We don’t need no Roger Waters

Roger Waters liebt es, im NS-Stil aufzutreten
Roger Waters scheint es zu lieben, im NS-Stil aufzutreten (© Imago Images / Manngold)

Der frühere Pink-Floyd-Sänger Roger Waters soll im kommenden Jahr einige Konzerte in Deutschland geben. Dagegen regt sich Protest, weil der 79-Jährige ein Israelhasser und BDS-Apologet ist, der immer wieder mit antisemitischen Äußerungen auffällt. Doch Veranstalter und Arena-Vermieter teilen mit, ihnen seien vertraglich die Hände gebunden. Eine allzu bequeme Position.

Nächstes Jahr im September wird Roger Waters, der einstige Frontsänger der britischen Band Pink Floyd, 80 Jahre alt. Ein veritabler Israelhasser ist er schon länger, aber inzwischen mag auch noch eine gute Portion Altersstarrsinn hinzugekommen sein, die diese Haltung verstärkt. 

Waters sieht sich als Opfer einer »jüdischen Lobby«, die besonders in der Musikindustrie mächtig sei, im Mai 2020 sang er bei einer »Nakba«-Veranstaltung, auf der die israelische Staatsgründung mithin als »Katastrophe« verdammt wurde, ein selbst komponiertes Lied, in dem es hieß: »Wir werden Hand in Hand gehen und uns das Land zurückholen und Bäume pflanzen, vom Jordan bis zum Meer.« From the river to the sea, das ist das Credo all jener, die den jüdischen Staat zerstört und vernichtet sehen wollen. Roger Waters gehört zu ihnen.

Der Sänger setzt den jüdischen Staat mit dem nationalsozialistischen Deutschland gleich; in einem Interview sagte er: »Es gab viele Menschen, die zwischen 1933 und 1946 so taten, als finde die Unterdrückung der Juden nicht statt. Nun gibt es ein neues Szenario, nur dass es jetzt die Palästinenser sind, die ermordet werden.« 

Auf seinen Konzerten lässt er schon mal einen aufblasbaren Ballon in Form eines Schweines platzen, auf dem neben einem Hakenkreuz auch ein Davidstern zu sehen ist. Waters unterstützt seit vielen Jahren die antisemitische BDS-Bewegung und ruft immer wieder Musiker dazu auf, nicht in Israel aufzutreten, so etwa die Band Radiohead, die sich davon jedoch nicht beeindrucken ließ. 

Unsinn zum Ukraine-Krieg

Als Waters im Jahr 2018 mehrere Konzerte in Deutschland gab, sahen sämtliche öffentlich-rechtlichen Sender, die seine Auftritte ursprünglich übertragen wollten, schließlich davon ab, sie auszustrahlen. Nun sind erneut Konzerte in Deutschland geplant, und wieder gibt es Proteste dagegen. 

Man könnte es vordergründig erstaunlich finden, dass die Veranstaltungen überhaupt anberaumt worden sind, schließlich fällt Waters nicht erst seit gestern mit antisemitischen Äußerungen auf. Doch seine Fangemeinde ist nach wie vor groß, teilweise gewiss trotz dieser Äußerungen – und vielfach mit Sicherheit auch genau ihretwegen.

Nicht nur zu Israel erzählt Roger Waters schauderhaften Unsinn, sondern auch zum russischen Krieg gegen die Ukraine. Für diesen Krieg macht er die NATO verantwortlich, den amerikanischen Präsidenten Joe Biden hält er für einen Kriegsverbrecher. An Olena Selensky, die Ehefrau des ukrainischen Präsidenten, schrieb der 79-Jährige einen offenen Brief, in dem es hieß, »extreme Nationalisten« in der Ukraine hätten das Land »auf den Weg zu diesem verhängnisvollen Krieg gebracht«. Nachdem der Rat der polnischen Stadt Krakau im September dieses Jahres eine Resolution verabschiedete, in der Roger Waters zur persona non grata erklärt wurde, sagten die Veranstalter dessen Konzerte in Polen ab.

Kölner Organisationen fordern Absage 

We don’t need no Roger Waters
Aufkleber, gesehen in Köln

Dazu ist es in Deutschland bislang nicht gekommen, auch nicht in Köln, wo Waters am 9. Mai 2023 in der Lanxess Arena spielen soll und wo sich bislang der stärkste Protest regt. Das Kölner Bündnis gegen Antisemitismus (BgA) und die Kölner Arbeitsgemeinschaft der Deutsch-Israelischen Gesellschaft (DIG) veröffentlichten bereits Ende Oktober eine Erklärung, in der sie die Arena und den Konzertveranstalter aufforderten, »die Reißleine zu ziehen und das Konzert zu canceln, ganz im Einklang mit den Aussagen der Resolution gegen jeden Antisemitismus des Rates der Stadt Köln vom 5. Juli 2018«. 

Weiter schrieben die beiden Gruppen:

»Will man antisemitische und verschwörungsideologische Aussagen und Handlungen wirklich im Bereich der Meinungsfreiheit verorten? Es zulassen, dass Roger Waters abermals unwidersprochen krude und gefährliche, das Existenzrecht Israels bestreitende Aussagen bzw. antisemitische Symbole verbreiten kann?

Oder zieht man in Köln eine klare Grenze und positioniert sich gegen Israelhass und Verschwörungsideologien auch im kulturellen Bereich? Wir fordern, ernst zu machen mit dem Bekenntnis aus der Resolution des Rates der Stadt Köln: ›Wer dem Ziel, Antisemitismus zu bekämpfen entgegensteht, darf in Köln keinerlei Unterstützung erfahren!‹«

Antisemitischen Hetzern keine Bühne bieten

Auch die Kölnische Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit positionierte sich klar gegen Waters‘ Auftritt. Ihr Vorsitzender Jürgen Wilhelm richtete an den Geschäftsführer der Lanxess Arena, Stefan Löcher, ein Schreiben, das Mena-Watch vorliegt. 

Darin heißt es, Waters mache »seit Jahren mit explizit antisemitischen Handlungen und Aussagen von sich reden«. Die Frage, ob man Künstler und Werk voneinander trennen sollte, wenn der Künstler problematische Ansichten vertrete, sei zwar generell komplex. Doch im Falle von Roger Waters liege »klar auf der Hand, dass der Künstler seine Medienpräsenz und seine Bühnenauftritte dafür nutzt, seine kruden und judenfeindlichen Verschwörungstheorien unter die Leute zu bringen«.

Jemandem wie Waters »keine Plattform zu bieten, würde bedeuten, einem Antisemitismus den Nährboden zu entziehen, der nicht nur auf einer abstrakten Ebenen zu verurteilen ist, sondern der ganz konkret eine Gefahr für Juden in Deutschland darstellt«, so Wilhelm weiter. Alle Bekundungen eines »Nie wieder« blieben »hohle Phrasen, solange Künstlern wie Roger Waters eine Bühne geboten wird, zumal er eine große Fangemeinde und somit eine große Reichweite hat«. Wilhelm forderte Löcher auf: »Bieten Sie antisemitischen Hetzern wie Roger Waters keine Bühne – sagen Sie das Konzert am 9. Mai 2023 ab!«

Synagogen-Gemeinde kritisiert Arena-Manager

Die Synagogen-Gemeinde Köln (SGK) wandte sich ebenfalls in einem Schreiben, das Mena-Watch vorliegt, an den Arena-Manager. »Als verantwortlicher Geschäftsführer sind Sie bereits verschiedentlich darauf aufmerksam gemacht worden, wes Geistes Kind Waters ist«, heißt es in dem Brief, den die Vorstandsmitglieder der SGK unterzeichnet haben. »Sie wurden eindeutig und detailliert auf seine antisemitische Einstellung hingewiesen und darauf, dass die Haltung und die Äußerungen von Waters der Beschlusslage im Kölner Rat zum Thema Antisemitismus als auch der des Deutschen Bundestages zum Thema BDS widerspricht.« 

Die Synagogen-Gemeinde hält Löcher vor, »die Bemühungen von Politik und Gesellschaft, Extremismus und Antisemitismus einzudämmen, [zu] unterlaufen, wenn Sie Waters auftreten lassen«. 

Der Kritisierte erklärte jedoch, eine Absage liege »nicht in unserer Hand«. Die Überprüfung des Vertrages habe keine Gründe für eine außerordentliche Kündigung ergeben. Insbesondere lägen »keine strafrechtlich relevanten Vorkommnisse wie Tatbestände der Volksverhetzung oder ähnliche Vergehen« vor, so Löcher. Sofern die Veranstaltung nicht »Gegenstand behördlicher Beschränkungen oder Verbote« sei, wolle er sie durchführen wie geplant, auch wenn er die Äußerungen von Waters »persönlich sehr problematisch« finde. 

Eine Frage des politischen Willens

Auch der eigentliche Veranstalter, das Unternehmen FKP Scorpio, hat sich zu Wort gemeldet. Es hat die Lanxess Arena für das Konzert angemietet und sagte bereits im Oktober: »Unsere Vertragsunterzeichnung und die damit verbundenen Verpflichtungen für die betreffenden Shows von Roger Waters fallen in eine Zeit, bevor der Künstler Aussagen getätigt hat oder wir Kenntnis über einzelne Statements hatten, die wir selbst problematisch finden und keinesfalls unsere eigenen Ansichten widerspiegeln.« Eine erstaunliche Äußerung, schließlich sind Waters‘ antisemitische Einlassungen seit Jahren weithin bekannt.

In München, wo Waters ebenfalls auftreten soll, argumentiert man derweil, es habe »keine rechtssicher vertretbare Möglichkeit« gegeben, dem Veranstalter des Waters-Konzerts die Olympiahalle nicht zu vermieten, obschon sowohl der Oberbürgermeister als auch andere Stadtpolitiker den Auftritt mehr als kritisch sehen. Letztlich sind es vor allem juristische Gründe, die Konzertveranstalter und Hallenvermieter gegen eine Absage geltend machen.

Gewiss: Es ist möglich, dass eine Kündigung der Verträge mit Waters zu Schadenersatzforderungen führen würde. Dennoch: Sollte in Deutschland wirklich nicht zu machen sein, was in Polen möglich gewesen ist, nämlich die Absage der Auftritte?

Das ist in erster Linie eine politische Frage, die sehr viel mit dem Willen und der Entschlossenheit zu tun hat, antisemitischen Äußerungen und Handlungen tatsächlich keinen Raum zu geben. Wenn man sich auf vermeintliche Sachzwänge zurückzieht und nur mit dem Strafrecht argumentiert, wird aus dem »Nie wieder« allzu oft ein »Da kann man nichts machen«. Krakau hat vorgemacht, wie es geht, und Roger Waters zur unerwünschten Person erklärt. Daran sollte man sich auch in Deutschland ein Beispiel nehmen.

Bleiben Sie informiert!
Mit unserem wöchentlichen Newsletter erhalten Sie alle aktuellen Analysen und Kommentare unserer Experten und Autoren sowie ein Editorial des Herausgebers.

Zeigen Sie bitte Ihre Wertschätzung. Spenden Sie jetzt mit Bank oder Kreditkarte oder direkt über Ihren PayPal Account. 

Mehr zu den Themen

Das könnte Sie auch interessieren

Wir sprechen Tachles!

Abonnieren Sie unseren Newsletter und erhalten Sie einen unabhängigen Blickzu den Geschehnissen im Nahen Osten.
Bonus: Wöchentliches Editorial unseres Herausgebers!

Nur einmal wöchentlich. Versprochen!