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Wie es für Israel nach dem US-Abzug aus Afghanistan weitergeht

Israels Premier Bennett bei US-Präsident Biden
Israels Premier Bennett bei US-Präsident Biden (© Imago Images / ZUMA Wire)

Der Rückzug der USA aus dem Nahen und Mittleren Osten bietet Israel neben einigen Problemen auch die Chance, seine Position in der Region weiter zu stärken.

Yaakov Amidror, Jerusalem Institute for Strategy and Security

Aus israelischer Sicht stellt die Schwächung des amerikanischen Engagements im Nahen Osten vor allem deshalb ein Problem dar, weil Israel damit in die Situation versetzt wird, die Last der Auseinandersetzung mit den Ländern, die Israel und die gesamte Region bedrohen, selbst tragen zu müssen.

Gleichzeitig bietet sich Israel dadurch aber auch eine Chance. Schließlich ist das Land vom Abzug der USA weniger betroffen als die arabischen Staaten. Israel hat seine Verteidigungsfähigkeit nie auf einer aktiven Waffenpartnerschaft mit den USA aufgebaut, schon gar nicht auf dem Schlachtfeld.

Israel erwartet lediglich, dass die USA mithelfen, die Mittel für seine Siege bereitzustellen – durch Hilfe beim Kauf von US-Waffen, durch diplomatische Unterstützung, die es Israel ermöglicht, Gewalt anzuwenden, bis es den Sieg auf dem Schlachtfeld errungen hat, und durch Abschreckung von Kräften, die dem Land schaden oder es bedrohen.

In diesen Bereichen sind die USA von ihrem Engagement für Israel nicht abgerückt, und daher haben sich die Bedingungen für die künftige Kriegsführung aus israelischer Sicht nicht grundlegend geändert.

Dennoch ist es wahr, dass Israel nun die tägliche Last im Umgang mit aggressiven Kräften in der Region allein tragen muss – sowohl um Kriege zu verhindern als auch zu gewinnen. Das Land wird diese zusätzliche Belastung bei der Aufstockung seiner Streitkräfte berücksichtigen müssen und sollte versuchen, die USA davon zu überzeugen, es bei diesen zusätzlichen Anstrengungen zu unterstützen.

Aber unter keinen Umständen sollte Israel die USA auffordern, ihre Soldaten in die Region zurückzuholen, denn es ist nicht Israels Entscheidung, wie die USA ihre Prioritäten setzen und wo sie bereit (oder nicht bereit) sind, das Leben ihrer Männer und Frauen zu opfern.

Israel muss seine militärische Macht ausbauen und zu diesem Zweck so viel Unterstützung wie möglich von den USA erhalten, damit es keine amerikanische Hilfe auf dem Schlachtfeld benötigt. Das Land muss immer wieder betonen, dass es sich aus eigener Kraft verteidigen wird. Israel ist bereit, selbst für diese Fähigkeit zu zahlen, wird aber dankbar annehmen, wenn die USA es bei der Last unterstützen, die dazu notwendigen Mittel zu erlangen.

Israels regionales Ansehen in der Region könnte in zwei Bereichen gestärkt werden. Vielleicht werden die Länder des Nahen Ostens begreifen, dass eine offene Beziehung zu Israel für ihre Fähigkeit, sich selbst zu verteidigen, von entscheidender Bedeutung ist. Im Gegensatz zu Iran und der Türkei hat Israel keine Ambitionen, die arabischen Länder zu kontrollieren oder zu beeinflussen, abgesehen von dem Wunsch, sie daran zu hindern, es zu bedrohen.

Daher können die arabischen Länder von offenen Beziehungen zu Israel erheblich profitieren, da das Land Wissen und Technologie in Bereichen bereitstellen kann, die für diese Staaten wichtig sind: darunter Wasser- und Landwirtschaft, Bildung und Gesundheit.

Darüber hinaus kann Israel den arabischen Ländern durch nachrichtendienstliche Zusammenarbeit sowie durch offene und verdeckte Sicherheitshilfe helfen, sich zu verteidigen. Israel ist kein Ersatz für die USA, aber gemeinsam werden die Staaten im Nahen Osten in der Lage sein, ein regionales System aufzubauen, das es ihnen erleichtern wird, sich gegen verschiedene Bedrohungen zu wehren.

Wenn sie richtig auf die Entscheidung der USA reagiert, kann die arabische Welt reifen und lernen, ihre Probleme selbst zu bewältigen – gemeinsam mit Israel.

(Aus dem Artikel What’s Next, After the Withdrawal from Afghanistan?“, der bei JISS erschienen ist. Übersetzung von Alexander Gruber.)

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