Was explodierte im Hafen von Beirut?

Der Unglücksort im Hafen von Beirut. (imago images/Xinhua)
Der Unglücksort im Hafen von Beirut. (imago images/Xinhua)

Fast 3.000 Tonnen eines explosiven Stoffes befanden sich seit sechs Jahren am Unglücksort. Mehrere Anläufe, ihn weg zu bringen, scheiterten.

Christoph Reuter/spiegel.de

Bereits im Oktober 2013 war der unter moldawischer Flagge fahrende Frachter Rhosus mit 2750 Tonnen des hochexplosiven Stoffs Ammoniumnitrat auf dem Weg von Georgien nach Mosambik im Mittelmeer unterwegs gewesen. Der Stoff wird zur Herstellung von Düngemitteln und Sprengstoff genutzt.

Vermutlich wegen eines Maschinenschadens hatte die Rhosus den Hafen von Beirut angelaufen. Ausweislich eines Berichts des Monitordienstes FleetMon vom Juli 2014 war das Schiff anschließend in Beirut festgesetzt worden. Die vierköpfige Besatzung, ein Russe, drei Ukrainer, durften das Schiff nicht verlassen. Niemand fühlte sich verantwortlich, die „schwimmende Bombe“ wieder flottzumachen: Der Besitzer, ein Russe mit Wohnsitz auf Zypern, „kommuniziert nicht, schickt keine Gehälter, keine Unterstützung“, so FleetMon damals. Der Besitzer der Ladung habe sie als aufgegeben gemeldet. Aber auch die libanesischen Behörden unternahmen nichts, um der Rhosus das Verlassen des Hafens wieder zu ermöglichen. Nach einem längeren Rechtsstreit durfte die Crew ausreisen, das Schicksal des Schiffes ist unbekannt.

Die Ladung wurde 2015 an Land gebracht: in jene Lagerhalle 12, die Dienstag erst in Brand geriet, dann zum Epizentrum jener gewaltigen Explosion wurde. Die Halle war nicht besonders gesichert oder klimatisiert, wie das Sicherheitsstandards zur Lagerung von Ammoniumnitrat in anderen Ländern vorsehen.

Warum wurde die Ladung nicht an einen anderen Ort gebracht? Ein undatierter Aktenvermerk – mutmaßlich von der Hafenbehörde – führt auf, dass es 2014, 2015, 2016 und 2017 Anträge gegeben habe, die hochgefährliche Fracht aus dem Hafengelände herauszuschaffen, sie „entweder an den Entsender zurückzuschicken oder die notwendigen Schritte einzuleiten, sie an eine auf Sprengstoffe spezialisierte libanesische Firma verkaufen zu können“.

Nichts davon geschah. Bis es zu spät war.

(Aus dem Hintergrundbericht „So kam das Ammoniumnitrat in den Hafen von Beirut“, der auf spiegel.de erschienen ist).

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