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Das akribische Vorgehen der israelischen Armee gegen die Hamas

Bevor die israelische Air Force einen Angriff auf Ziele der Hamas unternimmt, muss ein aufwendiges Zielauswahlverfahren absolviert werden. (© imago images/ZUMA Wire)
Bevor die israelische Air Force einen Angriff auf Ziele der Hamas unternimmt, muss ein aufwendiges Zielauswahlverfahren absolviert werden. (© imago images/ZUMA Wire)

Bevor Ziele der Hamas angegriffen werden dürfen, müssen die israelischen Verteidigungsstreitkräfte ein detailliertes Zielauswahlverfahren durchlaufen.

Yaakov Lapin

Die israelischen Verteidigungsstreitkräfte (IDF), die sich im Gazastreifen mit einer Terrorarmee konfrontiert sehen, die versucht, sich unsichtbar zu machen, indem sie sich in zivilen Gebieten verschanzt, lassen bezüglich der Art und Weise, wie sie gegen die Hamas vorgehen, nichts unversucht. Sie folgen bei ihren Kämpfen akribisch einem Protokoll und die Balance, die sie dabei finden müssen, ist komplex: Die IDF müssen die Zielauswahl effizient und schnell durchführen, um in nur knapper Zeit zerstören zu können, gleichzeitig aber sicherzustellen, dass der Angriff sowohl in Bezug auf die ins Visier genommenen Feinde als auch auf die Nichtkombattanten in der Umgebung freigegeben ist.

In der Praxis

Ein Beispiel: Nachdem die Streitkräfte zwei Wochen lang die Kontrolle über den Süden Israels nach dem Hamas-Massaker wiederhergestellt hatten, wurde die 252. Sinai-Division der IDF nach Beit Hanun im Nordosten des Gazastreifens geschickt, von wo viele jener Terroristen stammen, die Verbrechen gegen die Menschheit in Sderot, Kfar Aza und Netiv Ha‘asara verübt hatten. Die Terroristen aus Beit Hanun versuchten weiterhin, Israel zu infiltrieren und feuerten von dort aus Raketen auf israelische Städte ab.

Als die Division die Stadt einnahm, die zu diesem Zeitpunkt größtenteils von Zivilisten geräumt worden war, bewegte sie sich langsam. Sobald eine unmittelbare Bedrohung für die Streitkräfte oder das israelische Kernland festgestellt wurde, trat ein ausgefeilter Ablauf in Kraft.

Dieser Prozess wird von den IDF als Inkrimination bezeichnet, durch den überprüft wird, ob es sich bei dem Ziel tatsächlich um eine militärische feindliche Einheit handelt, die eine direkte Bedrohung darstellt und bei deren Bekämpfung keine Unbeteiligten zu Schaden kommen. Sobald ein Ziel inkriminiert ist, durchläuft es einen weiteren Überprüfungsablauf, in dem Entscheidungen darüber getroffen werden, wie mit ihm umzugehen ist, wie man am besten mit der Bedrohung umgeht und welche Folgen die geplante Operation haben wird. Schlussendlich werden die Zieldaten an die zuständigen Streitkräfte zur Durchführung des Angriffs übermittelt. 

Erneute Prüfung

Wird die Luftwaffe mit der Ausschaltung des Ziels beauftragt, beginnt sie mit ihrer eigenen Analyse und bestimmt, welche Art von Munition eingesetzt werden soll, führt noch einmal eine eigene Bewertung des Ziels durch und trifft eine Einschätzung darüber, wie unmittelbar die ausgemachte Bedrohung ist. Dieser gesamte Prozess kann einige Minuten, aber auch bis zu einer Stunde dauern.

Erst danach erhält ein Pilot den Angriffsbefehl, muss aber Sichtkontakt mit dem Ziel haben und sich vergewissern, dass sich keine eigenen Streitkräfte oder Nichtkombattanten im Zielgebiet befinden. Der Pilot darf sich nicht auf den vorherigen Zielauswahlprozess verlassen, sondern muss sich vor Beginn des Angriffs selbst vergewissern.

So sieht der übliche Prozess der Zielerfassung aus. In Fällen, in denen sich Ziele in der Nähe von Krankenhäusern, Schulen oder Moscheen befinden, muss der Angriff vom Befehlshaber des betreffenden Gebiets und in einigen Fällen sogar vom IDF-Stabschef selbst genehmigt werden. Dies mag zwar nach einem langwierigen Prozess klingen, doch die Armee verfügt über mehrere Teams, die zeitgleich nebeneinander verschiedene Zielauswahlverfahren durchführen können.

Unterstützung durch Rechtsexperten

In Beit Hanun, wo die IDF es mit kleinen Hamas-Terrorkommandos zu tun hatten, mussten mehrere Ziele gleichzeitig angegriffen werden. Da die Angriffe oft nur binnen einer kurzen Zeitspanne möglich waren, musste die Zielerfassung daher unverzüglich binnen Minuten erfolgen.

Jets der Air Force, unbemannte Flugzeuge und in einigen Fällen auch Kampfhubschrauber waren bereits in der Luft – was eine viel schnellere Reaktionszeit ermöglichte – und führten ihren Teil der Operation gemeinsam mit den Bodentruppen durch. Bei Bedarf wurden Rechtsexperten der IDF hinzugezogen, um zu überprüfen, ob das Ziel nach internationalem Recht rechtmäßig war. Die IDF gehen mit äußerster Vorsicht an zivile Einrichtungen wie Moscheen und Schulen heran, die von der Hamas als Terrorstützpunkte genutzt werden.

In der Praxis bedeutet dies, dass das Militär selbst dann, wenn die israelischen Streitkräfte von einer Schule aus angegriffen werden, nur mit äußerster Um- und Vorsicht agieren kann. Hochrangige Offiziere, die sich darüber im Klaren sind, dass alles getan werden muss, um Opfer unter Nichtkombattanten zu vermeiden, sind vor Ort anwesend und beaufsichtigen jüngere IDF-Angehörige.

Die Aufgabe ist klar: Bevor das Feuer eröffnet wird, muss Klarheit über das Ziel herrschen.

(Der Artikel ist vom Jewish News Syndicate auf Englisch veröffentlicht worden. Übersetzung von Florian Markl.)

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