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Voreingenommenheit gegenüber Minderheiten im Iran

Terror wichtiger als Minderheitenschutz: Irans Präsident Peseschkian mit Ex-Hamas-Führer Haniyeh
Terror wichtiger als Minderheitenschutz: Irans Präsident Peseschkian mit Ex-Hamas-Führer Haniyeh (© Imago Images / Middle East Images)

Die systematisierte diskriminierende Haltung gegenüber Minderheiten ist Teil einer struktureller Voreingenommenheit innerhalb der Regierungsführung.

Farzad Amini

Die jüngsten Äußerungen von Ali Entezari, dem Leiter der Fakultät für Sozialwissenschaften an der Teheraner Allameh Tabataba’i Universität, der Jina Mahsa Amini als »kaputt«, »fertig« oder »vergeudet« bezeichnete, spiegeln eine tief verwurzelte Geringschätzung und diskriminierende Einstellung gegenüber Minderheiten und Frauen im Iran wider. 

Diese Wortmeldung ist nicht nur eine Beleidigung für ein Opfer staatlicher Gewalt, sondern offenbart auch die allgemeine und systembedingte Geringschätzung des iranischen Regimes gegenüber den Rechten und dem Status von Minderheiten in der Gesellschaft. Diese diskriminierende Haltung beschränkt sich nicht auf einzelne Äußerungen, sondern ist Teil eines größeren Musters struktureller Voreingenommenheit, das in die Regierungsführung der Islamischen Republik eingebettet ist.

Diskriminierende Politik 

In den vergangenen 45 Jahren hat das iranische Regime aktiv eine offene und auch verdeckte Politik verfolgt, welche die Spaltung der Gesellschaft und der Bevölkerung gefördert hat. Diese Politik, die ethnische, religiöse und geografische Trennungen einschließt, zielt darauf ab, die nationale Solidarität zu schwächen und eine stärkere Kontrolle über die Gesellschaft zu gewährleisten. 

Unterscheidungen wie die zwischen Teheranern und Bewohnern kleinerer Städte, Persern und Nicht-Persern sowie Schiiten und Nicht-Schiiten haben zu verstärkter Diskriminierung und Ungleichheit geführt, oft zum direkten Nutzen des Regimes.

Diese Ungleichheiten zeigen sich besonders deutlich in Bereichen wie der Verteilung des Wohlstands, dem Zugang zu sozialen Diensten und Arbeitsplätzen und der Besetzung von Schlüsselpositionen innerhalb der Regierung. Ethnische und religiöse Minderheiten wie KurdenBelutschenAserissunnitische Muslime und andere nicht-persische Gruppen werden systematisch als Bürger zweiter Klasse behandelt und haben nur eingeschränkten Zugang zu vielen Möglichkeiten und Ressourcen, die den Regimetreuen ohne Weiteres zur Verfügung stehen.

Leere Versprechungen

Ein Beispiel für das Versagen des Regimes, Minderheiten wirklich zu unterstützen, ist das Verhalten von Masoud Peseschkian, dem neuen Präsidenten, der dem sogenannten Reformlager angehört und versprochen hatte, Minderheiten in sein Kabinett aufzunehmen, würde er die Wahl gewinnen. 

Peseschkian hielt seine Zusagen nicht ein, was die anhaltenden strukturellen Ungleichheiten im Iran verdeutlicht. Dieses Muster zeigt, dass selbst die sogenannten Reformer entweder nicht willens oder nicht in der Lage sind, sinnvolle Änderungen vorzunehmen, um die Bedingungen für die Minderheiten zu verbessern, wobei sich ihre Unterstützung oft auf leere Rhetorik beschränkt, die den Status quo kaum infrage stellt.

Die Diskriminierung äußert sich in verschiedenen Formen, darunter:

  • Kulturelle und sprachliche Unterdrückung: Das Regime unterdrückt aktiv die Sprachen und Kulturen nicht-persischer ethnischer Gruppen wie Kurden, Aseris und Belutschen. Während das Recht auf Bildung in der Muttersprache international weithin anerkannt ist, lässt der Iran den Unterricht in Minderheitensprachen nicht zu. Bemühungen, diese Sprachen zu fördern und zu bewahren, werden von der Regierung oft mit hartem Durchgreifen beantwortet.
  • Bildungs- und Beschäftigungsbeschränkungen für religiöse Minderheiten: Religiöse Minderheiten, insbesondere Sunniten, sind mit erheblichen Bildungs- und Beschäftigungshindernissen konfrontiert. Der Zugang zu höherer Bildung ist begrenzt, und viele Menschen werden wegen ihrer religiösen Überzeugungen von Arbeitsmöglichkeiten ausgeschlossen.
  • Unterdrückung von zivilgesellschaftlichen und politischen Aktivisten: Menschen, die sich für die Rechte von Minderheiten einsetzen, werden von der Regierung häufig ins Visier genommen und müssen mit willkürlichen Verhaftungen, Folter und schweren rechtlichen Strafen rechnen. Dieses harte Vorgehen zielt darauf ab, die Stimmen der Minderheiten zum Schweigen zu bringen und jegliche Bewegungen zu verhindern, welche die fest verankerten diskriminierenden Praktiken des Staates infrage stellen könnten.
  • Sozioökonomische Marginalisierung: Die Wirtschaftspolitik vernachlässigt häufig Minderheitenregionen, sodass diese Gebiete unterentwickelt sind und es ihnen an Infrastruktur und Dienstleistungen mangelt. So leiden beispielsweise Belutschistan und die kurdischen Gebiete unter einer höheren Armutsrate und einem schlechteren Zugang zum Gesundheits- und Bildungswesen, was die sozioökonomische Kluft weiter verfestigt.

Reform nicht möglich

Die diskriminierende Politik und die Spaltungstaktik der Islamischen Republik haben die bestehenden Ungerechtigkeiten aufrechterhalten und den sozialen Zusammenhalt untergraben. Die systematische Voreingenommenheit gegenüber Minderheiten, die durch Personen wie Peseschkian veranschaulicht wird, die ihren selbstgesetzten Verpflichtungen nicht nachkommen, unterstreicht ein tieferes Problem innerhalb des politischen Systems, in dem Reformen bestenfalls oberflächlich bleiben. 

Die Verwirklichung einer gerechten und gleichberechtigten Gesellschaft erfordert echte Maßnahmen und das Eintreten für die Rechte aller Bürger, einschließlich ethnischer und religiöser Minderheiten. Nur durch anhaltende Bemühungen, das Bewusstsein zu schärfen und Rechenschaft einzufordern, kann sich der Iran auf eine Zukunft zubewegen, in der alle seine Bürger mit der Würde und dem Respekt behandelt werden, den sie verdienen. Da all dies Werte sind, die der Islamischen Republik entgegenstehen, können sie letztlich nur mittels der Ersetzung des Regimes durch eine demokratische Ordnung erreicht werden.

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