Wahrheit und Propaganda

Sehr geehrte Kurier-Redaktion,

Sie schreiben in der im Zusammenhang mit dem Ende eines Hungerstreiks palästinensischer Häftlinge, die Palästinenser würden heute den „‘Tag der Katastrophe‘ (Nakba) begehen, den Tag der Gründung Israels und damit ihrer Vertreibung“. Es ist zweifellos zutreffend, dass im Zuge des israelischen Unabhängigkeitskrieges Hunderttausende Palästinenser zu Flüchtlingen wurden, doch ist es falsch und unzulässig, dies als Folge ihrer „Vertreibung“ darzustellen.

Abu Ijad, lange Zeit Chef des Nachrichtendienstes der PLO, einer der Leiter der palästinensischen Terrororganisation „Scharzer September“ und Nummer Zwei der PLO gleich nach Arafat, erinnerte sich in seiner Autobiografie:

„Die arabischen Staaten versicherten uns zwar ihrer … Sympathie und versprachen viel, doch in Wirklichkeit war ihre Hilfe fast nur symbolisch. …  So waren die Palästinenser allein ihrem Schicksal überlassen … Deshalb entschlossen sich Hunderttausende, ihre Heimat zu verlassen. Sie wurden in diesem Entschluss noch bestärkt durch einige ‚Nationale Komitees‘, die … von militanten Nationalisten gegründet worden waren und ihnen versicherten, dass ihr Exil nur von kurzer Dauer sein werde, nur wenige Wochen oder Monate; diese Zeit würden die verbündeten arabischen Armeen benötigen, um die zionistischen Streitkräfte zu besiegen.“

Abu Ijad, der wohl nicht im Verdacht steht, sonderlich pro-israelische Positionen vertreten zu habe, folgerte:

„Rückblickend glaube ich, dass meine Landsleute falsch gehandelt haben, als sie ihre Vertrauen in die arabischen Regierungen setzten, vor allem aber, als sie den jüdischen Kolonisten das Feld überließen.“

Eine „Vertreibung“ wollte er nicht einmal erfinden, als es um die Geschichte seiner eigenen Familie ging:

„Nicht ahnend, was sie erwartete, entschlossen sich meine Eltern sich ebenfalls, ins Exil zu gehen. … Noch heute sehe ich meinen Vater vor mir, wie er die Schlüssel unserer Wohnung [in Jaffa, Anm. F.M.] in der Hand hält und beruhigend zu uns sagt, wir würden bald wieder zurück sein.“

Es ist eine Sache, dass die Palästinenser und ihre angeblichen „Freunde“ die historische Realität bis zur Unkenntlichkeit verzerren, indem sie die palästinensischen Flüchtlinge pauschal zum Opfer einer „Vertreibung“  erklären. Als seriöse Zeitung sollten Sie sich aber an der Verbreitung derartiger Propaganda nicht beteiligen.

Mit freundlichen Grüßen,
Mag. Florian Markl
Medienbeobachtungsstelle Naher Osten (MENA)

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