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Muslimbruderschaft spaltet sich weiter

Das ehemalige Hauptquartier der Muslimbruderschaft in Kairo während des Militärputsches 2013
Das ehemalige Hauptquartier der Muslimbruderschaft in Kairo während des Militärputsches 2013 (© Imago Images / ZUMA Wire)

Die Muslimbruderschaft befindet sich in einer Krise. Nach dem monatelangen Kampf zwischen zwei Fraktionen ist nun eine dritte unter dem Namen „Bewegung des Wandels“ aufgetaucht, die behauptet, die Organisation zu führen.

Auf einer Pressekonferenz am vergangenen Samstag in der Türkei kündigten einige Führer der Muslimbruderschaft die Bildung einer neuen Front an, die sich in das Ringen um die Führung der Organisation einschalten wird und sich »Bewegung des Wandels in der Muslimbruderschaft« nennt. Die neue Fraktion kündigte an, weiterhin die Politik als primären Weg zur Eroberung der Autorität einzuschlagen und zugleich alle ihr zur Verfügung stehenden Mittel einzusetzen, um das zu entfachen, was sie als »revolutionären Funken und den Besitz echter Druckmittel« bezeichnete.

Die Bewegung des Wandels gab auch einige ihrer Führer bekannt, unter denen sich mit Mohamed Montaser der ehemalige Mediensprecher der Muslimbruderschaft befindet sowie mehrere Gründer und Führer der bewaffneten Hasm-Bewegung, die in Ägypten und den Vereinigten Staaten als terroristische Organisation eingestuft wird. Der neuen Fraktion gehören auch Führer des »Bruderschaftskomitees« an, die dem verstorbenen Führer Muhammad Kamal treu ergeben waren und zwischen 2013 und 2016 in Ägypten bewaffnete Gewalt anwendeten und Anschläge verübten.

Immer stärkere Aufsplitterung

Die Bildung dieser mittlerweile dritten Fraktion innerhalb der Muslimbruderschaft erfolgte wenige Tage, nachdem die stärkste Front, die in London stationiert ist und vom amtierenden Obersten Führer der Muslimbruderschaft, Ibrahim Mounir, angeführt wird, ein neues Dokument veröffentlicht hatte, in dem erklärt wurde, dass sich die Muslimbruderschaft aus jeglichem Machtkampf in Ägypten zurückziehe.

Neben der Bewegung des Wandels und der Londoner Front kämpft auch noch eine dritte Fraktion um die Führung der Muslimbruderschaft, die vom ehemaligen Generalsekretär der Organisation, Mahmoud Hussein, angeführt wird und ihren Sitz in der Türkei hat, was bedeutet, dass sich die Bruderschaft in einem Machtkampf befindet, der zur einer immer stärker werdenden Aufsplitterung zu führen scheint.

Munir Adib, Experte für extremistische Bewegungen und Terrorismus, ist der Ansicht, dass das, was in der Bruderschaft geschieht, ein Zusammenbruch der Organisation und der dahinterstehenden Idee sei. 

»Vor Jahren gab es zwei Fronten in der Organisation. Die erste war die von Ibrahim Munir und Mahmoud Hussein und die zweite die der Kamaliten«, zeichnet er den Verfall nach. Die Gruppe um Munir und Hussein habe geglaubt, dass sie die Organisation repräsentieren und die Kamaliten, die Anhänger von Muhammad Kamal, die Ideen der Organisation verletzten. Muhammad Kamals Gruppe wiederum war überzeugt davon, dass Munirs und Husseins Gruppe von der Linie der Organisation abweiche, die vom Gründer Hassan al-Banna, dem Theoretiker Sayyid Qutb und dem Konzept des Dschihad vorgegeben wurde.

Laut Adibs Ausführungen spaltete sich die einst gemeinsame Front von Munir und Hussein später ihrerseits in zwei Fronten auf, jene in London und jene in Istanbul. »Der Konflikt, die Spaltung und der Streit zwischen diesen beiden Fraktionen hielt monatelang an, bis schließlich auch die Gruppe von Muhammad Kamal auf die Bildfläche zurückkehrte und die Bewegung des Wandels schuf, die vor einigen Tagen ihre Gründung bekannt gab, sodass der Kampf um die Führung der Bruderschaft nun zwischen drei Fronten stattfindet.«

Wie weiter?

Der Politikwissenschaftler und ehemalige Führer der Muslimbruderschaft, Islam Katatni, erklärte, die Organisation befinde sich in einer schwierigen Krise, in der sich die Spaltungen und Grabenkämpfe noch weiter vertiefen werden. Er meint, dass die Etablierung einer dritten Front, die Bewegung des Wandels, die Tür für die Gründung weiterer Fronten öffne, die in den kommenden Monaten an die Öffentlichkeit gehen könnten, wie zum Beispiel eine Bewegung, die sich »halb-unabhängig« nennt.

»Die Verschärfung der strukturellen Spaltung, das Entstehen neuer Fronten und Organisationen und die tobenden Konflikte innerhalb der Bruderschaft sind alles Faktoren, die bestätigen, dass die Gruppe nicht mehr in der Lage ist, unter einer einzigen Führung zu arbeiten, zumal jede Front ihren Gegner durch einen K.O.-Schlag zu Fall bringen will«, schloss Katatni seine Analyse.

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