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Vetrauensbildende Maßnahmen? – Update

Vor rund eineinhalb Wochen wandten wir uns mit einer Zuschrift an Barbara Ladinser, die in einem Beitrag im Ö1-Abendjournal behauptet hatte, es liege nach dem Abschluss des Wiener Abkommens jetzt am iranischen Regime, „die versprochenen vertrauensbildenden Maßnahmen zu setzen, um auch Israel die Angst zu nehmen und zu beruhigen.“ Weder, so unsere Kritik, habe das Mullah-Regime derartige Schritte „versprochen“, noch habe es ein Interesse daran, Israel „die Angst zu nehmen“. Auf ausdrücklichen Wunsch von Frau Ladinser dokumentieren wir im Folgenden die daran anschließende Mail-Diskussion.

Sehr geehrter Herr Gruber,

danke für Ihre Anmerkungen zu meinem Beitrag im Abendjournal vom 14. Juli. Es freut mich, dass Sie meine Berichte weiterhin so aufmerksam verfolgen.

Viele der Zitate, die Sie anführen, sind auch mir bekannt und ich habe in meiner Berichterstattung über die Wiener Verhandlungen auch immer wieder auf die feindseligen Äußerungen iranischer Führungspersönlichkeiten gegenüber den USA und Israel hingewiesen. Nicht zuletzt in dem von Ihnen zitierten Abendjournal.

Die Hoffnung auf vertrauensbildende Schritte in Richtung Israel ist im Laufe der Verhandlungen von allen westlichen Gesprächspartnern geäußert und in den internationalen Medien – auch von israelischen Intellektuellen – ausführlich zitiert worden. Das dürfte Ihnen entgangen sein.

Ich kenne den Iran aus mehreren journalistischen Aufenthalten und kann Ihnen versichern, dass es dort noch viel radikalere Positionen gibt als die des derzeitigen Präsidenten. Die meisten Regierungen außer der derzeitigen israelischen und die meisten Medien bezeichnen Präsident Rohani als gemäßigt. Auch israelische Medien verwenden das Adjektiv “gemäßigt”.  Es gibt eine Reihe von Fragen, in denen Rohani in der Tat gemäßigtere Positionen vertritt als einige seiner Vorgänger. Auch US-Präsident Obama hat übrigens immer wieder von der “moderate Iranian leadership” gesprochen, wie man im Internet leicht nachlesen kann. 

Wie Ihnen vermutlich bekannt ist, hat der öffentlich-rechtliche Rundfunk den gesetzlichen Auftrag, im Laufe der Berichterstattung über ein Ereignis alle beteiligten Positionen möglichst umfassend und objektiv darzustellen, nicht einseitig die Position einer bestimmten Konfliktpartei. Darum werde ich mich auch weiterhin bemühen.

Mit freundlichen Grüßen,
Mag. Barbara Ladinser

Sehr geehrte Frau Ladinser,

haben Sie vielen Dank für Ihre Antwort, die ich an der entscheidenden Stelle aber leider nicht nachvollziehen kann. Ich habe in meinem Brief an Sie darauf hingewiesen, dass es die von Ihnen im Abendjournal angeführten „versprochenen vertrauensbildenden Maßnahmen“ seitens des iranischen Regimes nie gegeben hat. In Ihrer Antwort schrieben Sie nun von der „Hoffnung auf vertrauensbildende Maßnahmen“, aber das ist etwas völlig anderes: im Abendjournal war nicht von Ihren Hoffnungen die Rede, sondern von etwas, das angeblich vom iranischen Regime „versprochen“ worden sei. 

Und auch ihren Hinweis auf das Objektivitätsgebot verstehe ich in diesem Zusammenhang nicht, denn dieses kann doch keinen Einfluss auf die zu berichtende Faktenlage selbst haben. Insofern habe ich auch nicht eingeklagt, „einseitig die Position einer bestimmten Konfliktpartei“ darzustellen. Ich habe lediglich darauf hingewiesen, dass es eben nicht bloß sogenannte Hardliner im Iran sind, die Israel grundsätzlich das Existenzrecht absprechen, sondern auch jene Politiker, die im Westen gerne als ‚moderat‘ bezeichnet werden. Leider ist es nämlich so, dass es bei diesem Thema keine grundsätzlichen Differenzen zwischen den verschiedenen Fraktionen des Regimes gibt. Deshalb ist es verzerrend und keine „umfassend[e] und objektiv[e]“ Darstellung „aller beteiligten Positionen“, wenn lediglich den ‚Hardlinern‘ in Teheran antiisraelische Vernichtungsdrohungen zugschrieben werden. Umso mehr noch, wenn zugleich (gegen jede Realität vor Ort) nahegelegt wird, die ‚Moderaten‘ hätten sich zu einer Entspannung mit dem jüdischen Staat verpflichtet.

Mit freundlichen Grüßen,
Mag. Alexander Gruber
Medienbeobachtungsstelle Naher Osten (MENA)

Lieber Herr Gruber,

zur Erinnerung und vielleicht Beendigung unserer Diskussion noch einmal mein Zitat, das nicht behauptet, dass der Iran versprochene vertrauensbildende Maßnahmen setzen wird. Es legt vielmehr nahe, dass der der Iran die Pflicht hätte, dies auch zu tun:

„Und Israel, dass von iranischen Hardlinern immer wieder als Staat genannt wird, den es zu vernichten gilt, fühlt sich zu Recht bedroht. Es wird jetzt am Iran liegen, die versprochenen vertrauensbildenden Maßnahmen zu setzen, um auch Israel die Angst zu nehmen und zu beruhigen.“

Dass es seit geraumer Zeit vermehrt Signale der Bereitschaft zur Kooperation in der Region von Spitzenpolitikern aus dem Iran gibt, lese und vernehme nicht nur ich.

http://www.haaretz.com/news/middle-east/.premium-1.539566,
http://www.reuters.com/article/2015/07/14/us-iran-nuclear-rouhani-reaction-idUSKCN0PO1GF20150714
http://www.ft.com/intl/cms/s/0/c9317846-255d-11e5-bd83-71cb60e8f08c.html#axzz3gnb14pWZ

Ob ich oder Sie nun daran glauben oder nicht, steht auf einem anderen Blatt und kommt in meinem Zitat auch nicht vor.

Eine höfliche Bitte hätte ich an Sie: wenn Sie Ihre Schreiben an mich auf Ihrer Seite veröffentlichen, dann möchte ich, dass Sie auch meine Antworten dazustellen. Es wäre ausgewogener und weniger einseitig.

Mit freundlichen Grüßen,
Barbara Ladinser

Wir haben Frau Ladinser informiert, dass wir Ihrem Wunsch nach einer Veröffentlichung unseres Mailwechsels gerne nachkommen. Der Kernpunkt unserer Kritik bleibt weiterhin aufrecht: Anders als im Abendjournal behauptet, hat das iranische Regime niemals „vertrauensbildende Maßnahmen“ gegenüber Israel „versprochen“.

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