Am 23. Juni 2020 kündigte die iranische Regierung eine umfassende 25-jährige Partnerschaft zwischen Iran und China an. Einem durchgesickerten Entwurf des 18-seitigen Abkommens zufolge läuft dies auf eine beispiellose wirtschaftliche, militärische und technologische Zusammenarbeit zwischen den beiden Staaten hinaus.
Ofira Seliktar / Farhad Rezaei, BESA Center
Die Beziehungen zwischen Peking und Teheran, die auf die „Schwenk-nach-dem-Osten“-Politik des ehemaligen iranischen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad zurückgehen, sind unter dem chinesischen Präsidenten Xi Jinping, der Chinas ehrgeizige Belt and Road Initiative (BRI) vorantreibt, aufgeblüht. Nach Angaben Chinas zielt die BRI darauf ab, durch massive Investitionen in Infrastruktur, Bildung und Technologie einen riesigen einheitlichen Markt in Asien, dem Nahen Osten und Afrika zu schaffen. Kritiker betrachten die BRI als ein oberflächlich getarntes Bemühen, die strategische und wirtschaftliche Vorherrschaft Chinas über einen großen Teil der Welt zu gewinnen.
Der Iran würde als regionale Drehscheibe für das BRI dienen und China einen außerordentlichen Spielraum in einem breiten Spektrum wirtschaftlicher Aktivitäten geben. Dazu gehören die petrochemische Produktion, erneuerbare Energien, zivile Kernenergie, Hochgeschwindigkeitseisenbahnen, Autobahnen, U-Bahnen, Flughäfen und Seeverkehrsverbindungen. (…)
Ein Abschnitt des Abkommens lässt einen außergewöhnlich hohen Grad der militärischen Zusammenarbeit zwischen den beiden Ländern erkennen. Dazu gehören u.a. die gemeinsame Entwicklung der Verteidigungsindustrie, der Austausch nachrichtendienstlicher Erkenntnisse und gemeinsame militärische Manöver. Frühere Berichte deuten darauf hin, dass China und der Iran an einem großen Waffengeschäft arbeiten, das zeitlich mit dem Ende des Waffenembargos des UN-Sicherheitsrates zusammenfällt. (…)
Die Vorteile dieser Vereinbarung für China liegen auf der Hand. Peking würde seine strategische Verlagerung in den indisch-pazifischen Raum ausbauen. China hat bereits eine Reihe von Häfen für Logistikstationen entlang des Indischen Ozeans nach Dschibuti und zum Suezkanal gebaut.
Eine dominierende Rolle im Iran würde Chinas Präsenz im Persischen Golf stärken, insbesondere durch den Hafen von Jask, der direkt an der Straße von Hormuz liegt. Der größte Teil des Öls der Welt wird durch diese Passage transportiert. Jask ist auch für die USA, deren Fünfte Flotte im nahe gelegenen Bahrain stationiert ist, von entscheidender Bedeutung. Eine starke chinesische Präsenz dort würde die jahrzehntelange strategische Vorherrschaft der USA über den Golf und Teile des Indischen Ozeans beseitigen.
Für die Iraner, die unter dem starken Druck der amerikanischen Sanktionen leiden, ist das Abkommen eine Rettungsleine. In dem Abkommen heißt es, dass beide Länder entschlossen sind, es „gegen den Druck eines Drittlandes“ umzusetzen: ein unmissverständlicher Hinweis auf die USA. Diese Formulierung impliziert die Drohung Chinas, gegen die von der Trump-Regierung verhängten harten Sanktionen vorzugehen.
Die Tageszeitung Kayhan, ein Sprachrohr von Ayatollah Khamenei, wies schnell darauf hin, dass China groß und stark genug ist, um dem amerikanischen Druck standzuhalten. Mehrere Analysten haben jedoch behauptet, dass die harte Sprache – und vielleicht sogar die gesamte Vereinbarung – eher eine PR-Übung sei: eine „Absichtserklärung“ beider Länder, den USA zu trotzen. Diese Analysten weisen darauf hin, dass viele der mehr als hundert Projekte, zu deren Bau sich China verpflichtet hat, möglicherweise nie verwirklicht werden.
Der Text „The Iran-China 25-Year Plan: A Preliminary Assessment“ von Ofira Seliktar und Farhad Rezaei ist zuerst beim BESA Center erschienen. Übersetzung von Alexander Gruber.