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Wie Israel-Boykotteure und Terroristen zusammenarbeiten

Wandgemälde in der nordirischen Stadt Derry (britisch: Londonderry)
Wandgemälde in der nordirischen Stadt Derry (britisch: Londonderry) (Quelle: Crethi Plethi)

In Zusammenhang mit Ermittlungen gegen die New IRA – eine Nachfolgeorganisation der nordirischen Terrororganisation IRA – ist in Großbritannien der arabisch-palästinensische BDS-Propagandist Dr. Issam Hijjawi (62) verhaftet worden.

Wie die BBC berichtet, wurde Hijjawi am Londoner Flughafen Heathrow festgenommen. Er steht im Verdacht, an der Vorbereitung eines Terroranschlags der New IRA beteiligt gewesen zu sein.

Die Anklage wirft ihm laut dem Bericht der BBC vor, am 19. Juli in Omagh – einer 80 Kilometer westlich von Belfast gelegenen 22.000-Einwohner-Stadt in Nordirland – an einem Treffen der New IRA teilgenommen und dort gesprochen zu haben. Nach Angaben der Polizei ist dies durch „Video- und Tonaufnahmen“ belegt. Hijjawis Anwalt Gavin Booth argumentiert, sein Mandant sei in eine „Falle“ getappt; ein Agent des MI5 habe ihn „bedrängt“, an dem Treffen teilzunehmen.

Der Fall rückt ein Bündel von internationalen Verbindungen in den Blick: die historische Bande zwischen der IRA und der PLO ebenso wie die Union der vermeintlich „gewaltlosen“ BDS-Bewegung und erklärten Bombenlegern.

Hijjawi, ein Arzt aus dem schottischen Edinburgh, ist der ehemalige Vorsitzende der Association of Palestinian Communities in Scotland und als BDS-Propagandist öffentlich bekannt. Der Anti-Israel-Website Middle East Eye gab er 2016 einen Kommentar, in dem er zum Kulturboykott gegen den Staat Israel aufrief. Auf Facebook ist zu sehen, wie Hijjawi im April 2015 auf einer Veranstaltung spricht, die offenbar unter dem Motto Hands off Yemen stand und gleichzeitig dem „Rückkehrrecht palästinensischer Flüchtlinge“ gewidmet war. Auf einem anderen Foto trägt er Fahnen, die die Umrisse des britischen Mandatsgebiets Palästina zeigen, darüber der Slogan Freedom – Right of Return.

Hijjawi wurde in jenem Teil des ehemaligen britischen Mandatsgebiets Palästina geboren, der 1948 von Jordanien besetzt worden war. Sein Vater stammt aus einem kleinen Dorf bei Nablus, schrieb Al-Jazeera vor einigen Jahren in einem Bericht über Hijjawi.

Wer ist die „Neue IRA“?

Die New IRA will an die blutige Tradition der Terrororganisation IRA anknüpfen und hat seit ihrer Gründung im Jahr 2012 zahlreiche Anschläge verübt. Im April 2019 erschoss sie in der nordirischen Stadt Derry (britisch: Londonderry) auf offener Straße die 29-jährige Journalistin Lyra McKee. Weitere bekannte Mordopfer sind:

  • der Justizvollzugsbeamte David Black, der 2012 auf dem Weg zur Arbeit erschossen wurde
  • der Justizvollzugsbeamte Adrian Ismay, der 2016 durch eine Bombe unter seinem Auto getötet wurde
  • Michael McGibbon, ein 2016 in Belfast ermordeter Taxifahrer.

Die Festnahme von Issam Hijjawi ist Teil einer größeren Anti-Terror-Ermittlung gegen die New IRA und die ihr nahestehende nordirische Partei Saoradh.

Wie die BBC berichtet, hätten bei der „Operation Arbacia“ – so der Codename – mehrere Polizeien und Geheimdienste zusammengearbeitet: der britische Inlandsgeheimdienst MI5, die nordirische Polizei PSNI, die irische Nationalpolizei An Garda Siochana und die Londoner Metropolitan Police. Im Zuge dieser Polizeioperation wurden mindestens zehn Verdächtige festgenommen, die meisten von ihnen in Nordirland.

Saoradh – der Name bedeutet auf Gälisch „Freiheit“ – wurde 2016 als Sammelbecken für militante irische Nationalisten gegründet, die das 1998 unterzeichnete Karfreitagsabkommen zwischen Großbritannien, der Republik Irland und den nordirischen Konfliktparteien ablehnen und den „bewaffneten Kampf“ gegen Protestanten wiederaufnehmen wollen. Die Partei behauptet, unabhängig von der New IRA zu sein, doch nach Ansicht der Polizei ist ihr Hauptquartier in Derry „Sprachrohr und Schaltzentrale“ der Terroristen.

Gemeinsam gegen Großbritannien und Israel

Wie passt Hijjawi in dieses Bild? Terrorismus kennt für ihn keine Grenzen. Er hält Großbritannien für den gemeinsamen Feind von Iren und Palästinensern (u.a. wegen der Balfour-Deklaration von 1917), der gemeinsam bekämpft werden müsse. In einem Interview mit Al-Jazeera behauptete er vor drei Jahren:

„Von Anfang an zielte die eigentliche Politik des britischen Mandats darauf ab, der zionistischen Bewegung dabei zu helfen, Israel als Speerspitze zu etablieren, um nicht nur Palästina, sondern den gesamten Nahen Osten zu kontrollieren. Anstatt den Palästinensern zu helfen, ihren Staat zu erhalten, hat Großbritannien dazu beigetragen, dass ihr Heimatland zerstört wurde und dass sie brutal zu Flüchtlingen gemacht wurden.“

In einer Grußbotschaft, die er letztes Jahr an den Parteitag von Saoradh sandte, pries Hijjawi Terrororganisationen auf der ganzen Welt, ob in „Palästina“, Irland, Kolumbien oder dem Kaschmir; er lobte die antijüdischen Massaker von 1929 im britischen Mandatsgebiet Palästina als „palästinensische Revolution“ und kam zu dem Urteil, das Friedensabkommen zwischen Terrororganisationen und Regierungen stets zum „Scheitern“ verurteilt seien:

„Wenn wir auf die internationalen Ereignisse der letzten 30 bis 40 Jahre zurückblicken, sehen wir ein klares Bild: das Scheitern des Karfreitagsabkommens, das Scheitern des Osloer Abkommens, das Scheitern des Abkommens von FARC und Kolumbien, das Scheitern des Kaschmir-Abkommens.“

Aufmunternd sagte er an die Adresse der Militanten von Saoradh gerichtet:

„Genossen, seid versichert, dass wir auf der richtigen Seite der Geschichte stehen, ob in Palästina oder Irland, der fast hundertjährige Kampf für Freiheit, Selbstbestimmung, Würde und soziale Gerechtigkeit wird sich durchsetzen, und die imperialistischen, kolonialistischen Mächte werden früher oder später besiegt werden, es ist nur eine Frage der Zeit.“

Terrorismus ohne Grenzen

Hijjawi ist eines von vielen Beispielen dafür, wie BDS und Terrorismus Hand in Hand gehen. Und auch die Beziehungen zwischen der IRA und arabischen Terrororganisationen haben eine lange Geschichte.

Nachdem Jassir Arafat 1969 an die Spitze der PLO gerückt war (zufällig im selben Jahr, als Muammar al-Gaddafi sich in Libyen an die Macht putschte, um sein Land in den Krieg gegen Israel einzureihen und zu einem der größten Sponsoren des Terrorismus zu machen), knüpfte er Bündnisse mit allen, die bereit waren, ihn zu unterstützen – darunter mit der IRA, deren Terroristen in den 1970er Jahren unter der Anleitung der Fatah im Libanon und in Libyen trainierten.

Auf Wandbildern, die in Nordirland an Häuserwände gemalt sind, wird der „gemeinsame Kampf“ der Terrororganisationen PLO und IRA verherrlicht. Gerry Adams, der langjährige Führer der Partei Sinn Féin, die der IRA nahe steht (deren Mitglied er selbst war), hat sich mehrmals mit der Hamas getroffen.

Der amerikanisch-israelische Schriftsteller Tuvia Tenenbom berichtet in seinem neuen Buch Allein unter Briten – eine Entdeckungsreise, wie der Lord Mayor (Oberbürgermeister) von Dublin im Interview mit ihm freimütig über seine Sympathien für die Hamas-Terroristen plauderte. Von Mena-Watch um einen Kommentar zu der irisch-palästinensischen Terroristenfreundschaft gebeten, sagt Tenenbom:

„Ich habe festgestellt, dass Irland und Nordirland von Antisemiten jeglicher Art und Gattung befallen sind, Menschen, die in ihrem Leben nichts Besseres zu tun haben, als Juden zu verurteilen und sich in wirklich jeden zu verlieben, der sich ‚Palästinenser’ nennt.“

Im Wahn vereint

Kaum überraschend, dass Hijjawi nun Solidaritätserklärungen sowohl von Terrorunterstützern als auch von einem wegen Antisemitismus aus der britischen Labour-Partei ausgeschlossenen Politiker erhält. Chris Williamson, ein ehemaliger Labour-Abgeordneter für die nordenglische Stadt Derby und zeitweilig im Schattenkabinett Jeremy Corbyns, hatte sich jahrelang schützend vor Antisemiten in seiner Partei gestellt, ehe er ausgeschlossen wurde, nachdem er öffentlich gesagt hatte, Labour „entschuldigt sich zu viel“ für Antisemitismus.

So hatte Williamson u.a. Scott Nelson verteidigt, der aus der Partei ausgeschlossen worden war, weil er auf Twitter verbreitet hatte, „jüdische Unternehmen“ würden durch erschreckende Arbeitsbedingungen“ den „Tod von Arbeitern verursachen“. Jetzt setzt sich Williamson für Hijjawi ein: dessen Festnahme sei ein Versuch, „rechtmäßige politische Aktivität“ zu kriminalisieren.Unterstützung erhält Hijjawi auch von der PFLP-Vorfeldorganisation Samidoun, die erklärt:

„Von Irland bis Palästina geht der Kampf weiter … Das palästinensische Gefangenensolidaritätsnetzwerk von Samidoun drückt seine stärkste Solidarität mit den irischen und palästinensischen Häftlingen und allen irischen republikanischen Gefangenen aus.

Wir fordern die sofortige Freilassung der Häftlinge und ihrer politischen Mitgefangenen, ebenso wie die Freilassung aller palästinensischen Gefangenen in israelischen Gefängnissen, und wir bekräftigen den Einsatz irischer und palästinensischer Gefangener für gemeinsamen Kampf, gegenseitige Solidarität und eine Vision der kollektiven Befreiung von Kolonialismus, Zionismus und Imperialismus. … Freiheit für die Menschen in Irland und Palästina!“

Warum soll, wer meint, dass „Palästina“ am „Zionismus“ leide, nicht auch glauben, dass das Blut von Menschen wie Lyra McKee, David Black, Adrian Ismay und Michael McGibbon vergossen werden muss, um die armen Iren aus imperialistischer Knechtschaft zu befreien? Die Terroristen von Derry bis Gaza sind in ihrer Verblendung vereint. Der Wahn geht weiter.

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