellung“)