Wenn die ARD-Sportschau Sympathie für politische Propaganda zeigt

Mayada Al Sayad (Quelle: JeLuF, CC BY-SA 4.0, cropped)

Spätestens seit den 1930er Jahren weiß die Welt, dass totalitäre Regimes den Sport nutzen bzw. missbrauchen, um politische Botschaften zu verbreiten. Umso verstörender ist es, dass diese Unart inzwischen auch in die Sportberichterstattung des öffentlich-rechtlichen deutschen Rundfunks eingesickert ist.

Auf der Website der Sportschau – der wichtigsten Sportsendung des deutschen öffentlich-rechtlichen Rundfunks – war dieser Tage in einem recht kurzen Text nicht weniger als dreimal von „Palästina“ die Rede, in unverschleiert politischer Absicht. Vordergründig war der Beitrag einem sportlichen Anlass gewidmet. Es ging um den skandalösen WM-Marathon in Katars Hauptstadt Doha, der bei hohen Temperaturen in der Nacht stattfand, während das Stadion mit gigantischen Klimaanlagen herabgekühlt wurde. Die Tatsachen, um die es geht – bzw. gehen sollte –, seien hier kurz aus dem Bericht der Tageszeitung Die Welt zitiert:

„Selbst zur Geisterstunde, als Katars Herrscher Scheich Tamim Bin Hamad al-Thani im Beisein von IOC-Präsident Thomas Bach den Startschuss gab, maßen die Thermometer noch 32,7 Grad. Die Luftfeuchtigkeit, die allen am meisten zu schaffen machte, betrug 73,3 Prozent. Schon beim bloßen Herumstehen lief der Schweiß in Strömen. Es war eine Zumutung, unter diesen Umständen auch noch 42,195 Kilometer laufen zu müssen. Auch viel Wasser trinken, gekühlte Handtücher und Schwämme oder Eis unter der Schirmmütze halfen nur bedingt, die Tortur in der Wüstenmetropole durchzustehen. 68 Läuferinnen begaben sich auf die Strecke, 28 stiegen vorzeitig aus. Zumeist wegen Dehydrierung. Manche wurden klitschnass auf Tragen gelegt und weggefahren, andere erst mal in den Rollstuhl gesetzt. Vor dem temporären Medizinzelt herrschte Ausnahmezustand. Noch nie war die Ausfallquote bei einem Weltchampionat so hoch.“

Starten für einen Staat, den es nicht gibt

Die Gesundheit der Athletinnen wurde aufs Spiel gesetzt, um eine Show für eine Diktatur zu veranstalten. Dieser Missbrauch des Sports ist der Skandal, dem sich auch der Bericht der Sportschau zu widmen scheint: „Marathon: Groteskes Rennen vor Geisterkulisse“ von Korrespondentin Bettina Lenner aus Doha. Doch die Schwerpunktsetzung ist eigenwillig. Der Text fängt so an:

„Als Mayada Al Sayad unter dem gleißenden Flutlicht nach 3:10:30 Stunden als 39. ins Ziel kam, blieb kaum noch Kraft zum Jubeln. Dabei hatte die Berlinerin vom VfL Fortuna Marzahn, die für Palästina startet, allen Grund dazu. Sie hatte den tropischen Temperaturen mit 32 Grad und 73 Prozent Luftfeuchtigkeit getrotzt und die 42,915 Kilometer bewältigt – das war einer ganzen Reihe anderer Athletinnen nicht gelungen.“

Der Beitrag über den Skandalmarathon in Doha beginnt also mit dem Lob der bravourösen Leistung einer Läuferin, die „für Palästina“ startet. Einen Staat „Palästina“ – wo Al Sayad sämtliche Mittel- und Langstreckenrekorde hält, von der 5.000-Meter-Distanz bis zum Marathon – gibt es freilich nicht. Laut Artikel IX des Interimsabkommens zwischen Israel und der PLO vom 28. September 1995 darf die Palästinensische Autonomiebehörde keine Außenpolitik machen, womit klar ist, dass sie schon gar nicht so tun darf, als wäre sie ein Staat.

Die PA und alle Länder, die (quasi-)diplomatische Beziehungen mit ihr pflegen, handeln völkerrechtswidrig. Das gilt auch für den internationalen Leichtathletikverband IAAF, der „Palästina“ als Mitglied aufgenommen hat. Die politischen Interessen, denen damit Rechnung getragen wurde, erkennt man daran, dass der IAAF dem Verband „Palästinas“ sogar eine Sondergenehmigung, eine sogenannte White Card, gegeben hat, am Marathonwettbewerb teilzunehmen, obwohl keiner seiner Leichtathleten die WM-Normen für Doha erfüllte.

Auch ein Blick auf die Facebookseite von Mayada Al-Sayad zeigt, dass sie eine politische Botschafterin in Sportkleidung ist: Am 7. Dezember 2017 postete sie ein Foto Jerusalems mit der Überschrift: „Jerusalem, Hauptstadt Palästinas“. Einer ihrer Follower kommentierte: „Eines Tages werden wir zurückkommen, um uns Palästina zurückzuholen.“ Am 29. Mai 2017 postete sie: „Endlich in Palästina angekommen.“ Dazu die Umrisse von Israel in den Farben der palästinensischen Kufiya und der PLO-Fahne. Mehrmals setzte sie Bilder des verstorbenen PLO-Chefs Jassir Arafat auf ihre Facebookseite. Einmal – am 9. November 2018 – postet sie Arafats Bild zusammen mit Herzchen und Arafats Kriegsnamen Abu Ammar.

ARD-Sympathie für politische Propaganda

Das alles wäre nicht sonderlich wichtig, wenn die Berichterstattung der Sportschau sich nicht dieser politischen, nun ja: Tendenz voller Sympathie anschließen würde. Wenn Bettina Lenner wenige Zeilen später schon wieder von „Palästina“ spricht – und diesmal nicht den Sportverband meint, sondern den Staat, aus dem Mayadas Vater angeblich kommt –, muss man sich schon fragen, ob es ihr überhaupt um Sport geht:

„‚Eigentlich dürfte man den Marathon nicht starten lassen bei diesen Temperaturen’, monierte ihre Mutter Antje, die ebenso wie Vater Mauwiyah, der aus Palästina stammt, an der Strecke mitfieberte.“

Mayadas Vater kam seinerzeit als Gastarbeiter in die DDR, doch wo war zu DDR-Zeiten „Palästina“? Und aus welchem Land stammt Mutter Antje eigentlich? Der Bericht verrät es nicht. Sie scheint bei weitem nicht so wichtig zu sein wie der Vater, „der aus Palästina stammt“. Geht es darum, möglichst oft „Palästina“ zu sagen? Das dicke patriotische Ende kommt erst noch:

„‚Man hätte die Weltmeisterschaft woanders austragen können‘, meint auch die Tochter, die dennoch mit Recht stolz war, ihr Ziel erreicht zu haben: ankommen. Nicht in Doha zu starten, und vielleicht stattdessen den am Sonntag stattfindenden Berlin-Marathon in ihrer Heimatstadt zu laufen, sei keine Option gewesen, so Mayada Al Sayad: ‚Es war mir wichtiger, an der Weltmeisterschaft teilzunehmen. Es ist eine Ehre für mich, für Palästina zu starten.‘“

„Stolz“, „Ehre“ und „Palästina“ bilden die Pointe eines Artikels, der eigentlich den skandalösen Bedingungen gewidmet sein soll, unter denen das Sportereignis stattfand. Dass Mayada Al Sayad für „Palästina“ brennt, ist allein ihre Sache. Sie kann selbst entscheiden, welches Hemd sie trägt und was draufsteht. Doch Sportschau-Korrespondentin Bettina Lenner scheint die Hitze ebenfalls zu Kopf gestiegen zu sein, mit Sportberichterstattung und dem in der Überschrift angekündigten Anliegen des Berichts hat all das nichts mehr zu tun.

Lenner bescheinigt Al Sayad, dass sie „mit Recht stolz“ gewesen sei, „ihr Ziel erreicht zu haben: ankommen“. An genau dieser Stelle wäre der Artikel zu Ende gewesen, wenn es wirklich darum gegangen wäre, über die „Hitzeschlacht“ zu berichten, über das „groteske Rennen vor der Geisterkulisse“, wie es die Schlagzeile suggeriert. Doch Lenner scheint eine andere Agenda zu haben. Den Bericht über einen Marathonlauf damit enden zu lassen, welche Ehre es sei, „für Palästina“ zu starten und dass der Berlin-Marathon deshalb keine Option sei, das ist Propaganda. Sie ist deshalb so perfide, weil sie im Mantel der Sportberichterstattung daherkommt, diese aber erkennbar nur ein Vehikel ist.

Nicht das erste Mal

Es ist nicht das erste Mal, dass die Sportschau auf diese Art Reklame für die völkerrechtswidrige Sezession „Palästinas“ macht. 2015 diente schon einmal ein Marathon als Vorwand:

„Die gebürtige Berlinerin Mayada Al-Sayad sorgte in Peking für ein Novum: Sie startete als erste Frau für Palästina bei einem WM-Marathon. Nach 2:53:39 Stunden kam sie auf Platz 50 völlig erschöpft ins Ziel und musste von Helfern gestützt werden. Die 22-Jährige hatte im vergangenen April beim Marathon in Hamburg in persönlicher Bestzeit von 2:41:44 Stunden die Norm für die WM-Teilnahme und für einen Start bei den Olympischen Spielen in Rio de Janeiro 2016 geschafft. Al-Sayads Mutter ist Deutsche, der Vater Mauwiya kommt aus Palästina. Die Idee, dass sie für das Heimatland ihres Vaters international starten könnte, hatte ein Bekannter des Vaters, der in der palästinensischen Botschaft in Berlin arbeitet.“

Es gibt keine palästinensische Botschaft in Berlin. Es gibt eine palästinensische Vertretung (auch die verstößt streng genommen freilich gegen Buchstaben und Geist der Osloer Abkommen).

Die DDR hatte zwischen 1974 und 1990 einen Ständigen Vertreter in Bonn. Ganz gewiss wird es in diesen 16 Jahren nie vorgekommen sein, dass dieser im öffentlich-rechtlichen Rundfunk der Bundesrepublik Deutschland als „Botschafter“ bezeichnet wurde – und wenn, dann wäre das ein ungeheuerlicher Fauxpas gewesen. Doch wenn es um Israel geht, dann dürfen Sportjournalisten Außenpolitik machen und mal eben eine „palästinensische Botschaft“ ins Leben rufen. Werden wir demnächst von Biathleten hören, die gerade ihren Wehrdienst in der palästinensischen Armee leisten?

Anti-Israel-Propaganda im Mantel der Sportberichterstattung

Geht man dieser Spur nach und sucht auf den Websites der öffentlich-rechtlichen Rundfunksender nach weiterer Anti-Israel-Propaganda im Mantel der Sportberichterstattung, wird man schnell fündig. Im Januar 2019 berichtete der Deutschlandfunk über Dschibril Radschub. Radschub ist der Chef des Palästinensischen Fußballverbands. Er verherrlicht die Ermordung von Juden, indem er sportliche Turniere und Fußballstadien nach Judenmördern benennt, möchte eine Atombombe auf Israel werfen und war im Herbst 2018 von der FIFA wegen seiner Hetze gegen ein israelisch-argentinisches Freundschaftsspiel mit Sanktionen belegt worden: Er hatte dazu aufgerufen, Trikots des argentinischen Nationalspielers Lionel Messi zu verbrennen, sollte dieser bei einem Testspiel gegen Israel auflaufen.

Man kommt nicht darauf, welche Überschrift der Deutschlandfunk seinem Porträt Rajoubs gab: „Fußball in Palästina: Tore für die Freiheitsbewegung.“ (!!!) Ebenso wie das Regime in Katar missbrauchen die öffentlich-rechtlichen deutschen Rundfunksender den Sport für ihre politischen Zwecke.

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