Ägyptens Schritte markieren eine neue Politik in der Region am Horn von Afrika. Das Ziel Kairos ist die Isolierung Äthiopiens zum Zweck ägyptischer Interessenssicherung.
Am 10. Oktober fand inmitten der Spannungen zwischen Somalia und seinem Nachbarn Äthiopien ein trilateraler Gipfel in der eritreischen Hauptstadt Asmara statt, an dem Präsident Isaias Afwerki, sein somalischer Amtskollege Hassan Sheikh Mahmoud und der ägyptische Präsident Abdel Fattah as-Sisi teilnahmen. Zur Diskussion standen Möglichkeiten zur Stärkung der Beziehungen zwischen den drei Ländern sowie die regionale Lage und die Bemühungen zur Festigung von Stabilität und Sicherheit am Horn von Afrika und Roten Meer.
In einer gemeinsamen Erklärung im Anschluss an das Gipfeltreffen hieß es, die Entwicklung und Vertiefung der Zusammenarbeit und Koordination zwischen den drei Staaten ziele darauf ab, »die Fähigkeiten der somalischen staatlichen Institutionen zu verbessern, um verschiedenen internen und externen Herausforderungen zu begegnen, die somalische Armee in die Lage zu versetzen, den Terrorismus in all seinen Formen zu bekämpfen, ihre Land- und Seegrenzen zu schützen und ihre territoriale Integrität zu wahren«.
Der saudische TV-Kanal Al-Sharq zitierte jedoch ungenannte Quellen mit der Aussage, der Besuch des ägyptischen Präsidenten in Eritrea habe darauf abgezielt, ein Abkommen über den Austausch von Geheimdienstinformationen und die militärische Zusammenarbeit zum Schutz der Handelsroute durch das Rote Meer abzuschließen. Ägypten und Eritrea haben zu diesem Punkt jedoch nichts verlauten lassen.
Diverse Spannungen
Die jüngsten Entwicklungen finden vor dem Hintergrund der Spannungen am Horn von Afrika seit letztem Januar statt, nachdem Äthiopien und die somalische Separatistenregion Somaliland ein Memorandum of Understanding unterzeichnet hatten, das es Addis Abeba erlaubt, im Austausch für diplomatische Anerkennung einen Marinestützpunkt in dem abtrünnigen Landesteil am Roten Meer zu errichten, was von den arabischen Staaten, allen voran Ägypten, als Verletzung der Souveränität Mogadischus abgelehnt wurde.
Somalia reagierte darauf mit der Unterzeichnung eines Militärkooperationsabkommens mit Ägypten, das es als ähnlich zu bestehenden Partnerschaften mit den Vereinigten Staaten, der Türkei, der Europäischen Union und den Golfstaaten bezeichnete. Ende August beschuldigte Äthiopien Ägypten, Somalia militärische Hilfe zu leisten, was »einer ausländischen Einmischung gleichkommt, die das Horn von Afrika destabilisieren könnte«.
Darüber hinaus gibt es auch Spannungen zwischen Ägypten und Äthiopien bezüglich des Renaissance-Staudamms, den Äthiopien an einer der wichtigsten Wasserressourcen des Nils, der Hauptwasserquelle Ägyptens, errichtet. Sowohl Kairo als auch Khartum lehnen den Staudamm ab, da er ihren Anteil am Wasser des Nils beeinträchtigt.
Ägyptische Interessen
Der Experte für afrikanische Angelegenheiten Abdel Nasser Al-Hajj kommentierte die neuesten Entwicklungen damit, dass Ägypten sich der Bedeutung der militärischen Zusammenarbeit und des Geheimdienstaustauschs mit den Ländern in der Region bewusst sei, wobei Eritrea eine ganz besondere Bedeutung zukomme. Die Kooperation sei von zentraler Notwendigkeit für Kairo, »um seine Fähigkeiten zum Schutz der internationalen Schifffahrts- und Handelsrouten vom Suezkanal und über das Rote Meer zu verbessern«. Ägypten habe auch Bedenken in Zusammenhang mit Äthiopiens Beharren auf den Betrieb des Renaissance-Staudamms, auf dem das Land »trotz der negativen Auswirkungen auf die nationale Sicherheit Ägyptens besteht«.
Laut dem ägyptischen Afrikaexperten Abdel Nasser Al-Hajj sei Äthiopien der größte Verlierer der sich abzeichnenden dreiseitigen Zusammenarbeit zwischen Ägypten, Somalia und Eritrea. »Das zeigt deutlich, dass Ägypten interveniert, um das Kräfteverhältnis am Horn von Afrika zugunsten des Schutzes seiner eigenen Interessen zu verändern und Somalia und Eritrea vor Sicherheitsbedrohungen zu schützen, die ihre Stabilität in Zukunft gefährden könnten.«
Darüber hinaus sagte der Kolumnist der in London ansässigen Zeitung Al-Arab, Mohamed Abu El Fadl, Ägypten habe begonnen, praktische Schritte zu unternehmen, »um sich Somalia militärisch und politisch anzunähern und es scheint, als gäbe es eine Wende in der ägyptischen Außenpolitik gegenüber der Region«.
Das ägyptische Interesse erstrecke sich über die Grenzen Somalias und Äthiopiens hinaus und ziele darauf ab, die Spannungen im südlichen Roten Meer in seinem Sinne abzubauen, um die Fahrt durch den Suezkanal zu sichern, die von vitalem wirtschaftlichem Interesse für das nordafrikanische Land seien. »Kairo hat seine Beziehungen zu Eritrea und Dschibuti ausgebaut, was es ihm ermöglicht, Äthiopien (politisch) einzukreisen.«