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Was „Israelkritiker“ gerne von Juden hören

Quelle: Kleine Zeitung GmbH - Own work / CC BY-SA 4.0

Sehr geehrte Frau Koren,

mit dem Interview mit Ari Rath unter dem Titel „Das ist nicht das Israel, das ich wollte“ in der gestrigen Ausgabe der Kleinen Zeitung ist es Ihnen wieder gelungen, einen Israeli/Juden ausfindig zu machen, der kein gutes Haar am jüdischen Staat bzw. an dessen Politik lässt und damit nur bestätigt, was der gemeine „Israelkritiker“ immer schon gewusst hat.

Da sich in dem Interview, wie in solchen Fällen üblich, bestenfalls Spurenreste der Wirklichkeit wiederfinden, gestatten Sie mir, kurz auf die offenkundigsten Unwahrheiten bzw. Verzerrungen hinzuweisen.

Rath behauptet, Israel und die Palästinenser seien „schon einmal an einem guten Punkt“ gewesen, als Mahmud Abbas „ein Einverständnis mit der Hamas erreicht hatte und eine Einheitsregierung bilden wollte.“ Warum sollte die Einbindung einer islamistischen Terrorgruppe, die von genozidalem Hass auf Juden und deren Staat getrieben wird, in eine palästinensische Einheitsregierung eine gute Sache gewesen sein?

„Da hat sich die Hamas verpflichtet, alle Abkommen der PLO mit Israel anzunehmen“, meint Rath. Das ist schlicht falsch: In Wahrheit meinte ein prominenter Funktionär der Terrorgruppe unmittelbar vor der Bekanntmachung der palästinensischen „Versöhnung“, dass jeder „betrunken“ sein müsse, der auch nur daran denke, dass die Hamas den bewaffneten Kampf gegen Israel aufgeben würde.

Und nach der Präsentation des ‚Versöhnungsabkommens‘ ließ die Hamas keinen Zweifel daran, dass sich an ihrer Haltung nicht das Geringste geändert habe und sie Israel niemals anerkennen werde. „The issue of Hamas recognizing Israel is a complete nonstarter“, brachte einer ihrer Funktionäre es knapp auf den Punkt.

Dass die Hamas sich verpflichtet habe, alle zwischen Israel und der PLO geschlossenen Abkommen anzunehmen, ist einfach eine durch nichts zu belegende Erfindung Raths.

Danach gefragt, woran der Oslo-Friedensprozess gescheitert sei, hat Rath einen Hauptverantwortlichen auf Lager: „Nicht nur, aber zum großen Teil ist daran Israel mit seiner fortgesetzten Siedlungspolitik in den Palästinenser-Gebieten schuld.“

So sehr der gemeine ‚Israelkritiker‘ nichts vom palästinensischen Terror gegen Israel hören will, der nach dem Beginn des Oslo-Friedensprozesses ein zuvor ungekanntes Ausmaß erreichte und dazu führte, dass das israelische Friedenslager angesichts der palästinensischen Gewalt resigniert zusammenbrach, so wenig ist bei Rath vom Terror gegen den jüdischen Staat die Rede, mit dem die Islamisten zuerst allein, ab September 2000 aber auch in bester Kooperation mit  Arafats PLO den Friedensprozess buchstäblich in die Luft jagten.

Als Premier habe Ariel Sharon erkannt, dass „auch die Palästinenser an der Seite Israels ihren eigenen Staat haben sollten“, und den Gaza-Streifen von jeglicher israelischer Präsenz geräumt. „Aber leider: die PLO war in Gaza zu schwach, die Hamas hat sie überwältigt und ist an die Macht gekommen“.

Rath lässt unerwähnt, dass die „leider“ zu schwache PLO sich genauso wie die Hamas am Terrorkrieg gegen Israel beteiligt hatte und sich die Al-Aqsa-Brigaden der Fatah Arafats (und heute Abbas‘) einen regelrechten Wettstreit mit der Hamas darum geliefert hatten, wer mit Selbstmordattentaten mehr Israelis ermorden konnte.

Aber wie gesagt: Vom palästinensischen Terror will Rath ohnehin nicht sprechen, und von dem, für den die angeblichen ‚Friedenspartner’ Israels auf palästinensischer Seite verantwortlich waren, erst recht nicht.

Frieden wäre erreichbar, meint Rath, wenn die Menschen eine wirtschaftliche Perspektive hätten. Warum sollte es denn unmöglich sein, aus dem Gazastreifen ein „Schanghai des Nahen Ostens“ zu machen? „Die Menschen dort sind einfallsreich. Wenn sie die gegen Israel gerichteten Tunnelsysteme erbauen konnten, warum sollen sie stattdessen nicht auch Maschinen und Hightech kreieren können?“

Auf die naheliegende Antwort, dass sich Gaza unter der Herrschaft einer islamistischen Terrororganisation befindet, die keinerlei Interesse an einem „Schanghai des Nahen Ostens“ hat, sondern die Bevölkerung zur Geisel im immerwährenden Krieg gegen Israel nimmt, kommt Rath nicht.

Dass die Hamas nach Israels Abzug aus dem Gazastreifen nichts Besseres zu tun hatte, als die Tausenden zurückgelassenen Gewächshäuser zu zerstören, war für jeden ein deutliches Zeichen ihrer Intentionen und Ziele, der nur bereit war hinzusehen.

„Natürlich müsste die Hamas das Existenzrecht Israels anerkennen. Das könnte dann eine Lösung sein, um diese Tragödie zu beenden.“ Was kümmert es Rath schon, was die Hamas zum Thema „Existenzrecht Israels“ zu sagen, wenn die Lösung doch so einfach wäre?

Die Ignoranz gegenüber dem, wofür die Feinde Israels stehen, woran sie glauben und was sie tun, ist eines der wesentlichen Kennzeichen all derer, die die Schuld für die Fortdauer des Konflikts stets bei Israel suchen und den jüdischen Staat für den Hass verantwortlich machen, den Mörderbanden wie die Hamas ihm entgegenbringen.

Wie die Antisemiten früher überzeugt waren, dass die Juden selbst schuld an ihrer Verfolgung seien, zweifeln die „Israelkritiker“ von heute keine Sekunde lang daran, dass Israel für den Krieg verantwortlich sei, von dem seine Feinde einfach nicht ablassen wollen. Wenn dieses Ressentiment noch dazu von Juden und/oder Israelis bestätigt wird, umso besser. Rath hat seinen Beitrag dazu geleistet, das nächste Barenboim-Interview ist sicher schon vereinbart.

Mit freundlichen Grüßen,
Mag. Florian Markl
Medienbeobachtungsstelle Naher Osten (MENA)

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