Die Türkei scheint über den Wahlsieg Donald Trumps erfreut zu sein, was sich durch die Übereinstimmung der Interessen in einigen Angelegenheiten erklären lässt.
Am 8. November, zwei Tage nach Donald Trumps Wahlsieg, bestätigte der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan, dass die zukünftige US-Regierung »das politische und militärische Gleichgewicht in der Region des Nahen Ostens stark beeinflussen wird« und erklärte, dass er auf »Telefondiplomatie« mit dem nächsten US-Präsidenten setze. Kurz zuvor hatte die offizielle türkische Anadolu Agency bekannt gegeben, Erdoğan habe ein »freundschaftliches Gespräch« mit Trump am Telefon geführt.
Zum Inhalt des Gesprächs sagte der türkische Präsident, Trump habe »positive Absichten hinsichtlich der künftigen Beziehungen zur Türkei geäußert und ich habe ihn eingeladen, unser Land zu besuchen. Ich hoffe, er nimmt unsere Einladung an.« Die Region, so Erdoğan, stehe vor zahlreichen Herausforderungen, darunter die Krise zwischen Russland und der Ukraine, wobei die Zusammenarbeit der Türkei mit den USA dazu beitragen könnte, diese Probleme zu lösen.
Der türkische Präsident bekräftigte auch die Absicht, entlang der Landesgrenzen zu den kurdischen Gebieten in Syrien und dem Irak einen »Sicherheitsgürtel« von dreißig bis vierzig Kilometern Breite zu errichten und fügte hinzu, Ankara werde seine »Gespräche mit Trump fortsetzen und besprechen, wie wir die Entwicklungen im Nahen Osten gestalten können«.
Die Kurden sind eines der Themen, bei denen Erdoğan auf Trump zählt. Der türkische Politikwissenschaftler und Autor Samir Al-Arki sagte diesbezüglich, dass »Ankara in Trumps erster Amtszeit Verständnis für seine Militäroperationen gegen die Kurden in Nordsyrien fand, sodass es im Januar 2018 die Operation Olivenzweig und im Oktober 2019 die Operation Friedensquelle startete, im Gegensatz zur Regierung Joe Biden, die sich weigerte, der Einrichtung einer Sicherheitszone in Nordsyrien zuzustimmen.«
Bezüglich des Kriegs in der Ukraine sagte Samir Al-Arki, dass auch hier Trumps Vision mit den Zielen der Türkei übereinstimme, an denen sie seit Ausbruch des Konflikts arbeitet, nämlich den Krieg zu beenden und durch Verhandlungen Frieden zu schaffen. »Die strategischen Befürchtungen der Türkei hinsichtlich einer Fortsetzung und Ausweitung des Kriegs sehen sich nur durch eine komplette Beendigung des Kriegs zerstreut, ein Ziel, das Trump während seines Wahlkampfs immer betont hat.«
Enge persönliche Beziehung
Erdoğan setzt auch auf seine enge Beziehung zu Trump. Der türkische Außenminister Hakan Fidan sagte am Samstag, Erdoğan habe eine enge persönliche Beziehung zu Donald Trump, auf die Ankara in Zukunft setzen möchte. Er selbst glaube nicht, dass es ein großes Problem mit den Vereinigten Staaten geben werde, »das heißt, wir werden keine Probleme haben, die Trump-Regierung und ihre Reaktionen zu verstehen«.
Während seiner ersten Amtszeit in den Jahren 2017 bis 2021 traf Trump den türkischen Präsidenten neun Mal, einmal empfing er Erdoğan sogar in Washington. Dies steht im Gegensatz zu dem Weg, den Joe Biden eingeschlagen hat, der weder die Türkei besuchte noch Erdoğan in die USA einlud.
Der Senior Fellow bei der Scowcroft Middle East Security Initiative Ali Baki sagte diesbezüglich, die allgemeine Stimmung in der Türkei sei, »dass es möglich sein wird, von der Trump-Regierung zu profitieren, insbesondere, wenn Präsident Erdoğan ihn persönlich von der Bedeutung der türkisch-amerikanischen Zusammenarbeit in der Region und der Lösung regionaler und internationaler Probleme überzeugen kann«.
Die türkische Seite glaube, dass Trumps Versprechen und sein der Auseinandersetzung mit China geschuldeter Wunsch, regionale und internationale Kriege zu beenden, Ankara sehr helfen könnte, seine Interessen zu verwirklichen. So gehe die Türkei davon aus, dass die Trump-Regierung ihre Streitkräfte aus Nordostsyrien abziehen und eine Einigung mit der Türkei über den künftigen Status Syriens ermöglichen wird.
Obwohl die Türkei also optimistisch in Bezug auf Trumps zweite Amtszeit ist und daraufsetzt, dass die Beziehung zwischen dem designierten US-Präsidenten und Erdoğan ihren Interessen dient, gibt es keine Garantie dafür, dass sich das, was in der ersten Amtszeit geschah, wiederholt. Dies gilt insbesondere bezüglich Syrien und der Kurden, weil sich mit der Eskalation des mit Baschar al-Assad verbündeten Irans in Bezug auf Israel seit 2021 massive Veränderungen im regionalen Kontext ergeben haben.