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Wie sich »wahre Freunde« eher nicht verhalten sollten

»Wahre Freunde« würden antisemitisch Angegriffene den Rücken stärken, statt ihnen öffentlichen Tadel zu erteilen
»Wahre Freunde« würden antisemitisch Angegriffene den Rücken stärken, statt ihnen öffentlichen Tadel zu erteilen (© Imago Images / SEPA.Media)

Sollten »wahre Freunde« nicht eher den österreichischen Juden den Rücken gegen Antisemitismus stärken, als ihnen öffetnlich auszurichten, was man an Israels Kampf gegen den Hamas-Terror auszusetzen hat?

Per Post erhielt ich unlängst die Sommerausgabe der jüdischen Zeitschrift David, in der sich zahlreiche Grußbotschaften von österreichischen Politikern befinden. Als erste bemerkte ich jene von Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka, der betont, dass »Antisemitismus nicht nur eine Bedrohung für die jüdische Gemeinschaft, sondern für die gesamte Demokratie« sei.

Sobotka hat bekanntlich angekündigt, bei den österreichischen Nationalratswahlen im September nicht mehr zu kandidieren und damit nicht mehr für das von ihm bisher ausgeübte Amt infrage zu kommen. Wenngleich diese Meldung auch die erwartbaren parteipolitischen Reaktionen auslöste, wurde dem Nationalratspräsidenten für seinen vielfältigen Bemühungen im Kampf gegen den Antisemitismus nicht nur aus der jüdischen Gemeinde Anerkennung ausgesprochen.

Nicht nur das offene Bekenntnis zur eigenen Familiengeschichte, sondern auch seine sich nicht in den üblichen Worthülsen erschöpfenden Aktivitäten hinsichtlich der Gedenkkultur (ohne in Gedenkrituale zu verfallen) und die Solidarität mit dem Staat Israel sind nicht hoch genug einzuschätzen und waren in Österreich unter derartig hochrangigen Politikern bislang einzigartig.

Sollte das Ergebnis der Nationalratswahl in etwa den derzeitigen Meinungsumfragen entsprechen, sei bemerkt, dass die mandatsstärkste Partei (wahrscheinlich die FPÖ) zwar ein Vorschlagsrecht für die Besetzung des Nationalratspräsidenten hat, die Parlamentsmehrheit aber auch den Vertreter einer anderen Partei in das zweithöchste Amt des Staates wählen kann. – Möge Sobotkas Nachfolger oder seine Nachfolgerin seinen Kampf gegen den Antisemitismus fortsetzen.

Verhalten sich Freunde so?

Unterhalb der Grußbotschaft Sobotkas befindet sich eine andere, betitelt mit den Worten »Wahre Freunde Israels«, die ebenfalls von jemand Gutbekannten aus den Reihen der österreichischen Spitzenpolitik stammt. In dieser Botschaft ist zwar auch vom »mörderischen Terroranschlag der Hamas« die Rede, aber dann geht es in jener Tonart weiter, die leider nur allzu oft bei jenen der Fall ist, die sich selbst zu den »wahren Freunden Israels« erklären.

Der Terror der Hamas habe »zu einer militärischen Kampagne der Regierung Netanjahu in Gaza« geführt, »die Tausende Todesopfer und breitflächige Zerstörung zivilen palästinensischen Lebens gebracht hat. Weder ist die Hamas nun endgültig zerschlagen, noch konnten die israelischen Geiseln befreit werden.« Dann ist von der »rechtsextremen Regierung Netanjahu« die Rede, die das Land entzweit und in Isolation geführt habe.

Der Schlusssatz: »(S)elbstverständlich hat Israel jedes Recht auf Selbstverteidigung, aber es geht auch um das Überleben der Geiseln und das Leben der palästinensischen Zivilbevölkerung.« Selbst wenn die angeführten Kritikpunkte und guten Ratschläge im Ansatz richtig oder zumindest diskussionswürdig sind, stoßen diese Grußworte übel auf: Ein »wahrer Freund« hätte auch andere Wege finden können, um Kritik an Israel zu üben, ohne dies ausgerechnet in einer jüdischen Zeitschrift in Österreich zu tun.

In einer Zeit, in der Juden nach dem größten antisemitischen Massaker seit Ende des Holocausts in Europa bedroht sind wie nie zuvor seit 1945, wäre eine Grußbotschaft in einer jüdischen Zeitschrift der geeignete Ort gewesen, um Juden hierzulande den Rücken zu stärken und sich solidarisch gegen den wachsenden und zunehmend offen auftretenden Antisemitismus zu zeigen, anstatt österreichischen Juden auszurichten, was man am Krieg gegen die Hamas und am israelischen Premierminister auszusetzen hat.

Von Regeln der Höflichkeit gar nicht zureden. – Oder liege ich falsch?

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