Rawan Osman, die in einer Hochburg der libanesischen Terrorgruppe aufwuchs, hat in den sozialen Medien durch ihr Engagement für den jüdischen Staat große Aufmerksamkeit erregt.
Adi Nirman
Es gibt kein einziges Detail in der Geschichte der syrisch-libanesischen Friedensaktivistin Rawan Osman, das nicht auffällig ist, wobei ganz oben auf der Liste ihre unerschütterliche Unterstützung für Israel steht.
Die heute Vierzigjährige wurde in Damaskus als Tochter eines syrischen Vaters und einer libanesischen Mutter geboren und wuchs in einer Hochburg der Hisbollah auf. Nach dem Angriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 wurde sie über Nacht zu einer Pro-Israel-Aktivistin. Seitdem hat sie sich der Erstellung von Inhalten für die arabische Welt verschrieben, in denen sie die Realität in Israel erklärt und weit verbreitete arabische Narrative infrage stellt, während sie ihre persönliche Geschichte erzählt und damit Millionen von Menschen über soziale Medien erreicht.
»Als ich im Libanon aufwuchs, war ich ein Fan der Hisbollah; ich dachte, sie wären Helden, die uns retteten, wann immer Israel uns angriff«, erinnert sie sich. »Ich wuchs in einem sehr antisemitischen Umfeld auf. Bis ich Mitte zwanzig war und nach Frankreich zog, wo ich dann unter Juden lebte, hatte ich noch nie einen Juden oder Israeli gesehen. Und als ich zum ersten Mal religiöse jüdische Männer sah, bekam ich eine Panikattacke.«
»Genesene Antisemitin«
Diese Panikattacke wurde zu einem Wendepunkt, wie Osman erzählt. »Dieser Moment hat mein Leben verändert, denn ich wollte wissen: Ich bin kein ängstlicher Mensch; warum habe ich mich so verhalten? Sie haben mich nicht einmal angesehen. Mir wurde klar, dass es daran lag, dass ich denselben Raum mit einem Juden teilte – dem Feind.«
Diese Erfahrung veranlasste Osman, die Überzeugungen zu analysieren, die sie dazu gebracht hatten, Juden als Feinde zu betrachten, was sie dazu drängte, sowohl die regionale Geschichte als auch die des Judentums zu erforschen. Im krassen Gegensatz zu dem antiisraelischen Umfeld, in dem sie aufgewachsen ist, bezeichnet sie sich heute als »geheilte Antisemitin«.
»Wenn wir eine Krankheit heilen wollen, dann müssen wir die richtige Diagnose stellen«, betont sie. »Der Gehirnwäscheprozess, den wir durchgemacht haben, hat zu vielen Todesfällen geführt. Er hat zu sinnlosen Kriegen geführt. Das muss aufhören. Ich weigere mich, in einer Welt zu leben, in der die Gräueltaten vom 7. Oktober 2023 stillschweigend geduldet, gerechtfertigt und sogar gefeiert werden. In Berlin, wo ich lebe, wurde auf den Straßen Baklava verteilt. Wie verrückt ist das denn? Was wird da gefeiert?«
Osmans Auftreten in den sozialen Medien löste beispiellose Reaktionen von Syrern, Libanesen und Iranern aus, die in Folge das Hamas-Massaker verurteilten. Dieser Einsatz führte schließlich zur ersten Einladung der Friedensaktivistin nach Israel. Zugleich kostetet Osmans Entscheidung, Israel zu unterstützen, jedoch auch einen hohen persönlichen Preis: So hat ihre Familie jeglichen Kontakt zu ihr abgebrochen.
Bei ihrem mittlerweile siebten Besuch im jüdischen Staat trafen wir sie im Dezember im Peres Center for Peace and Innovation in Jaffa, wo wir unser Interview im Büro des verstorbenen israelischen Präsidenten Shimon Peres führten – ein passendes Symbol für den Frieden. »Wenn ich [zu Nichtjuden sage], dass ich ein ehemaliger Antisemit bin, bedeutet das: ›Ich steckte in eurer Haut‹«, erklärte Osman. »Viele Araber und Menschen aus dem Westen sind antisemitisch. Sie hassen die Juden und glauben, dass die Juden alle verachten, außer ihr eigenes Volk. Und wenn ich heute pro-israelisch bin, dann aus einem Grund: Israel ist nicht unser Feind. Unser Feind in der Region ist das islamische Regime im Iran.«
Auf Israel hören
Bei der im Rahmen des Interviews geführten Diskussion über die Zukunft Syriens berichtete Osman, dass sie zahlreiche Nachrichten von Syrern erhalten habe, die über das israelische Engagement im Land nach Assad besorgt seien. »Ich habe ihnen gesagt, dass sie erstens auf die Israelis hören müssen, nicht auf Al Jazeera«, erläuterte sie. »Zweitens tun [die Israelis] euch einen Gefallen. Denkt daran, Ihr habt Waffen, Raketen, Flugkörper, chemische Waffen und Ihr habt eine Menge Drogen. Und dann denkt daran, wie viele Gruppen, Kriminelle und Terrororganisationen versuchen, an alles heranzukommen, was es in Syrien gibt.«
Osman betonte weiter, dass viele Syrer ihr zugestimmt hätten. »Sie sagten, die [iranische] Achse des Widerstands satt zu haben. Sie wollen, dass Damaskus wie Dubai aussieht, nicht wie Gaza-Stadt, und sie wollen Frieden mit Israel.«
Die Ereignisse in Syrien empfinde sie als historische Zeiten, weshalb sie optimistisch in die Zukunft ihres Heimatlandes blicke: »Syrien wird Hilfe und Unterstützung erhalten. Alles ist besser als der Satan, besser als [der gestürzte Präsident Baschar] al-Assad, der es sogar geschafft hat, humanitäres Asyl [in Russland] zu erhalten. Wie verrückt ist das denn? Eine Welt, die Haftbefehle gegen israelische Staats- und Regierungschefs [Premierminister Benjamin] Netanjahu und [den ehemaligen Verteidigungsminister Yoav] Gallant feiert und den Erzählungen der Hamas glaubt, aber nicht dagegen protestiert, dass Assad humanitäres Asyl erhält.«
Rawan Osman sieht eine Transformation auf den gesamten Nahen Osten zukommen, ist positiv gestimmt und glaubt, »dass der Frieden früher kommen wird, als ich es mir je vorgestellt habe. Wir haben die moralische Verpflichtung, bis zum Ende zu kämpfen, um ein Licht für alle Menschen auf dieser Welt zu sein. Es muss für die Menschen nicht viel Sinn ergeben. Es ist Emunah [Glaube auf Hebräisch]. Ich spüre es in meinem Herzen genauso wie nach dem 7. Oktober 2023, als ich nach Israel kam und jedem Israeli, der Zweifel hatte, der am Boden zerstört, deprimiert und gebrochenen Herzens war, sagte: Israel wird siegen, b’ezrat Hashem [mit Gottes Hilfe].«
Der Text erschien auf Englisch zuerst beim Jewish News Syndicate. (Übersetzung von Alexander Gruber.)
Happy new year ✨to Lebanon, Syria and Israel. May 2025 bring the end of the Islamic regime in Iran 🙌 pic.twitter.com/Fh5PGzW0Xe
— Rawan Osman روان عثمان (@RawaneOsmane) December 31, 2024