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Warum sich ein junger Mann in Gaza selbst verbrennt

Laut Hilfsorganisationen leben mehr als 70% der Menschen in Gaza unter der Armutsgrenze
Laut Hilfsorganisationen leben mehr als 70% der Menschen in Gaza unter der Armutsgrenze (© Imago Images / ZUMA Wire)

Anstatt endlich für eine funktionierende Wirtschaft und ein besseres Leben der Bevölkerung zu sorgen, beschuldigt die Hamas Israel, für die katastrophalen Zustände im Gazastreifen verantwortlich zu sein.

Mohammed Altlooli

Während die Führer und Funktionäre der Hamas und der mit ihr verbündeten Organisationen ein schönes und bequemes Leben führen und Investitionen in Millionenhöhe im Ausland getätigt haben, denken sie kein einziges Mal daran, Projekte in Gaza zu entwickeln, um das Leben der von ihnen regierten Bevölkerung zu verbessern.

Zwei Millionen Palästinenser in Gaza fühlen sich gekidnappt und sehnen sich seit Jahren nach einer Verbesserung ihrer Lage, aber niemand hört ihre Forderungen. Stattdessen erklärt die Hamas gebetsmühlenartig, die Wirtschaftskrise sei das Ergebnis der »israelischen Belagerung«.

Die Regierenden machen also Israel für die katastrophale Lage in Gaza verantwortlich, während die Bewohner wissen, dass diese Schuldzuweisung nichts anderes ist als ein Versuch, die berechtigten Forderungen der Bevölkerung zu missachten und sich der Verpflichtung zu entziehen, die die Hamas im Jahr 2007 übernommen hat, als sie durch ihren Putsch gegen die Palästinensische Autonomiebehörde die Macht in Gaza an sich gerissen hat.

Im Zuge ihrer Herrschaft begnügte sich die Hamas nicht nur damit, politische Gegner zu töten, den Gazastreifen mit Waffengewalt zu kontrollieren und jeden Protest und jede Demonstration zu verhindern, die sich gegen sie richtet. Vielmehr hat sie in den Jahren ihrer Herrschaft dazu beigetragen, zu Hass und Gewalt gegenüber Israel aufzurufen, dem sie die Schuld an ihrem eigenen Versagen gibt: an ihrem Unwillen, die Lage in Gaza zu verbessern.

Doch die Methoden der Täuschung und Einschüchterung, mit denen die Hamas die öffentliche Meinung zu beeinflussen versucht, werden immer offensichtlicher; etwa bei der Flucht von Abu Odeh, einem der einst einflussreichsten Funktionäre in der militärischen Führung der Hamas, der sich Ende Januar nach Israel abgesetzt hat.

Krise verschärft sich

Eine Krise folgt der nächsten, und jede Krise, die die Hamas nicht löst, führt zu einer noch ernsteren, sodass sich die Lebensbedingungen der Menschen permanent verschlechtern.

Die herrschende Armut und fehlende Arbeitsmöglichkeiten führen wiederum zu einer Eskalation der Krise: Diebstähle häufen sich und die Kriminalitätsrate steigt; die Zahl der Selbstmorde nimmt zu; der gesellschaftliche Neid auf Besserverdienende steigt und richtet sich gegen das eigene soziale Umfeld statt gegen die Führung, die schuld an der Misere ist.

Der jüdische Staat hat kein Interesse daran, dass sich die Situation der Menschen in Gaza immer weiter verschlechtert, weswegen es die Möglichkeiten für die Erlangung von Arbeitsgenehmigungen in Israel erweitert hat. Dass Israel den Bewohnern von Gaza mehr hilft als deren eigene Regierung ist eine Wahrheit, die die Machthaber, die doch eigentlich für die Bevölkerung verantwortlich wären, nicht gerne hören.

Vergleichen wir Israel mit der Hamas, fällt der Vergleich eindeutig zugunsten Israels aus: das sage ich nicht, weil ich Israels Handlungen beschönigen möchte: Israel ist grundlegend daran interessiert, dass die Menschen in Gaza erkennen, dass seine Politik ihnen zuträglicher ist als jene von Mahmud Abbas und der Hamas.

Hoffnungslose Lage

Wie hoffnungslos die Lage der unter der Hamas leidenden Menschen ist, zeigt etwa das Schicksal von Mohamed Ahmad, der sich in seiner Verzweiflung am 5. März selbst verbrannte, weil er glaubte, auf diese schreckliche Weise ein Fanal für die Bildung einer Protestbewegung zu setzen.

Mohamed Ahmad hoffte, ein Mohamed Bouazizi zu werden – jener tunesische Gemüsehändler, der sich im Jahr 2011 ebenfalls selbst verbrannte und dessen Verzweiflungstat die Tunesier dazu brachte, sich gegen ihre Regierung zu erheben, was als Beginn des »Arabischen Frühlings« angesehen wird.

Die Person Bouazizis wurde in Folge zum Symbol für eine arabische Jugend, die sich mit den Erniedrigungen und der Unterdrückung nicht mehr abfinden wollten, denen sie durch die verknöcherten Diktaturen der arabischen Welt ständig ausgesetzt waren.

Auch wenn Aktivisten die Tat Mohamed Ahmads über die Plattformen der sozialen Medien verbreitet haben, haben die Bilder nicht dazu beigetragen, dass sich eine Protestbewegung gebildet hätte. Auch wenn der Großteil der Bevölkerung die Hamas loswerden will, ist er zu schwach und zu eingeschüchtert, um sich gegen sie zu erheben.

Ich weiß nicht, wie man das ändern könnte und frage mich, was später einmal in den Geschichtsbüchern über die Menschen in Gaza stehen wird. Wird geschrieben stehen, dass sie schwach und kraftlos unter der Peitsche ihrer Henker verblieben? Oder wird geschrieben stehen, dass sie ihr Leben ändern konnten, indem sie sich aus den Händen von Dieben befreien konnten?

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