Von Alex Feuerherdt
Nachdem die USA ihre Zuwendungen an die UNRWA drastisch gekürzt haben, ist das Palästinenserhilfswerk in finanzielle Schwierigkeiten geraten. Eine Geberkonferenz in Rom hat nun die Bereitstellung von 100 Millionen Dollar beschlossen. Auch die EU und die deutsche Regierung haben ausdrücklich die Fortsetzung ihrer Unterstützung bekundet. Dabei ist diese Einrichtung der Vereinten Nationen eines der größten Friedenshindernisse im Nahen Osten.
Die Vereinten Nationen betreiben bekanntlich zwei Flüchtlingshilfswerke: eines nur für die Palästinenser, nämlich die seit dem Frühjahr 1950 bestehende UNRWA, und eines für alle anderen Flüchtlinge auf dieser Welt, nämlich den UNHCR. Dazu kam es seinerzeit, weil sich die arabischen Staaten – vor allem Saudi-Arabien, der Libanon und Ägypten – weigerten, die Genfer Flüchtlingskonvention des UNHCR zu ratifizieren. Sie fürchteten, dass die arabisch-palästinensischen Flüchtlinge marginalisiert werden, wenn man sie zu allen anderen Flüchtlingen auf der Welt zählt und der Zuständigkeit des UNHCR überlässt. Schließlich sei ihr Leid, anders als das der anderen Flüchtlinge, direkt von den Vereinten Nationen verursacht worden, nämlich durch den Teilungsbeschluss der UN-Generalversammlung vom November 1947. Deshalb bestanden sie auf der Gründung eines eigenen Hilfswerks für die arabisch-palästinensischen Flüchtlinge.
Am Beginn der UNWRA stand somit eine Geschichtsklitterung: Nicht der arabische Krieg gegen Israel soll die Ursache des palästinensischen Flüchtlingsproblems gewesen sein, sondern der UN-Teilungsbeschluss. Die arabischen Staaten schoben die Schuld am Flüchtlingselend, das sie selbst hervorgerufen hatten, einfach auf die Vereinten Nationen. Hinzu kam: Die arabischen Staaten hatten zwar ein Interesse an externer Hilfe für diese Flüchtlinge, die in ihre Länder kamen. Aber sie lehnten ihre dauerhafte Aufnahme und Integration ab; die einzige Lösungsmöglichkeit, die für sie infrage kam, war die Rückkehr dieser Menschen – auf das Territorium, das nun zu Israel gehörte. Schließlich hätte eine Integration, gar eine Einbürgerung der Flüchtlinge deren Rückkehr obsolet gemacht sowie ihren Verzicht darauf und damit auch die Anerkennung Israels bedeutet.
Zu Beginn sah es die UNRWA als ihre hauptsächliche Aufgabe an, den Flüchtlingen bei der Integration zu helfen und die Wirtschaft in den Aufnahmeländern zu stärken, auf dass die Geflüchteten sich dort einfügen und unabhängig werden können. Da die arabischen Staaten und auch die Mehrheit der Flüchtlinge selbst das aber entschieden ablehnten und ein unverhandelbares Rückkehrrecht propagierten, entwickelte sich die Einrichtung stattdessen zu einer Art Wohlfahrtsorganisation, die in großem Umfang mit Versorgungsleistungen in den Bereichen Bildung, Gesundheit und Sozialfürsorge aufwartet. Die Abhängigkeit der Flüchtlinge von ihr wurde so mit der Zeit immer größer.
Der Flüchtlingsstatus wird mit dem Segen der UNRWA vererbt
Der Unterschied zwischen der UNRWA und dem UNHCR ist eklatant: Während der UNHCR seine Aufgabe darin sieht, die Probleme seiner Flüchtlinge zu lösen, besteht die Politik der UNRWA darin, die Probleme ihrer Flüchtlinge zu verewigen. Der UNHCR versucht, nötigenfalls eine neue Heimat für die Flüchtlinge zu finden, und hilft ihnen bei den Hürden und Formalitäten der Einwanderung. Die UNRWA dagegen hat, so schrieb sie es selbst anlässlich ihres 60-jährigen Bestehens, „kein Mandat, um dauerhafte Lösungen für die palästinensischen Flüchtlinge zu finden“.
Die Definition der UNRWA, wer als Flüchtling anzusehen ist, hat sich seit ihrer Gründung mehrmals geändert. Spielte anfangs noch die Bedürftigkeit eine Rolle, so entfiel dieses Kriterium später. Nach der heute gültigen Definition ist ein palästinensischer Flüchtling jeder, der „zwischen dem 1. Juni 1946 und dem 15. Mai 1948 in Palästina ansässig war und der sein Haus oder seinen Lebensunterhalt durch die Kriege 1948 oder 1967 verlor“ – sowie alle seine Nachkommen, sogar geschiedene Ehepartner mit einer anderen Staatsangehörigkeit. Das heißt, bei den Palästinensern wird der Flüchtlingsstatus – anders als bei allen anderen Flüchtlingen – bis heute vererbt. Die erdrückende Mehrheit der Palästinenser, die bei der UNRWA als „Flüchtlinge“ geführt werden – und dadurch ein Anrecht auf kostenlose Dienstleistungen in Bereichen wie Bildung, Gesundheitsfürsorge und Sozialhilfe haben –, ist also niemals geflohen, sondern erhielt diesen Status durch die Abstammung von „echten“ Flüchtlingen.
Antisemitismus als Bildungsprogramm
Die UNRWA ist die größte Einzelorganisation der Vereinten Nationen und mit rund 31.000 Mitarbeitern – davon sind bis auf knapp 200 alle Palästinenser – der zweitgrößte Arbeitgeber in den palästinensischen Gebieten hinter der Palästinensischen Autonomiebehörde. Die UNRWA betreibt das größte Bildungswerk des Nahen Ostens, „rund eine halbe Million Kinder lernen hier in 703 Schulen, dass sie Opfer israelischer Vertreibung sind, ein sakrosanktes ‚Rückkehrrecht‘ haben, das notfalls mit Gewalt durchgesetzt werden soll“, wie Gil Yaron in der Tageszeitung Die Welt schrieb. Die Verbindung der UNRWA zur Hamas ist entsprechend eng. In seinem Buch „UNRWA: A Roadblock to Peace“ präsentiert der israelische Journalist David Bedein zahlreiche Beispiele für die Kooperation der UN-Einrichtung mit Terroristen: Gedenkzeremonien für Hamas-Führer werden in UNRWA-Schulen abgehalten, UNRWA-Lehrer widmen sich nach Feierabend dem Raketenbau und werden im Falle ihrer Tötung in den UN-Schulen als ‚Märtyrer‘ gefeiert, UNRWA-Jugendclubs mutieren zu Terroristentreffs.
Hinzu kommt, dass das in UNRWA-Schulen verwendete Lehr- und Lernmaterial vor Antisemitismus nur so strotzt. Auf Landkarten ist der Staat Israel nicht existent, Juden haben laut den Schulbüchern keine heiligen Orte in Palästina, sondern bloß „gierige Ambitionen“. In einem Buch für Fünftklässler aus der Reihe „Unsere wunderschöne Sprache“ heißt es: „Wir kehren heim, zurück zu den Häusern, den Tälern, den Bergen, unter den Flaggen des Sieges, des Dschihad und des Kampfes, mit Blut, Selbstaufopferung, Brüderlichkeit und Loyalität.“ Immer wieder breiten Bildungseinrichtungen der UNRWA oder deren Personal außerdem ihre israelfeindlichen, islamistischen, der Hamas zugeneigten Aktivitäten auch in den sozialen Netzwerken aus.
Die UNRWA richtet unermesslichen Schaden an
Die USA, die zuvor einer der Hauptgeldgeber der Organisation waren, haben unlängst die Reißleine gezogen und ihre Zahlungen an die UNRWA drastisch gekürzt. „Wenn die Palästinenser nicht mehr bereit sind, über Frieden zu sprechen, warum sollten wir in der Zukunft irgendwelche dieser massiven Zahlungen an sie leisten?“, fragte Präsident Donald Trump. Nach Angaben des Handelsblatts haben die Vereinigten Staaten in diesem Jahr bisher nur 60 Millionen Dollar gezahlt; im vergangenen Jahr waren es 360 Millionen Dollar. Der Zeitung zufolge gibt es bei der UNRWA derzeit eine Finanzierungslücke von 450 Millionen Dollar. Nun hat eine Geberkonferenz in Rom auf Einladung von Schweden, Ägypten und Jordanien rund 100 Millionen Dollar von verschiedenen Ländern eingeholt, zudem stellt die Europäische Union ihre für dieses Jahr vorgesehenen 82 Millionen Euro sofort zur Verfügung.
Auch die deutsche Regierung bleibt bei ihrem Kurs. Sigmar Gabriel, bis vor kurzem Außenminister, erklärte wenige Tage vor seinem Ausscheiden aus dem Amt, die Bundesregierung stehe zu ihrer Förderung der UNRWA, die sich im vergangenen Jahr auf rund 80 Millionen Euro belaufen habe. Im Koalitionsvertrag sei vereinbart worden, sich „für eine nachhaltige Finanzierung der Organisation“ einzusetzen. Außerdem werde Deutschland „unter unseren europäischen Partnern und bei wichtigen Akteuren in der Region dafür werben, dass [die] UNRWA [ihre] wichtige Arbeit fortsetzen kann und ein finanzieller Kollaps abgewendet wird“. Schließlich leiste die Organisation „unverzichtbare Arbeit unter anderem mit der Ausbildung von Jugendlichen und bei der medizinischen Versorgung“.
Ganz offensichtlich ist man in Europa, wo man sich geradezu obsessiv auf das Thema ‚israelische Siedlungen‘ kapriziert, nicht willens zu begreifen, dass es sich bei der UNRWA um eines der größten Friedenshindernisse im Nahen Osten handelt. Für ihre Fortexistenz gibt es keinen einzigen vernünftigen Grund. Von den palästinensischen Arabern, die 1948/49 im Zuge des Krieges flohen, aus eigenem Entschluss das Land verließen oder vertrieben wurden, leben heute noch etwa 30.000. Um sie könnte sich der UNHCR kümmern, alle anderen der über 5,3 Millionen bei der UNRWA registrierten Palästinenser sind schlicht keine Flüchtlinge und sollten unbedingt von der Illusion befreit werden, dass sie ein „Rückkehrrecht“ haben. Soweit sie hilfebedürftig sind, greifen andere humanitäre Programme. Gerade der Bildungsbereich muss der UNRWA dringend entzogen werden, weil sie darin einen unermesslichen Schaden anrichtet. Wer dieses „Hilfswerk“, das seinem Namen Hohn spricht, trotzdem weiterhin großzügig finanziert, trägt zur Perpetuierung eines Problems bei, dem nur ohne diese UN-Einrichtung beizukommen ist.