Warum Islamisten in Syrien mit Atatürk-Geldscheinen bezahlen

In Banken in Idlib werden syrische Pfund durch türkische Lira als Zahlungsmittel ersetzt
In Banken in Idlib werden syrische Pfund durch türkische Lira als Zahlungsmittel ersetzt (© Imago Images / ZUMA Wire)

Die Türkei nimmt die Krise der syrischen Währung zum Anlass, die von ihr kontrollierten Gebiete in Nordsyrien mit türkischer Lira zu fluten.

Fehim Tastekin, Al-Monitor

Der schwindelerregende Absturz des syrischen Pfunds am Vorabend der neuen US-Sanktionen hat Entwicklungen ausgelöst, die Nordsyrien wirtschaftlich von Damaskus abzuschneiden drohen. Inmitten der Währungsturbulenzen hat die Türkei große Mengen an türkischer Lira in nördliche Enklaven unter ihrer militärischen Kontrolle sowie in das von Rebellen gehaltene Idlib fließen lassen. Der Trend deutet darauf hin, dass Ankara eine „Türkische Lira“-Hoheit über die von ihr gehaltene Militärzonen anstrebt. (…)

Das syrische Pfund, das im Januar bei 940 Pfund zum Dollar gehandelt wurde, fiel am 8. Juni auf 3.000 Pfund gegenüber dem Dollar, während die Befürchtungen über die Auswirkungen der neuen US-Sanktionen im Rahmen des Caesar-Gesetzes wuchsen, die voraussichtlich am 17. Juni in Kraft treten werden. Auch die Bankenunruhen im benachbarten Libanon tragen zur Nervosität bei. Ankara jedoch sieht die syrische Währungskrise als Chance – und ergriff rasch Maßnahmen, obwohl seine eigene Währung in den letzten zwei Jahren stark angeschlagen war. (…)

Die Syrische Heilsregierung (SSG) in Idlib, die mit Hayat Tahrir al-Sham (HTS), der Jihadi-Gruppe, die die Provinz weitgehend kontrolliert, verbunden ist, kündigte eine ähnliche Währungsumstellung an. SSG-Finanzchef Ibrahim al-Ibrahim sprach von einer früheren Entscheidung, die Beschäftigten in diesem Jahr in Dollar zu bezahlen, aber wegen der Knappheit der Dollarscheine, sagte er, wurde beschlossen, türkische Lira zu verwenden, da die Beschäftigten sich dagegen wehren, in der stark gefallenen syrischen Währung bezahlt zu werden.

Währenddessen zeigten Bilder, die über soziale Medien verbreitet wurden, die Ankunft von Taschen voller türkischer Münzen und Stapeln von 5- und 10-Lire-Scheinen bei einer von der HTS kontrollierten Bank in Idlib. Einigen Quellen zufolge wurden auch 20-Lire-Scheine in Umlauf gebracht.

Die Türkei hat die HTS zwar gemäß einem Beschluss der Vereinten Nationen 2018 als terroristische Organisation eingestuft, aber niemand in Ankara scheint Skrupel zu haben, wenn es um Bankbeziehungen mit der HTS und die Umstellung auf türkische Währung in den von der Gruppierung gehaltenen Gebieten geht.

Offiziell will die Ankara die wirtschaftlichen Folgen der Sanktionen des Cäsar-Gesetzes in den von ihm kontrollierten Gebieten eindämmen, aber der türkische Schritt lässt Befürchtungen einer finanziellen Annexion unter militärischer Kontrolle aufkommen. Ankaras Außenpolitik ist traditionell abgeneigt gegenüber Sanktionen, etwa im Hinblick auf die damaligen UN-Sanktionen gegen den Irak unter Saddam Hussein. Im Falle Syriens hat die Türkei die US-Sanktionen jedoch begrüßt, da sie hofft, dass sie das Ende des syrischen Führers Baschar al-Assad herbeiführen werden.

Why is Ankara pouring Turkish liras into Syria?

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