Warum der Iran Demonstranten begnadigt

Das iranische Regime scheint demonstrieren zu wollen, dass es siegessicher ist
Das iranische Regime scheint demonstrieren zu wollen, dass es siegessicher ist© Imago Images / APAimages)

Das Mullah-Regime verfolgt eine Teile-und-herrsche-Politik, indem es iranischen Bürgern, die im Zuge der Demonstrationen der letzten Monate inhaftiert wurden, ihre Strafe erlässt.

Das iranische Regime, von dem kürzlich berichtet wurde, Personen, die getanzt haben, zu einer zehnjährigen Haftstrafe verurteilt zu haben, hat verlautbart, Menschen, die während der Proteste der letzten Monate festgenommen worden waren, eine Amnestie anzubieten. Die am Sonntag bekannt gegebene Entscheidung des Obersten Führers Ayatollah Ali Khamenei stand prominent auf den Titelseiten der regimetreuen Medien, was bedeutet, dass der Iran mit diesem Schritt nicht nur vor dem Westen prahlt.

Vielmehr wolle das Regime auch seiner eigenen Bevölkerung demonstrieren, den Sturm überstanden und die Proteste niedergeschlagen zu haben, so Seth J. Frantzman in einer Analyse für die Jerusalem Post. Nach fast einem halben Jahr der Proteste, die anders als in der Vergangenheit auch vom Westen nicht ignoriert worden waren, scheint sich das Regime nun sicherer zu fühlen und gewährt einigen Personen Amnestie, um auf diese Art weitere Spannungen abzubauen. Diese Entscheidung betrifft jedoch nicht Doppelstaatsbürger, nachdem die Mullahs die Fiktion aufrechterhalten wollen, Ausländer seien für die Proteste verantwortlich gewesen, genauso wie sie weiterhin Kurden und andere Minderheiten verleumden.

Prahlen vor der eigenen Bevölkerung

Regimefreundliche iranische Medien wie Fars News und Tasnim verkündeten die Amnestiepläne großspurig. »Das Oberhaupt der Islamischen Revolution Ajatollah Khamenei folgte dem Vorschlag des Chefs der Justiz, einer Amnestie zuzustimmen und die Strafe einer beträchtlichen Anzahl von Angeklagten der jüngsten Ereignisse sowie derjenigen, die bereits von öffentlichen und revolutionären Gerichten oder der Justizorganisation der Streitkräfte verurteilt worden waren, zu reduzieren«, schrieb Tasnim.

Die Nachrichtenagentur Fars News berichtete im Wesentlichen Ähnliches, als sie erklärte, der Oberste Führer habe beschlossen, »eine beträchtliche Anzahl von Angeklagten und Verurteilten der jüngsten Ereignisse zu begnadigen und ihre Strafe zu mildern«.

In den Berichten hieß es weiter, von den Inhaftierten, die »infolge der Aufwiegelung und Propaganda des Feindes falsche Verhaltensweisen an den Tag legten und Verbrechen begangen haben, die nicht nur ihnen selbst, sondern auch ihren Familien und Verwandten Schwierigkeiten bereitet haben«, würde »nun eine beträchtliche Anzahl um Vergebung bitten, nachdem die Pläne ausländischer Feinde und antirevolutionärer und volksfeindlicher Strömungen aufgedeckt wurden«.

Die Amnestie soll als Hilfestellung für diejenigen dargestellt werden, die unwissend, naiv und betrogen in die Geschehnisse geraten seien. Das iranische Regime weiß, dass eine große Zahl von Menschen die Proteste zur Kenntnis genommen hat und das Regime verabscheut. Auch ist den Mullahs bewusst, nicht ständig gegen die gesamte Bevölkerung kämpfen zu können, weswegen sie einigen Amnestie gewährt, während sie andere Bürger, insbesondere unter den belutschischen und kurdischen Minderheiten, die in der Peripherie leben, weiterhin bekämpft. 

Teile und herrsche

Dies sei die Art der Teile-und-Herrsche-Strategie, die das Regime seit den 1980er Jahren anwendet, schließ Frantzman seine Analyse. Die iranische Regierung erklärte, jene Personen nicht zu begnadigen, die »Spionage zugunsten von Ausländern« betrieben, Kontakte zu »ausländischen Geheimdiensten« gehabt oder den Sicherheitskräften geschadet hätten. Es geht der Islamischen Republik darum, die »bösen« Demonstranten als diejenigen darzustellen, die Teil einer ausländischen Verschwörung gewesen seien, und diejenigen, die nun Amnestie erhalten, als Teil des »guten« Iran zu präsentieren. 

Dies ist eine bewusste Entscheidung, um das Land zu spalten, und es ist wahrscheinlich, dass die Amnestie nur bestimmten Personengruppen gewährt wird, nämlich solchen, die dem Zentrum und den Eliten näherstehen, während die Minderheiten weiterhin unter Repressalien zu leiden haben.

Die allgemeine Botschaft des Regimes laute also, diese »Runde« gewonnen zu haben, weshalb es in der Lage ist, Straffreiheit zu gewähren. Dies geschehe nicht aus einer Position der Schwäche heraus oder aus dem Umstand heraus, dass das Regime im Unrecht ist, sondern weil es nun keine Furcht mehr zu haben scheint und auch nicht daran glaubt, dass die Proteste weiter zunehmen werden, sondern beendet sind.

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