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„Welt“-Journalist in der Türkei inhaftiert

Wer in der Türkei den Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan kritisiert, ist in den Augen der Regierung wahlweise ein PKK-Anhänger, ein Gülenist, ein Kemalist, ein Alkoholiker, ein Herumlungerer, ein Dieb, ein Vaterlandsverräter oder ein Terrorist. Und immer droht den Kritikern, dass sie angeklagt werden. Wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Organisation, Spionage, Hochverrat oder auch nur, weil der empfindliche Herr Präsident sich mal wieder beleidigt fühlt.

Die Vorwürfe sind in nahezu allen Fällen nicht nur falsch, sondern geradezu absurd. Sie sind ein Beleg dafür, wie schlecht die von der konservativ-islamischen AKP geführte türkische Regierung mit Kritik umgehen kann und wie wenig Presse- und Meinungsfreiheit dort mittlerweile gelten. Daran ändert auch nichts, dass Erdogan selbst behauptet, die Türkei sei das Land mit der weltgrößten Pressefreiheit, und Festnahmen von Journalisten hätten nichts mit mangelnder Pressefreiheit zu tun.

Nun hat es Deniz Yücel getroffen, den Korrespondenten der Welt, einen kritischen Kopf und Kenner der Türkei. Yücel hat immer engagiert über die Türkei geschrieben, so wie es ein Journalist tun sollte. Der türkischen Regierung gefiel das nicht, weil sie unter Journalismus Hofberichterstattung versteht. Zuletzt berichtete Yücel darüber, wie Erdogan mit einer riesigen Troll-Armee Propaganda auf Twitter betrieb und wie die Regierung versuchte, Medien auf Linie zu bringen und Kritiker unter Druck zu setzen. (…)

Yücel wird Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung, Datenmissbrauch und Terrorpropaganda vorgeworfen. Das ist grotesk. (…) In Wahrheit geht es genau darum: einen Kritiker, den man nicht verbiegen kann, zum Verstummen zu bringen. Türkische Journalisten erleben das seit vielen Jahren, sie verlieren ihre Jobs oder gehen gleich ins Gefängnis. (…)

Es genügt nicht, der türkischen Regierung leise zu sagen, sie solle das doch bitte mal unterlassen – aus lauter Furcht, Erdogan könne, wie schon oft angedroht, den Flüchtlingsdeal platzen lassen. Es ist an der Zeit, deutliche Worte zu finden und politische und wirtschaftliche Konsequenzen folgen zu lassen auf das, was in der Türkei geschieht: die Abschaffung von Demokratie und Freiheitsrechten.“ (Hasnain Kazim: „Ein Drama, zu dem wir nicht schweigen dürfen“)

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