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Wer erschoss Shireen Abu Akleh?

Journalist (re.), der behauptet, Israel habe die Al-Jazeera-Reporterin erschossen
Journalist (re.), der behauptet, Israel habe Abu Akleh erschossen, mit der Totenbahre der Al-Jazeera-Reporterin (© Imago Images / ZUMA Wire)

Obwohl noch nicht geklärt ist, wer für den Tod der Journalistin verantwortlich ist, behauptet der TV-Sender Al Jazeera, dass Israel seine Mitarbeiterin getötet habe.

Kaum kam die Meldung, die Journalistin Shireen Abu Akleh sei von Kugeln in Jenin tödlich getroffen worden, vermeldete ihr Arbeitgeber, der in Katar ansässige Nachrichtensender Al Jazeera, sie sei »von israelischen Besatzungskräften angeschossen und getötet« worden.

Ihre Leiche wurde später von palästinensischen Forensikern untersucht, die gegen Abend bekannt gaben, es sei bislang nicht möglich zu bestimmen, wer die Kugel abgefeuert habe und ob sie von israelischen Soldaten oder palästinensischen Milizionären stammte.

»Eine erste Autopsie der Leiche von Abu Akleh durch palästinensische Gerichtsmediziner ergab, dass es noch nicht möglich‹ sei festzustellen, ob sie von Israelis oder Palästinensern getötet wurde.

›Die Kugel, die in ihren Körper eingedrungen ist, befindet sich in unserem Besitz und wurde zur weiteren Analyse ins Labor gebracht‹, sagte Gerichtsmediziner Ryan al-Ali vom Pathologischen Institut der An-Najah Universität in Nablus. Der Gerichtsmediziner konnte auch die genaue Entfernung, aus der die Kugel abgefeuert wurde, nicht bestimmen.«

Al Jazeera klagte in der Vergangenheit oft über die Repressalien, die der Sender etwa in Saudi-Arabien oder Ägypten erfahre und appellierte an Medienfreiheit und das Recht auf freie Berichterstattung. Auch als der Sender in vielen arabischen Ländern verboten war, konnte er weitgehend ungestört in Israel und den palästinensischen Gebieten arbeiten und von dort berichten, selbst wenn er nie einen Hehl aus seiner propalästinensischen Ausrichtung gemacht hatte.

Jedes Medium hat auch im Rahmen seiner journalistischen Sorgfaltspflicht ein Recht, in sKonflikten parteiisch zu sein, solange es dabei nicht zum Propagandaorgan verkommt. Was Al Jazeera allerdings gestern verlautbaren ließ, lässt durchaus die Frage zu, ob der Sender sich nicht eher als Partei in diesem Konflikt versteht, denn als – wenn auch parteiisches – Nachrichtenorgan:

»Ein Vierteljahrhundert lang hat sich Shireen Abu Akleh in Gefahr begeben, um über Kriege, Angriffe und die Aggression der israelischen Besatzung gegen Palästinenser zu berichten. Wir verurteilen das abscheuliche Verbrechen und machen die israelische Regierung und ihre Besatzungstruppen dafür verantwortlich.«

Wäre es nicht wenigstens geboten, eine unabhängige Untersuchung zu fordern und deren Resultate abzuwarten, anstatt sofort einen Schuldigen zu benennen? Und stellt man sich so die Arbeit einer Journalistin vor? Was Al Jazeera beschreibt, scheint eher die Tätigkeit einer Aktivistin gewesen zu sein, die für eine palästinensische Menschenrechtsorganisation unterwegs war.

Aber, und genau dies ist eines der großen Probleme bei der Berichterstattung über diesen Konflikt: in ihm gelten eben nicht die Regeln, die anderswo ganz selbstverständlich sind. Sofort wird ein anderes Maß angelegt und in einem anderen, schrillen Ton berichtet.

Für Abertausende Konsumenten von Al Jazeera war gestern schon klar: Eine der Mitarbeiterinnen des Nachrichtensenders wurde kaltblütig von einem israelischen Soldaten ermordet. Was spielt es da für eine Rolle, dass auch vierundzwanzig Stunden später noch niemand sagen kann, welche Seite sie wirklich erschossen hat?

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