Die Autorin Mirna Funk erzählt, warum sie sich während des Gazakriegs 2014 in Tel Aviv sicherer fühlte als während der militärischen Auseinandersetzungen 2021 in Deutschland.
Mirna Funk im Interview mit Till Schmidt, taz
Nach jahrelanger bezahlter und unbezahlter Bildungsarbeit bin ich nun realistischer geworden. Wie viele andere hatte ich in den Maiwochen das Gefühl, dass das, was wir machen, Sisyphusarbeit ist. Wir machen und machen ohne Ende – und letztlich gibt es so viele und so massive Enttäuschungen, auch bei Leuten, die ich eigentlich anders eingeschätzt hatte. Anders als 2014 war ich im Mai aber nicht in Tel Aviv, wo ich über drei Monate hinweg den Raketenalarm, den Raketenhagel und das damals schon online stattfindende antisemitische Aufbegehren erlebte.
Mit dem ganzen Antisemitismus und Antizionismus musste ich mich damals im Alltag nicht wirklich auseinandersetzen, allenfalls online. Ich fühlte mich damals vor Ort, in Tel Aviv, sogar sicherer als in den Maiwochen hier in Deutschland. Denn dieses Mal habe ich eine Erfahrung gemacht, die ich noch nicht kannte: Angst zu haben, das Haus zu verlassen und mir von fremden Leuten auf der Straße dummes Zeug zu Israel anhören zu müssen.
Als öffentliche Person, die sich gegen Antisemitismus klar positioniert, stehe ich noch mehr im Fadenkreuz als im Sommer 2014. Das führte auch dazu, dass ich Hunderte Nachrichten auf Instagram bekam, in denen ich beschimpft oder mir gedroht wurde.
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