Erweiterte Suche

Wer führt den Likud in die – wahrscheinliche – Opposition?

Wird Netanjahu beim - wahrscheinlichen - Gang in Opposition Vorsitzender des Likud bleiben?
Wird Netanjahu beim - wahrscheinlichen - Gang in Opposition Vorsitzender des Likud bleiben? (© Imago Images / Xinhua)

Wird Benjamin Netanjahu Likud-Vorsitzender bleiben, oder setzen sich die erklärten Herausforderer Yuli Edelstein und Nir Barkat durch?

Morgen ist der Tag der Entscheidung ob die Koalition Lapid-Bennet-Saar 61 von 120 Stimmen in der Knesset erhält und damit die nächste Regierung Israels bilden kann. Es wäre allerdings nicht das erste Mal in der Geschichte Israels, dass Mandatare aufgrund von Versprechungen der Gegenseite oder aus ideologischen Gründen die Seite wechseln.

Der Likud von Benjamin Netanjahu hat auf ihrer Kandidatenliste für etwaige Neuwahlen schon einmal drei Plätze für bislang unbekannte „Neuerwerbungen“ freigehalten. Aber es gibt im Moment keine Anzeichen, dass ein solcher „Spin2 Erfolg haben könnte. Auch der zeitweise als Überläufer gehandelte Abgeordnete aus Bennetts Yamaina-Partei Nir Orbach scheint der Parteilinie zu folgen.

Die Wegweiser für Netanjahu zeigen also in Richtung Opposition. Nicht alle Abgeordneten und Funktionäre dürften Netanjahu dabei kritiklos folgen. Allein 17 der 30 Abgeordneten gutbezahlte Posten hatten als Minister oder Ministerstellvertreter. Der Opposition hingegen steht nur der Vorsitz in drei Kommissionen der Knesset zu.

Netanjahu würde am liebsten möglichst rasch die Vertrauensfrage in seiner Parteifrage stellen, um weitere Profilierungsversuche seiner Herausforderer – wie dem ehemaligen Knesset-Sprecher Yuli Edelstein und dem ehemaligen Bürgermeister Jerusalems Nir Barkat – zu verhindern.

Solch ein Verhindern des Aufbaus etwaiger Nachfolger hat bei Netanjahu schon Tradition und zählt zweifelsfrei zu seinen Schwächen. Sowohl Jisra’el Beitenu-Chef Avigdor Liebermann als auch Yamina-Vorsitzender Naftali Bennet und besonders Tikwa Chadascha-Gründer Gideon Saar der Netanjahu einst bei einer Wahl zum Vorsitz des Likuds offen herausforderte und verlor, sind ehemalige Likudniks. Im Likud ist denn jetzt auch die Kritik zu hören, dass Netanjahu nicht die Größe zeigen konnte, Saar nach der Niederlage ein Ministeramt anzubieten, um ihn weiter an die Partei zu binden.

Die Herausforderer

Yuli Edelstein stammt aus ärmlichen Verhältnissen aus der ukrainischen Sowjetrepublik und wurde von seinen Großeltern aufgezogen. 1977 suchte er um Auswanderung nach Israel an und erhielt keine Erlaubnis, woraufhin er zum „Refusenik“ wurde. 1984 wurde er als jüdischer Aktivist fälschlicherweise des Drogenbesitzes angeklagt und zu drei Jahren Zwangsarbeit in Sibirien verurteilt. Erst 1987 wurde er freigelassen und konnte nach Israel ausreisen.

Sein politischer Weg in Israel führte ihn von der Nationalreligiösen Partei zur Jisra’el ba-Alija-Partei, der ebenfalls aus der Sowjetunion stammenden Natan Sharansky und schließlich zum Likud. Von 2013 bis 2020 war er Vorsitzender (Sprecher) der Knesset und verkündete vergangenen Monat, dass er Netanjahu als Parteichef herausfordern würde, falls der Likud in die Opposition gehen muss.

Nir Barkat ist in Jerusalem geboren, seine Großeltern wanderten in der Mandatszeit aus Russland nach Palästina ein. Beim Militär erreichte er den Rang eines Majors und wurde im Libanonkrieg verwundet. Danach war im High-Tech Bereich tätig und gründete eine auf Virenabwehr spezialisierte Softwarefirma. Sein Vermögen wurde vor Jahren auf 122 Millionen Dollar geschätzt, weswegen er als Bürgermeister und später als Abgeordneter auf ein Gehalt verzichtete

2008 gewann er mit 52% zu 43% gegen einen Kandidaten der Ultraorthodoxen und wurde Bürgermeister von Jerusalem und. Besondere Popularität erreichte er 2015 als er persönlich einen palästinensischen Messerstecher überwältigte. 2018 legt er sein Bürgermeisteramt nieder um Knesset- Abgeordneter des Likud zu werden.

Barkat ist für sein Organisationstalent bekannt. Während er in der Vergangenheit gemeinsam mit Netanjahu erfolgreiche Auftritte bei Parteiveranstaltungen absolviert hatte, erklärte er schon vor einiger Zeit seine Bereitschaft, Netanjahu nachfolgen und ihn als Parteivorsitzenden ablösen zu wollen.

Es gibt somit zwei fähige Herausforderer, die anders als den Noch-Regierungschef kein Skandalgeruch umgibt. Es liegt an Netanjahu, ob er damit umgehen kann, ohne das nächste politische Porzellan zu zerschlagen.

Bleiben Sie informiert!
Mit unserem wöchentlichen Newsletter erhalten Sie alle aktuellen Analysen und Kommentare unserer Experten und Autoren sowie ein Editorial des Herausgebers.

Zeigen Sie bitte Ihre Wertschätzung. Spenden Sie jetzt mit Bank oder Kreditkarte oder direkt über Ihren PayPal Account. 

Mehr zu den Themen

Das könnte Sie auch interessieren

Wir sprechen Tachles!

Abonnieren Sie unseren Newsletter und erhalten Sie einen unabhängigen Blickzu den Geschehnissen im Nahen Osten.
Bonus: Wöchentliches Editorial unseres Herausgebers!

Nur einmal wöchentlich. Versprochen!