Der für seine antiisraelische Einstellung bekannte US-Journalist Nicholas Kristof stellt die palästinensischen Christen als Opfer israelischer Verfolgung dar und zeichnet ein Bild israelischer Unterdrückung im palästinensischen Bethlehem.
Mitchell Bard
Nicholas Kristof, langjähriges Mitglied im Club der antiisraelischen New York Times-Autoren, hat einen neuen Ansatz in Sachen Israel gewählt: Er nutzt die Notlage der palästinensischen Christen, um amerikanische Christen gegen den jüdischen Staat aufzubringen. In einem kürzlich erschienenen Artikel zeichnete der Kolumnist ein Bild israelischer Unterdrückung im palästinensischen Bethlehem und ignorierte dabei relevante Zusammenhänge, die nicht in sein Narrativ passen.
Kristofs Kommentar erschien zu einem Zeitpunkt, als eine Umfrage zeigte, dass 72 Prozent der Evangelikalen dem Staat Israel positiv gegenüberstehen. Evangelikale sind in der Regel besser über Israel informiert als durchschnittliche Christen, deren diesbezügliche Ansichten eher gespalten sind. Kristofs Darstellung der palästinensischen Christen als Opfer der israelischen Verfolgung soll die amerikanischen Christen gegen Israel aufbringen.
Während Christen in islamischen Staaten wie Saudi-Arabien nicht willkommen sind und sie großteils aus ihren Ursprungsländern vertrieben wurden, sind Christen in Israel immer willkommen gewesen und werden als gleichberechtigte Bürger behandelt. Israel ist das einzige Land im Nahen Osten, in dem die christliche Bevölkerung gewachsen ist, und zwar von 34.000 im Jahr 1948 auf aktuell über 180.000. Darüber hinaus genießen sie dieselben Rechte wie Juden und können ihre persönlichen Angelegenheiten wie zum Beispiel Eheschließungen selbst regeln.
Die absolute Zahl der Christen in den palästinensischen Gebieten ist seit 1967 stabil geblieben; allerdings ist ihr Anteil von fast zehn Prozent im Jahr 1922 auf heute knapp ein Prozent der Bevölkerung gesunken. Im Westjordanland, wo es fast drei Millionen Muslime gibt, leben etwa 50.000 Christen unter der Herrschaft der Palästinensischen Autonomiebehörde, die für fast alle Aspekte ihres Lebens und ihren Schutz zuständig ist.
Druck auf Christen
Im Jahr 1950 umfassten die Christen in Bethlehem 86 Prozent der Bevölkerung. Heute leben drei Viertel von ihnen im Ausland, wodurch die Muslime die dominierende Mehrheit der Stadt bildet. Maurice Hirsch und Tirza Shorr zufolge »verlassen christliche Familien Bethlehem wegen der systembedingten sozioökonomischen Härten und Instabilität, der Diskriminierung und Schikanen (auch gegenüber Geistlichen) durch muslimische Palästinenser und die islamisch dominierte Palästinensische Autonomiebehörde«.
Aus Kristofs Kommentar geht jedoch nicht hervor, warum sich Christen in palästinensischen Gebieten unsicher fühlen. Während der israelischen Operation Defensive Shield im Jahr 2002 stürmten fast zweihundert bewaffnete Palästinenser die Geburtskirche in Bethlehem und nahmen Priester und Nonnen als Geiseln. Dabei wurde unter anderem die maronitische Kirche mehrfach durch Vandalismus beschädigt und 2015 Opfer eines Brandanschlags, der drei Jahre Schließung zur Folge hatte. Im selben Jahr bedrohten muslimische Extremisten christliche Feiern und zwangen die Palästinensische Autonomiebehörde (PA), die Weihnachtsfeierlichkeiten einzuschränken. Am ersten Weihnachtstag bewarfen muslimische Palästinenser das Auto des lateinischen Patriarchen auf dem Weg nach Bethlehem mit Steinen.
Im Gegensatz zu den israelischen Christen, die Rede- und Religionsfreiheit genießen, äußern sich die bedrängten palästinensischen Christen nur selten. Ein protestantischer Geistlicher beklagte sich: »Die Christen fühlen sich ungeschützt, weil die Polizei der Palästinensischen Autonomiebehörde bei Konfrontationen mit Muslimen nicht in ihrem Namen eingreift.«
David Raab vom Jerusalem Center for Security and Foreign Affairs (JCFA) konstatierte: »Aus Furcht um ihre Sicherheit wollen Christen namentlich nicht genannt werden, wenn sie sich über die Behandlung durch Muslime beklagen. Inoffiziell sprechen sie von Schikanen und Terrortaktiken, vor allem von Schlägerbanden, die unter dem Schutz palästinensischer Sicherheitskräfte Christen und ihr Eigentum plündern und brandschatzen.«
Die Aktionen der Palästinensischen Autonomiebehörde sind kalkuliert: »Die Fatah übt regelmäßig starken Druck auf die Christen aus, die erlebten Gewalttaten und den Vandalismus nicht zu melden, da eine solche Publizität dem Image der Autonomiebehörde als einem Akteur schaden könnte, der in der Lage ist, das Leben und Eigentum der christlichen Minderheit unter ihrer Herrschaft zu schützen. Noch weniger möchte die PA als radikale Organisation dargestellt werden, die religiöse Minderheiten verfolgt«, so Edy Cohen von der Bai-Ilan-Universität.
Schweigende Medien
Ein Christ, der an die Öffentlichkeit ging, ist Samir Qumsiyeh, ein Journalist aus Beit Sahur, der 2005 gegenüber der italienischen Zeitung Corriere della Sera bestätigte, dass Christen Vergewaltigungen, Entführungen, Erpressungen und Enteignungen von Land und Eigentum ausgesetzt seien. Qumsiyeh erstellte eine Liste von 93 Fällen antichristlicher Gewalt zwischen den Jahren 2000 und 2004, darunter die Geschichte eines siebzehnjährigen Mädchens, das von Mitgliedern der Fatah vergewaltigt worden war. »Obwohl die Familie Protest einlegte, wurde keiner der vier jemals verhaftet. Wegen der Schande war die Familie gezwungen, nach Jordanien umzusiedeln.« In den letzten drei Jahren wurden »fast alle 140 Landenteignungen von militanten islamischen Gruppen und palästinensischen Polizisten begangen«, wie der Journalist recherchiert hat.
Eine Umfrage des Palästinensischen Zentrums für Politik- und Umfrageforschung aus dem Jahr 2020 ergab, dass 25 Prozent der Christen religiös motivierte Gewalt erlebt hatten und die meisten sich bei Muslimen nicht willkommen fühlten. Darüber hinaus berichteten 25 Prozent von Diskriminierung bei Vorstellungsgesprächen, 30 Prozent von religiös motiviertem Hass, und ein Viertel gab an, von Muslimen schon aufgefordert worden zu sein, zum Islam überzutreten.
Kristof hebt in seinem Artikel eine christliche Gruppe in Bethlehem namens »Zelt der Nationen« hervor, die sich für Gewaltlosigkeit einsetzt, stellt jedoch nicht die Frage, warum sich Christen für den Frieden einsetzen, während andere Palästinenser, die demselben Druck ausgesetzt sind, häufig zu Terroristen werden.
Die Ansichten der von Kristof befragten Personen, die Israel die Schuld für die Misere der palästinensischen Christen geben, lassen sich vielleicht dadurch erklären, dass sie in einer feindlichen muslimischen Umgebung überleben müssen. Adam Garfinkle vom Foreign Policy Research Institute erklärte dies so: »Da arabische Christen in der islamischen Mehrheitskultur an den Rand gedrängt werden, haben sie sich oft bemüht, sich arabischer zu verhalten als die Araber und das hat manchmal bedeutet, dass sie die Führung in der antiwestlichen und antiisraelischen Lobbyarbeit übernommen haben.«
Kristof ist ein Beispiel für das, was Ely Cohen als »donnerndes Schweigen der westlichen Medien angesichts des anhaltenden Verschwindens der christlichen Minderheit aus dem Territorium der Palästinensischen Autonomiebehörde im Besonderen und den islamischen Ländern im Allgemeinen beschreibt, einem Verschwinden, das in auffälligem Kontrast zu Wachstum, Wohlstand und zunehmender Integration der christlichen Gemeinschaft in Israel steht«.
Nach Lektüre des Textes von Nicholas Kristof drängt sich die Frage auf, warum er nicht über Länder wie Saudi-Arabien schreibt, wo das Christentum verboten ist, oder über den Libanon, Ägypten oder den Iran, wo Christen seit Langem verfolgt werde. Stattdessen konzentriert sich Kristof ausschließlich auf Israel, das einzige Land in der Region, in dem das Christentum gedeiht. Dies ist die für den Antisemitismus typische Doppelmoral und Dämonisierung des jüdischen Staates.
(Mitchell Bard ist Autor des in vielen Auflagen erschienenen Buches Myths and Facts: A Guide to the Arab-Israeli Conflict. Der Artikel ist auf Englisch vom Jewish News Syndicate veröffentlicht worden. Übersetzung von Alexander Gruber.)