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Westliche Technik in iranischen Drohnen bestätigt

Überreste einer von Russland gegen die Ukraine eingesetzten iranischen Drohne
Überreste einer von Russland gegen die Ukraine eingesetzten iranischen Drohne (© Imago Images / ZUMA Wire)

Bei der Untersuchung iranischer Drohnen, die Russland auf die Ukraine abgeschossen hat, fand eine Task Force der US-Regierung amerikanische und europäische Bauteile, die auch für zivile Zwecke eingesetzt werden.

Die Administration von US-Präsident Joe Biden hat eine umfangreiche Task Force ins Leben gerufen, die untersuchen soll, wie amerikanische und westliche Komponenten, darunter in den USA hergestellte Mikroelektronik, in jene iranischen Drohnen gelangt sind, die Russland zu Hunderten in der Ukraine einsetzt. Obwohl die USA strenge Ausfuhrkontrollen und Sanktionen verhängt haben, um den Iran an der Beschaffung hochwertiger Materialien zu hindern, sind Beweise aufgetaucht, die darauf hindeuten, dass der Iran sich eine Fülle kommerziell erhältlicher Technologie beschafft hat. 

Im vergangenen Monat untersuchte die in Großbritannien ansässige Forschungsorganisation Conflict Armament Research mehrere auf die Ukraine abgeschossene Drohnen und stellte fest, dass 82 Prozent ihrer Komponenten von Unternehmen mit Sitz in den USA hergestellt wurden. Laut einer Untersuchung der ukrainischen Streitkräfte und einer mit der US-Untersuchung vertrauten Quelle wurden in einigen der Drohnen unter anderem Prozessoren des in Dallas ansässigen Technologieunternehmens Texas Instruments sowie Motoren eines österreichischen Unternehmens gefunden, das sich im Besitz des kanadischen Konzerns Bombardier Recreational Products befindet. Beide Firmen haben jegliche Verwendung ihrer Technologie für illegale Zwecke verurteilt. 

Die anscheinend unbeabsichtigte Verstrickung von Texas Instruments und Bombardier und ihrer Technologien in die iranische Drohnenindustrie unterstreicht, wie mühelos preiswerte, für den zivilen Gebrauch bestimmte Produkte für militärische Zwecke umgerüstet werden können und oft nur knapp außerhalb der Grenzen von Sanktionen und Exportkontrollregelungen liegen.  

Die Ermittlungen haben sich in den letzten Wochen intensiviert, da die USA Informationen erhalten haben, wonach der Kreml im Rahmen eines Abkommens mit dem Iran die Errichtung einer eigenen Fabrik für die Drohnenproduktionin Russland vorbereitet. Laut einem CNN-Bericht hat der Iran bereits damit begonnen, Blaupausen und Komponenten für die Drohnen nach Russland zu liefern, um die dortige Produktion zu unterstützen, was eine dramatische Ausweitung der militärischen Partnerschaft der beiden Länder wäre. 

An der umfassenden amerikanischen Task Force, geleitet vom Nationalen Sicherheitsrat des Weißen Hauses, sind unter anderem Verteidigungs-, Außen-, Justiz-, Handels- und Finanzministerium beteiligt. Ein hochrangiger Beamter der Regierung bezeichnete sie als Teil eines »ganzheitlichen Ansatzes« für den Umgang mit dem Iran: von seinem harten Vorgehen gegen Demonstranten über das Atomprogramm bis hin zu seiner zunehmenden Rolle im Ukraine-Krieg.

Umgehung der Sanktionen

Das Drohnenproblem gilt jedoch als besonders dringlich, wurden doch in den in der Ukraine eingesetzten iranischen Drohnen eine große Anzahl von in den USA hergestellten Komponenten gefunden, von denen viele erst in den letzten Jahren produziert wurden. Conflict Armament Research stellte fest, dass die im November untersuchten Drohnen über »hochwertige technologische Fähigkeiten« verfügten, darunter Sensoren und Halbleiter taktischer Qualität, die außerhalb des Irans beschafft wurden, was bedeutet, dass der Iran Mittel und Wege gefunden hat, die gegen ihn verhängten Sanktionen zu umgehen. 

Deshalb bestand eine der ersten Aufgaben der neu gegründeten Task Force in der Aufforderung aller amerikanischen Unternehmen, deren Komponenten in den Drohnen gefunden wurden, ihre Lieferketten genauer zu überwachen. Es gebe jedoch keine Beweise für den wissentlichen Einsatz deren Technologie in den iranischen Drohnen, was auch die Arbeit der Task Force so schwierig mache, heißt es aus Washington. 

Obendrein ist die Zurückverfolgung der Lieferketten der Mikroelektronikindustrie, auch insofern schwierig, als viele Produkte für zivile Zwecke online erhältlich sind und die Branche in hohem Maße von Drittanbietern und Wiederverkäufern abhängig ist. Darüber hinaus sind Mikrochips und andere kleine Teile, die in den Drohnen eingebaut werden, nicht nur preiswert und weit verbreitet, sondern aufgrund ihrer Größe leicht zu verstecken und damit illegal in den Iran zu bringen. 

Auch mit ausländischen Verbündeten muss sich die amerikanische Task Force abstimmen, da die in den iranischen Drohnen verwendeten Komponenten nicht nur von US-Unternehmen hergestellt werden. Die Untersuchung von Conflict Armament Research kam zu dem Ergebnis, dass »mehr als 70 Hersteller aus 13 verschiedenen Ländern und Gebieten« die Komponenten in den untersuchten Drohnen produziert hatten.

Dabei nutzt der Iran Scheinfirmen, um Ausrüstung in den USA und der EU zu erwerben, die einen doppelten Verwendungszweck haben, wie zum Beispiel österreichische Triebwerke, die Teheran zum Bau von Drohnen verwenden kann, so das US-Finanzministerium, das im September gegen mehrere dieser Unternehmen Sanktionen verhängt hat. Auch das macht die Überwachung der Lieferketten zu einer Herausforderung, obwohl Experten meinen, dass amerikanische und europäische Konzerne für die Produktverfolgung viel mehr unternehmen könnten.

Laut einer im letzten Monat veröffentlichten Studie des in Washington ansässigen Institute for Science and International Security erwirbt der Iran möglicherweise auch nahezu exakte Nachbildungen westlicher Komponenten aus China. »China spielt eine größere Rolle als bisher angenommen, geht es darum, dem Iran die Herstellung und Lieferung von Drohnen an die russischen Streitkräfte zu ermöglichen«, heißt es in dem Bericht. »Es hat den Anschein, dass chinesische Unternehmen den Iran mit Kopien westlicher Waren beliefern, um Kampfdrohnen herzustellen.«

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