Gegen das Wort ‚Distanzierung‘ scheinen ja viele Muslime geradezu allergisch zu sein. Muslime ohne Berührungspunkte zu islamistischen Inhalten müssen sich nicht distanzieren. Diese Berührungspunkte sind aber leider vielfach vorhanden. Wer mit seinem Islamverständnis Feindbilder schafft, wer Muslime als Opfer des Westens stilisiert, wer Jugendlichen nicht ermöglicht, kritisch mit ihrer Religion umzugehen und wer den Koran wörtlich und nicht in seinem lokalen und historischen Kontext vermittelt, der muss zwar kein IS-Anhänger sein. Er schafft aber die perfekte Basis für deren Ideologie. Der Pool, aus denen die Radikalen ihre zukünftigen Anhänger ziehen, ist nach wie vor riesig. Das sind Jugendliche, die in Deutschland oder Europa leben und die Welt komplett in schwarz und weiß sehen: Die Muslime als Opfer des Westens, der Juden, der Amerikaner. Dazu kommen problematische Geschlechterrollen und eine fehlende Bereitschaft, ihre Religion zum Gegenstand einer Diskussion zu machen. Der IS hat diese Tendenzen nicht erfunden, er nimmt sie nur auf und überspitzt sie ins Negative. Hier braucht es nicht nur eine halbherzige Distanzierung, sondern eine echte Reformation.“
(Interview mit Ahmed Mansour: „Die Ideologie ist stärker als ein eigener Pseudo-Staat“)