Solange die islamische Welt sich nicht selbstkritisch mit ihren hausgemachten Problemen auseinandersetzen möchte, wird sie weiter den „verschwörerischen Juden“ als Feindbild benötigen .
Abdel-Hakim Ourghi, Neue Zürcher Zeitung
Ich bin einmal pro Jahr in Algerien und würde es nicht wagen, in der Öffentlichkeit zu sagen, dass ich ein Freund Israels oder der Juden bin. Es dauerte Jahre, bis ich lernte, dass die Juden nicht die Feinde der Muslime und dass sie nicht anders als andere Menschen sind. Dies geschah nicht in Algerien oder einem anderen muslimischen Land, sondern erst in Deutschland.
Heute scheint es mir, dass die islamische Kultur ohne Feindbilder nicht überlebensfähig ist. Sie müssen aufbewahrt und aufrechterhalten werden, um zu verhindern, dass sie sich mit den eigenen, hausgemachten Problemen auseinandersetzen muss. Ihre seit Jahrhunderten andauernde Sinnkrise mit ihren politisch-wirtschaftlichen Dimensionen benötigt Israel, die Juden und den Westen als Feinde.
Denn nur so kann die ewige Opferrolle der Muslime gepflegt werden, und nur so glaubt man den inneren Frieden in den muslimischen Ländern und den muslimischen Gemeinden im Westen gewährleisten zu können. Die angebliche Schuld der Juden und des Westens setzt die eigene Übernahme von Verantwortung außer Kraft.
Israel und die Juden als Feind intensivieren nicht nur den Opferstatus der Muslime, sie machen auch die Verschwörungstheorien salonfähiger, die seit Jahrzehnten ein fester Bestandteil der muslimischen Sozialisation sind. So werden die Muslime in ständige Panik vor den Juden versetzt, indem man ihnen weismacht, die Juden agierten im Geheimen als Verschwörer, die nur einen Plan verfolgten: die Bekämpfung des Islam und der Muslime.
Weiterlesen in der Neuen Zürcher Zeitung: „«Du bist wie die Juden, du suchst nur Probleme!» – Wie ich als Muslim zum Antisemiten erzogen wurde“