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Was die palästinensische Versöhnung über die Hamas aussagt

Was die palästinensische Versöhnung über die Hamas aussagt„Als sie 2007 den Gazastreifen von der Fatah übernahm, erklärte die Hamas, die Übernahme bekrätige ihre Vision eines islamischen Palästina. Dass sie sich entgegen allen Erwartungen und gegen die ausdrücklichen Wünsche der Palästinensischen Autonomiebehörde (PA), Israels und eines Großteils der internationalen Gemeinschaft habe durchsetzen können, beweise, dass all diese Gegner, ihrer enormen Macht zum Trotz, zurückgedrängt werden könnten und dass es für fromme Muslime infolge des Aufstiegs der Hamas bergauf gehen würde. Vielleicht begannen die Probleme der Hamas, als sie anfing, ihrer eigenen Propaganda aufzusitzen. Im Namen ihrer frommen Hingabe an die Sache trieb sie den Gazastreifen von einer ideologischen Auseinandersetzung zur nächsten und zerrte seine leiderprobte Bevölkerung nicht nur mehrmals in kriegerische Konflikte mit Israel, sondern auch, für Außenstehende unerklärlicherweise, in den blutigen Bürgerkrieg zwischen der ägyptischen Armee und der Muslimbruderschaft, den einstigen Förderern und ideologischen Vorbildern der Hamas.

Seit Beginn der Herrschaft der Hamas im Jahr 2007 mit einer israelischen Blockade konfrontiert, war die Bevölkerung des Gazastreifens seit 2014 auch einer – infolge der dortigen Einmischung der Hamas von der ägyptischen Armee immer unerbittlicher durchgesetzten – ägyptischen Blockade ausgesetzt. Dieses Jahr begann Abbas’ PA, selbst den Geldhahn zuzudrehen, indem sie der von der Hamas angeführten Regierung im Gazastreifen Mittel zur Deckung von Grundleistungen wie Elektrizität vorenthielt. Da konnte die Hamas sich zwar in Anschuldigungen und Drohgebärden ergehen, dennoch wurde es für sie immer schwieriger zu behaupten, sie verbessere die Bedingungen im Gazastreifen.

Die politische Führung der Hamas hat die vergangenen zehn Jahre mit dem Versuch zugebracht zu beweisen, dass die Bewegung mehr als nur eine paramilitärische Organisation sei. Inzwischen hat der militärische Flügel der Hamas, der bei den letzten internen Wahlen die Kontrolle über die Organisation übernommen hat, geschlussfolgert, dass der Versuch, die Agenda und Vision der Hamas jenseits ihres Guerillakriegs gegen Israel auszuweiten, sich als Falle und Ablenkung erwiesen hat. Er halste der Organisation undankbare und monotone Aufgaben sowie die lahmlegende Verantwortung für die Zivilbevölkerung auf. Mit einem Mal war sie für das wirtschaftliche Wohlergehen, die Gesundheit, Bildung und Sicherheit von Millionen Menschen verantwortlich – und wozu? (…) Darum ging es überhaupt bei dem ganzen Versöhnungsprojekt. Die Hamas konnte ihre Waffen nicht aufgeben, da sie dabei war, ihr eigener, von äußerlichen zivilen Aufgaben befreiter militärischer Flügel zu werden. (…)

Die Anführer der Fatah sind nicht blöd. Sie wissen, dass der Preis für ihre erneute Übernahme des Gazastreifens darin besteht, dass die Hamas von ihren zivilen Verantwortungen befreit und somit befähigt wird, sich der militärischen Dimension der palästinensischen Agenda besser widmen zu können. Das bereitet ihnen Sorgen. (…) Die Anführer der Hamas sind zweifelsfrei erleichtert, dass die Verantwortung für das Elend im Gazastreifen nicht mehr bei ihnen liegt. Doch auch sie kommt die Versöhnung teuer zu stehen. Die Hamas hat letztlich eingestanden, dass sie unfähig ist, einem unter ihrer Kontrolle stehenden Gebiet Freiheit und Wohlstand zu bescheren. Den hartgesottenen Taktikern ihres militärischen Flügels mögen derartige Erwägungen gleichgültig sein. Wichtig sind sie dennoch. Mit ihrem Rücktritt von der zivilen Führung gibt die Hamas ihre eigene grundlegende strategische Schwäche zu erkennen, eine Schwäche, die sie mit ihrem neuen Verbündeten, der Hisbollah, teilt. Beide Gruppen sind zwar mächtig genug, um ihre Länder in einen Krieg zu zerren, ideologisch aber nicht flexibel oder aufgeschlossen genug, um eine bessere Zukunft herbeizuführen. Die Hamas hat eingeräumt, dass sie außerstande ist, dort wo Israel sich zurückgezogen hat, ein Palästina aufzubauen. Nun will sie das auch gar nicht mehr.“ (Haviv Rettig Gur: „The day Palestine gave up“)

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