Wer steckt hinter Angriffen auf Demonstranten und US-Soldaten im Irak?

Verletzter bei Protesten im Irak (Imago Images/Xinhua)
Verletzter bei Protesten im Irak (Imago Images/Xinhua)

Pro-iranische Milizen sind höchstwahrscheinlich für die jüngsten Gewalttaten im Irak verantwortlich. In Bagdad und Washington wurde das bisher noch verleugnet.

Jonathan Spyer, The Jerusalem Post

Vergangene Woche wurde fünf Raketen auf den Ain al-Asad-Luftwaffenstützpunk in der irakischen Anbar-Provinz abgefeuert. In einem Teil der Basis sind US-Truppen untergebracht. (…) Zwei Tage später wurden Katjuscha-Raketen auf die Balad-Luftwaffenbasis abgeschossen, die sich 70 Kilometer nördlich von Bagdad befindet. Auch auf ihr sind amerikanische Soldaten und Vertragsbedienstete stationiert. (…)

Zusätzlich dazu, dass diese Angriffe gegen amerikanische Truppen und deren Einrichtung gerichtet sind, haben sie noch einiges gemein: Sie scheinen eher das Ziel zu haben, eine Nachricht übermitteln zu wollen, als Verletzungen oder gar Todesopfer unter den US-Soldaten zu verursachen. Und es sticht hervor, dass sich keine Gruppe oder Organisation zu ihnen bekannt hat.

Die Angriffe geschehen vor dem Hintergrund anhaltender Unruhen und einer chaotischen Sicherheitslage im Irak. (…) Über 400 Iraker sind getötet und Tausende mehr verletzt worden, seit die Proteste Anfang Oktober begannen. Am Sonntag brach die Gewalt aus, als bewaffnete Männer von Pickup-Trucks aus ein Gebäude nahe der Sinak-Brücke angriffen, dass von Demonstranten besetzt war. Das Haus wurde angezündet, die Demonstranten wurde mit scharfer Munition ins Feuer genommen, als sie daraus flüchteten.

Der Angriff ereignete sich nur einen Tag nach einer Serie von mysteriösen Messerangriffen, bei denen einige Demonstranten am Tahrir-Platz schwer verletzt wurden. Wie bei den Angriffen auf die Ain al-Asad-Basis und andere Stützpunkte der Amerikaner, hat keine Organisation die Verantwortung die Tötung von Demonstranten übernommen. (…)

Die Indizien legen nahe, das in all diesen Fällen die Täter aus schiitischen Milizen kommen, die vom Iran unterstützt werden und heute die stärksten und mächtigsten politischen wie paramilitärischen Kräfte im Land darstellen. (…)

Wenn aber von Anfang an klar war, dass vom Iran unterstützte Milizen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit sowohl für die Angriffe auf Stützpunkte, auf denen US-Soldaten stationiert sind, als auch für das Abschlachten von Demonstranten verantwortlich sind, welchen Grund gibt es dann für die Zurückhaltung, die irakische und (bis vor Kurzem) amerikanische Offizielle an den Tag gelegt haben?

Die Antwort lautet: Sobald ein bestimmter Akteur als Urheber der gewalttätigen Aktionen identifiziert ist, folgt daraus die Notwendigkeit einer Antwort. Doch die politische Klasse des Irak ist entweder selber auf der Seite der iranisch-unterstützten Milizen, oder hat schreckliche Angst davor, dass ein Vorgehen gegen die Milizen den Bürgerkrieg erneut aufleben lassen könnte.

Die Vereinigten Staaten wiederum waren bisher nicht willens, die zunehmend unabweisbare Erkenntnis zu akzeptieren, dass ihre Irak-Invasion 2003 den Grundstein für den Aufstieg pro-iranischer Schiiten gelegt hat, die jetzt versuchen, die noch übrig gebliebenen US-Truppen aus dem Land zu vertreiben.

Wenn die Wirklichkeit zu schmerzlich oder schreckenerregend ist, um ihr in die Augen zu sehen, neigen politische Klassen – nicht anders als Individuen – manchmal dazu, sich hinter ihrer Verleugnung zu verstecken. Es macht den Anschein, als wäre das die Lösung des Rätsels von Bagdad.“

(The Riddles of Baghdad. Who is killing Iraqi demonstrators and who is firing at US bases?, 13. Dezember 2019)

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