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Wer profitiert vom israelisch-libanesischen Seehandelsabkommen?

Israelisches Förderschiff im Karish-Gasfeld vor der Küste von Haifa
Israelisches Förderschiff im Karish-Gasfeld vor der Küste von Haifa (Quelle: JNS)

Von einem erfolgreichen Abschluss des Abkommens werden nicht nur der Libanon und Israel, sondern auch Europa profitieren.

Yaakov Lappin

Das sich abzeichnende israelisch-libanesische Abkommen über die Seegrenze und die Erdgasförderung, das unter Vermittlung der Vereinigten Staaten zustande gekommen ist, wird sowohl dem Libanon als auch Israel finanziell zugutekommen, stellt aber auch einen Sieg für die vom Iran unterstützte Hisbollah dar, sagte ein ehemaliger Beamter der israelischen Verteidigungskräfte (IDF).

Brigadegeneral a. D. Erez David Maisel ist wissenschaftlicher Mitarbeiter der Geschichtsabteilung der IDF und des Alma-Forschungs- und Bildungszentrums, das sich auf Israels Sicherheitsprobleme an seiner Nordgrenze spezialisiert hat. Darüber hinaus ist er auch ehemaliger Leiter der Abteilung für internationale Zusammenarbeit der IDF, die für die Beziehungen der Armee zu anderen Streitkräften zuständig ist.

Maisel fügte hinzu, dass nicht nur der Libanon und Israel, sondern auch Europa von dem geplanten Abkommen profitieren werde, da es gerade jetzt, in Zeiten des Energiemangels, Erdgas aus Israel erhalten könnte. Er fügte hinzu, die Gasbohrinseln, die von Israel und dem Libanon gemeinsam betrieben werden, könnten zu einer » gesicherten gegenseitigen Entwicklung« und zur Stabilisierung der bilateralen Beziehungen beider Länder beitragen. Gleichzeitig warnte er davor, das Abkommen könne auch einen großen Gewinn für die Hisbollah und ihren Anführer Hassan Nasrallahs darstellen, da es die Kontrolle der schiitischen Bewegung über den Libanon, stärke.

Die Macht der Hisbollah, so der Experte, sei immer größer geworden, und de facto habe die Terrorgruppe bzw. Partei ein Vetorecht bei der nächsten Präsidenten-Wahl, die für den 31. Oktober angesetzt ist. Doch ohne die Anerkennung dieses Vetorechts durch den libanesischen Staat werde es kein Gasabkommen mit Israel geben. Darüber hinaus konnte die Hisbollah ihr »Widerstandsnarrativ« stärken, indem sie behauptete, ihre militärischen Angriffe gegen israelische Gasbohrinseln hätten den jüdischen Staat zu Zugeständnissen gezwungen.

Maisel sagte, das Abkommen basiere auf einem Entwurf, der im Jahr 2012 vom damaligen US-Vermittler Frederic C. Hof ausgearbeitet und von Israel akzeptiert, von der libanesischen Seite jedoch torpediert worden war. »Das aktuelle Abkommen ist stark beeinflusst durch das Karish-Gasfeld (Israel), durch die Aussicht auf das Qana-Gasfeld (Libanon), das europäische Ringen um Energieressourcen als Alternative zu Russland und durch die Drohungen der Hisbollah.«

Schwerpunkt Wirtschaftszonen

Er wies darauf hin, dass es in dem Abkommen nur um die Abgrenzung der ausschließlichen Wirtschaftszonen gehe, nicht aber um die offizielle Anerkennung Israels durch den Libanon oder die Beilegung von Grenzstreitigkeiten. Im Abkommen nicht erwähnt werden die Landgrenzen einschließlich der Blauen Linie, die auf der von den Vereinten Nationen festgelegten Linie des israelischen Rückzugs vom Jahr 2000 beruht, mit der die Resolution 425 (1978) des UN-Sicherheitsrats erfüllt wurde.

Das Abkommen wird von Israel und den USA bzw. dem Libanon und den USA unterzeichnet und bei den Vereinten Nationen hinterlegt, wodurch es sich nicht um ein bilaterales Abkommen handle, betonte Maisel. Vielmehr spiegelt es die amerikanische und europäische Anerkennung der israelischen Seegrenzen rund um die Bucht von Haifa wider und bewahrt den Status quo rund um das Grenzgebiet von Rosh Hanikra, indem es der Hisbollah dort die Präsenz verwehrt und die Anwesenheit der UNO-Interimstruppe im Libanon aufrechterhält.

Der Vertrag wird die Grenze zwischen den beiden Wirtschaftszonen auf der Grundlage der sogenannten Linie 23 ziehen und ein umstrittenes Gebiet von rund 840 Quadratkilometern dem Libanon zusprechen, während Israels Anspruch auf Lizenzgebühren aus dem Teil des Qana-Gasfelds anerkannt wird, der in die ausschließliche Wirtschaftszone Israels hineinreicht.

Kommt das Abkommen zustande, kann Israel über die schwimmende Bohrinsel des griechisch-britischen Unternehmens Energean sofort Erdgas aus Karish fördern, ohne sich auf eine erhebliche Eskalation der Sicherheitslage oder einen Krieg mit der Hisbollah einstellen zu müssen. Außerdem wird der Libanon dadurch in die Lage versetzt, das französische Unternehmen TotalEnergies SE mit der Kartierung der Offshore-Reserven zu beauftragen, auch wenn es wahrscheinlich noch mehrere Jahre dauern wird, bis Gas aus dem Qana-Feld in den Libanon fließt.

In einem vom Alma Center veröffentlichten Bericht wies Maisel auf die innenpolitische Realität des Libanon und deren Einfluss auf die Verhandlungen hin und erklärte, dass die Eliten des Landes um die Aufrechterhaltung ihrer Privilegien und Interessen ringen, »angesichts des Zusammenbruchs des libanesischen Staates, der katastrophalen wirtschaftlichen Lage, der sich verschlechternden christlichen und ›gemäßigten‹ schiitischen Demografie sowie dem zunehmenden Zusammenbruch der landesweiten Regierungsführung«.

Der Artikel erschien auf Englisch beim Jewish News Syndicate. (Übersetzung von Alexander Gruber.)

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