Aktuell scheinen die arabischen Länder eher zu Realpolitik in der Lage zu sein als Teile der Europäischen Union.
Alan Posener, Die Welt
Ich höre und lese immer wieder, die geplante Annexion einiger israelischer Siedlungen und des Jordantals durch Israel gefährde den Frieden. Welchen Frieden? Zwischen wem und wem? Die Hamas in Gaza und die Hisbollah im Libanon wollen keinen Frieden, sie wollen den jüdischen Staat zerstören. Die sogenannte Palästinensische Autorität in Ramallah hat keine Autorität, weshalb sie seit 14 Jahren nicht mehr wählen lässt. Schon gar nicht kann sie Krieg führen.
Und die Nachbarn? Syrien hat die Annexion der Golanhöhen schlucken müssen; die blutbeschmierte Führung in Damaskus hat andere Sorgen. Ägypten hat wie Saudi-Arabien und die Golfstaaten Angst vor den Muslimbrüdern, der Terrormiliz Islamischer Staat und dem Iran und kooperiert längst mit Israel gegen diese Feinde.
Wenn Israels Ostgrenze näher an den Iran heranrückt und damit zugleich eine Sperre gebildet wird gegen IS-Kämpfer, die aus Syrien oder dem Irak über Jordanien Richtung Westen stoßen, dürfte man in Kairo und Riad ebenso aufatmen wie in Amman, wo man lieber Israel im Rücken hat als eine korrupte palästinensische Führung, die jederzeit von der Hamas oder noch radikaleren Kräften gestürzt werden könnte.
Dass Israel bei einem Friedensschluss die größten Siedlungen im Austausch gegen andere Gebiete annektieren würde, ist allen Beteiligten seit Langem klar. Und dass eine israelische Militärpräsenz im Jordantal unerlässlich ist, auch. Derart realpolitisch zu denken ist in Teilen der Europäischen Union aus der Mode gekommen.