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Wie der deutsche UNO-Botschafter Israel mit der Hamas gleichsetzte

Von Alex Feuerherdt

Nicht genug damit, dass sich Deutschland bei den Vereinten Nationen an den Verurteilungsorgien gegen Israel beteiligt – sein UN-Botschafter glaubte nun im Sicherheitsrat, seinen israelischen Kollegen belehren und den jüdischen Staat auf eine Stufe mit der Terrororganisation Hamas stellen zu müssen. Das ist infam und peinlich, gilt in manchen Medien jedoch als „erfrischender Vorstoß“. Für die Zeit der deutschen Präsidentschaft im Rat lässt das Schlimmes befürchten.

In der vergangenen Woche hat der deutsche Botschafter bei den Vereinten Nationen, Christoph Heusgen, etwas Ungewohntes getan. Auf einer Sitzung des UN-Sicherheitsrates sprach er – gegen die dortigen Gepflogenheiten und anders als die anderen Redner – frei und ohne Manuskript, als er zu einem Rundumschlag ansetzte. Es ging, mal wieder, um den Nahen Osten; der UN-Sonderbeauftragte für den dortigen Friedensprozess, Nickolay Mladenov, hatte soeben ein düsteres Bild von der Situation gezeichnet und von der Gefahr eines unmittelbar bevorstehenden Krieges gewarnt. Als Heusgen an der Reihe war, sagte er, die Berichte des Gesandten gehörten zu den „deprimierendsten Übungen des Sicherheitsrates“, und griff seinen amerikanischen Kollegen scharf dafür an, dass die USA nach der Verlegung ihrer Botschaft nach Jerusalem nun die Golanhöhen als Teil Israels anerkennen wollen, was einen Rechtsbruch darstelle. Danach ätzte der deutsche Diplomat, der israelische und der palästinensische Vertreter würden gleich sicherlich wieder mit gegenseitigen Vorwürfen gespickte Ansprachen vom Blatt ablesen.

„Warum machen Sie es nicht so wie ich“, fragte Heusgen, „und legen ihre vorgeschriebenen Reden zur Seite, um zu erklären, wie Sie gedenken, die Resolution 2334 umzusetzen?“ In dieser Resolution, die der Sicherheitsrat kurz vor Weihnachten des Jahres 2016 ohne Gegenstimme verabschiedete, wird Israel nicht nur für den Siedlungsbau verurteilt, sondern es werden sogar die „Klagemauer“ und das jüdische Viertel in der Jerusalemer Altstadt zu „besetztem Gebiet“ erklärt. Den Terrorismus erwähnt der Beschluss nur beiläufig und allgemein; direkt angesprochen oder gar kritisiert fühlen muss sich niemand. Wie die israelische Regierung den Siedlungsbau beenden werde, wollte Christoph Heusgen nun vom israelischen UN-Botschafter Danny Danon wissen, und wie sie die Lage auf dem Tempelberg beruhigen wolle. An den palästinensischen Vertreter Riyad Mansour richtete er die Frage, wie er die Hetze, die Provokationen und vor allem die Raketenangriffe gegen Israel zu stoppen plane.

Eine infame Gleichsetzung

Wie der deutsche UNO-Botschafter Israel mit der Hamas gleichsetzte
Danny Danon (Quelle: Screenshot UN Web TV)

Heusgen schloss mit der Forderung: „Zivilisten müssen ohne Angst vor israelischen Bulldozern und vor palästinensischen Raketen leben können.“ Für seinen Auftritt bekam der Botschafter viel medialen Beifall, etwa in der Süddeutschen Zeitung und von der Tagesschau. Der Tenor lautete: Endlich hat da einer seine Zurückhaltung aufgegeben, den Richtigen die Leviten gelesen und Bewegung in die Sache gebracht. Dabei war der Redebeitrag eine Unverschämtheit, vor allem der Schlusssatz. Denn was im Jargon der Äquidistanz daherkam und sich als Ausdruck von Vernunft gerierte, war nichts anderes als eine infame Gleichsetzung des Abrisses von Gebäuden, die ohne Baugenehmigung errichtet wurden, mit Terror gegen die Zivilbevölkerung – ja, mehr noch, eines demokratischen Staates mit einer Terrororganisation. Und das auch noch zu einem Zeitpunkt, als wieder einmal zahlreiche Raketen aus dem Gazastreifen nach Israel abgefeuert wurden und dort für Verletzte sorgten.

Ein Umstand, auf den Danny Danon dann auch Christoph Heusgen hinwies: „An meinen Kollegen aus Deutschland: Ich stimme Ihnen zu, dass es an der Zeit ist, das Manuskript zur Seite zu legen und frei zu sprechen. Aber es sagt sich so leicht, dass sich beide Seiten zurückhalten sollen. Derzeit fliegen Raketen in unsere Städte. Die letzte davon, die in Israel landete, ging in der Gemeinde nieder, in der ich lebe, 30 Meter von meinem Haus entfernt, in dem ich meine Kinder aufziehe. Es ist bequem zu fordern: Lasst uns über Ideen und deren Umsetzung sprechen. Wenn die Raketen in unsere Städte fliegen, werden wir zuallererst unsere Bevölkerung schützen. Erst dann werden wir mit dem Dialog fortfahren.“

Gleichwohl sei er bereit, fuhr Danon fort, unter Ausschluss der Öffentlichkeit ganz offen und ohne abgelesene Reden miteinander zu sprechen, wenn die Deutschen am 1. April den Vorsitz im Sicherheitsrat übernehmen. Ein Angebot, das Riyad Mansour zurückwies: Er wolle nicht hinter verschlossenen Türen verhandeln.

Selbstinszenierung eines sonst spröden Diplomaten

Wie der deutsche UNO-Botschafter Israel mit der Hamas gleichsetzte
Riyad Mansour (Quelle: Screenshot UN Web TV)

Der palästinensische Emissär hatte verstanden, dass Heusgens Auftritt den Palästinensern erheblich mehr nutzen würde als den Israelis, denn die Gleichsetzung, die der deutsche UN-Botschafter vorgenommen hatte, bedeutet ihre Aufwertung. Deshalb schwieg Mansour auch zum Raketenterror und versuchte, die Gunst der Stunde zu nutzen: „Sie repräsentieren das mächtige Deutschland“, sagte er zu Heusgen. „Ich flehe Sie an: Sorgen Sie dafür, dass diese Resolutionen umgesetzt werden.“ Dabei weiß er natürlich, dass Deutschland etwa in der UN-Generalversammlung ständig gegen den jüdischen Staat stimmt: Zuletzt trugen Heusgen und seine Leute 16 der 21 gegen Israel gerichteten Resolutionen mit und enthielten sich in vier Fällen. Ein Antrag der FDP im Bundestag, das absurde deutsche Abstimmungsverhalten gegenüber Israel bei den Vereinten Nationen grundlegend zu ändern, scheiterte vor wenigen Tagen.

Die Solidarität mit dem jüdischen Staat, dessen Sicherheit angeblich ein Teil der deutschen Staatsräson ist, gibt es lediglich als Lippenbekenntnis. Wenn sie besonders nötig wäre – wie es bei einem Raketenbeschuss durch palästinensische Terrorbanden der Fall ist –, wird Israel im Stich gelassen oder muss sich gar Belehrungen wie die im Sicherheitsrat anhören.

Was die Süddeutsche Zeitung für einen „erfrischenden Vorstoß“ hält, war die peinliche Selbstinszenierung eines sonst eher spröden Diplomaten, der in veritabler Selbstüberschätzung offenbar glaubte, mit erhobenem Zeigefinger gegenüber Israel, den USA und den Palästinensern vielleicht nicht die Welt, aber doch zumindest den Nahen Osten retten zu können. Für die Zeit, in der die Deutschen den Vorsitz im UN-Sicherheitsrat innehaben, lässt das ausgesprochen Unangenehmes befürchten – vor allem für Israel.

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