Vertreter der Minderheiten feiern Israels Unabhängigkeit

© Yakir

In den letzten Jahren haben wir ein Erwachen unter arabischsprechenden Christen, aber auch unter anderen Minderheiten in Israel erlebt, die sich den Normen der arabischsprachigen Gesellschaft entgegenstellen.

Sehr deutlich ist dies im Fall der Christen. Im Laufe der letzten sechs Jahre hat es einen historischen Wandel gegeben. Immer mehr von ihnen integrieren sich in die israelische Gesellschaft und melden sich zur Armee und zum Wehrdienst. Zahlreiche Christen haben den Wunsch entwickelt, selbstbestimmter zu leben, und ihre arabische Identität abgestreift, um eine aramäische oder israelische anzunehmen. Selbst unter jungen Führungspersönlichkeiten und Aktivisten bei den Beduinen und Arabern setzt die israelische Identität sich allmählich durch, und manche bekennen sich sogar öffentlich dazu.

Vertreter der Minderheiten feiern Israels UnabhängigkeitIsraelis sind gesetzlich zum Wehrdienst verpflichtet, doch werden Christen, muslimische Araber und Beduinen nicht dazu gezwungen. Sie können sich aber freiwillig melden. Der Wehrdienst bzw. der Dienst beim Militär ist das beste Eintrittsbillet in die israelische Gesellschaft. Allerdings gehen die Integrationsinitiativen der Christen und anderer Minderheiten darüber hinaus, was ein sehr gutes Zeichen ist. Man sieht Christen, Beduine, muslimische Araber und Drusen immer öfter in der ersten Reihe der öffentlichen Diplomatie und im Kampf gegen den Antisemitismus und die Delegitimierung Israels.

Dazu gehören beispielsweise die Aktivisten der Organisation „Reservists on Duty“, unter ihnen Jonathan el-Khoury, ein Christ, Mohamad Kabiya, ein muslimischer Beduine, und Lorena Khateeb, eine Drusin. Sie organisieren an Universitäten in den USA und Europa bemerkenswerte Veranstaltungen mit Vertretern israelischer Minderheiten, um dem Kampf gegen die BDS-Bewegung eine ganz andere und einzigartige israelische Stimme hinzuzufügen. (Der Ehrlichkeit halber sollte ich hinzufügen, dass ich mich vor anderthalb Jahren einige Male mit den Anführern der Organisation getroffen habe. Ich riet ihnen nachdrücklich, Angehörige der Minderheiten ernsthaft in ihren Aktivitäten einzubeziehen, und versicherte, dass ihnen dass bestimmt zum Vorteil gereichen würde.)

Es gibt noch viel zu tun, um die Integration der Minderheiten in allen Lebensbereichen der israelischen Gesellschaft voranzutreiben. Wie bei anderen Fragen auch liegt die Initiative hier zuerst bei den Bürgern und zivilgesellschaftlichen Organisationen. Die Im-Tirtzu-Bewegung beispielsweise war die erste, die sowohl den historischen Wandel unter den Christen als auch die Aktivitäten Mohammad Kabiyas unter den Beduinen und Drusen unterstützte. Seitdem haben sich weitere zionistische Organisationen angeschlossen und in ihrem jeweiligen Bereich zu der Entwicklung beigetragen. Der Wandel findet an der Basis der verschiedenen Gruppen statt, hat aber inzwischen auch wichtige Schritte seitens der Behörden und der Bürokratie veranlasst.

Ein besonders gutes Beispiel für diese Entwicklung ist eine relativ kleine, einzigartige Versammlung, die im letzten Monat im Rahmen der zahlreichen Veranstaltungen zum 70 Unabhängigkeitstag Israels stattfand. Sie ging auf eine Privatinitiative zurück, spiegelte aber einen außerordentlich positiven Prozess dar, der sich in den letzten Jahren in Israel zugtragen hat. Rabbi Yaakov Kermaier, der einer Organisation namens „Yakir“ vorsteht, initiierte für den Tag nach den Hauptfeierlichkeiten zum Unabhängigkeitstag eine Veranstaltung, die jenen Angehörigen der Minderheiten gewidmet war, die sich als integraler Bestandteil des Staats Israels begreifen und in diesem Sinne handeln. (Der Ehrlichkeit halber sollte ich hinzufügen, dass ich zusammen mit meinen Kontakten die Veranstaltung zu organisieren half, und mich in dieser Frage unter Christen und den Angehörigen anderer Minderheiten engagiere.)

Am Morgen dieses Tages trafen die jüdischen Gemeindemitglieder wie üblich in der nach dem Literaturnobelpreisträger Shmuel Yosef Agnon benannten Synagoge in Jerusalem ein. Doch wurden die wichtigsten Texte diesmal von Gästen gelesen, von denen manche zum ersten Mal in einer Synagoge waren. Zu den distinguierten Gästen gehörten Christen und Drusen aus der Südlibanesischen Armee (SLA), die ihr Schicksal mit dem Israels verknüpft haben, Vertreter der Beduinen aus dem Norden, arabischsprechende israelische Christen aus Galiläa und Jerusalem, und ein arabisch-muslimischer Angehöriger der Israelischen Verteidigungskräfte aus einer der arabischen Nachbarschaften in Jerusalem. Anwesend waren zudem der stellvertretende Bürgermeister Jerusalems Yael Antebi und Dan Illous, der dem Stadtrat von Jerusalem angehört.

Eröffnet wurde die Veranstaltung mit einer Rede Rabbi Yaakov Kermaiers, der über das Heldentum und den wichtigen Beitrag der Minderheiten sprach und die Gelegenheit pries, ihnen aus Anlass des Unabhängigkeitstags jenes Staats, zu dem sie untrennbar gehörten, eine Ehrung widerfahren zu lassen. Als erster Minderheitenvertreter sprach der ehemalige drusische Knessetabgeordnete Shakeeb Shanan, der seinen Sohn vergangenen Sommer bei einem Terroranschlag auf dem Tempelberg verlor. „Jerusalem war mein Herz und ist nun meine Seele“, erklärte Shanan.

„Um Menschen zu treffen, die willens sind, den menschlichen Weg zu respektieren, den Staat Israel zu lieben und friedlich und in gegenseitigem Respekt zusammenzuleben, würde ich alle vier Ecken der Welt aufsuchen. Ich will alles dafür tun, dass es keine Väter mehr gibt, die einen derartigen Verlust erleiden müssen. Wir wurden als Menschen geboren und befinden uns an einem heiligen Ort, um zu leben und zusammenzuleben und einander zu respektieren. Die Schurken, die meinen Sohn und seinen Freund ermordeten, wollten unser aller Zusammenleben ermorden. Wir müssen ihnen, und denjenigen, die sie schickten und finanzierten, sagen: Ihr werden nicht siegen. Der Staat Israel ist viel stärker und viel menschlicher, und solche Menschen werden ihn nicht sabotieren können.“

Ihm folgte Noor Mzareeb, ein Beduine aus dem Norden, der eine Akademie für die Vorbereitung jugendlicher Beduinen aufs Militär eingerichtet hat. „Wir sind alle Zionisten. Unsere Religionen mögen unterschiedlich sein, doch haben wir alle das gleiche Ziel“, meinte er.

„Die Beduinen sind nicht verpflichtet zu dienen, doch haben wir uns schon vor der Gründung des Staats Israel [bei den jüdischen Milizen während der Mandatszeit] freiwillig gemeldet. Ich fordere die Behörden auf, sich unserer anzunehmen. Vieles hat sich verbessert, aber es bleibt noch viel zu tun. Wir müssen unsere Kinder dazu erziehen, uns zu folgen, daher rufe ich die Minderheiten dazu auf, dem Staat zu dienen, seine Grenzen zu schützen und sich loyal zu verhalten. Das gleiche sage ich den Juden. Verhaltet euch eurem einzigen jüdischen Staat gegenüber loyal.“

Als drittes sprach Fares al-Haji, ein Angehöriger der SLA, der nach Israel floh, als die Israelischen Verteidigungskräfte sich aus dem Südlibanon zurückzogen und der ehemalige Ministerpräsident Ehud Barak sich im Mai 2000 von ihnen abwandte.

„Es lebt nun schon die dritte Generation der SLA-Angehörigen in Israel. Wie sind hier zu Hause und der libanesische Staat hat uns verraten. … Jahrelang trugen wir zur Wahrung des Friedens zwischen dem Libanon und Israel bei, und Israel hat sich unserer liebevoll angenommen. Wir haben kein anderes Zuhause, wir werden nicht in den Libanon zurückkehren, auch wenn unsere Verwandten weiterhin dort leben und die Lage sehr schwierig ist. Unsere Kinder wollen sich alle den Israelischen Verteidigungskräften anschließen und tun das auch. Wir haben zum Staat Israel gehalten und werden das auch weiter tun. Wir haben kein anderes Zuhause.“

Suleiman Salameh, der aus dem christlichen Viertel Jerusalems stammt und kürzlich seinen Militärdienst beendete (und dessen Bruder weiterhin bei den Israelischen Verteidigungskräften ist), entschloss sich trotz der damit verbundenen Gefahr, öffentlich zu reden.

„Ich stamme aus Jerusalem. Ich bin in diesem Land aufgewachsen und bin stolz auf es. Nach der Oberschule habe ich zu studieren begonnen, doch habe ich mich dabei nicht wohlgefühlt, also erzählte ich meinen Eltern, dass ich mich entschlossen hätte, mich zu den Israelischen Verteidigungskräften zu melden. Wir müssen unseren Überzeugungen folgen. … Wir warten nicht darauf, dass der Staat uns irgend etwas gibt, sondern wir wollen dienen, ich war als Stabsarzt im Einsatz, ich bin während meines Militärdienstes ausgezeichnet worden, ich habe meinen Traum erfüllt und dem Land gedient.“

Der letzte Redner bei der Veranstaltung in der Synagoge war vielleicht der überraschendste überhaupt. A. ist ein muslimischer Araber und kommt aus einer arabischen Nachbarschaft Jerusalems, der auch mehrere Terroristen entstammen. Er tat etwas Unglaubliches und meldete sich zum israelischen Militär. Das wissen weder die Angehörigen seiner Großfamilie noch seine Freunde und Nachbarn, und er meidet die Nachbarschaft, in der er aufgewachsen ist, um sie nicht zu gefährden. A. wollte nicht von der Bühne aus sprechen, um sich nicht allzu sehr hervorzutun, doch erklärte er sich bereit, einen kurzen Beitrag zu halten, in dem er die Schwierigkeiten beschrieb, die sich aus seiner mutigen Entscheidung ergaben.

„Wir wurden unter der blau-weißen Flagge geboren und wie werden dafür sorgen, dass sie ewig weht. … Ich kann nicht mehr in meine Nachbarschaft zurückkehren, denn im Gegensatz zu den meisten anderen habe ich mich entschlossen, für jene, die sich erhoffen, dass andere sich auch freiwillig melden werden, den Weg zu ebnen. Ich habe mich gemeldet, damit die Dinge sich verändern. Viele sehen den Staat als etwas Fremdes und nicht als ihr Zuhause. Ich halte dagegen: Dies ist ihr Zuhause.“

Vertreter der Minderheiten feiern Israels Unabhängigkeit
© Yakir

Anschließend wurde in der Synagoge ein Gebet für den Frieden Israels und die Sicherheit der Angehörigen der Israelischen Streitkräfte gesprochen, das auch auf Arabisch übersetzt wurde. Dann gingen die Vertreter der Minderheiten für ein Festmahl zum Haus des Rabbiners. Dort hielt Samer Jeries, einer der ersten Christen, die sich in den 1980er Jahren den Fallschirmjägern anschloss, eine Rede. Er verwies zunächst darauf, dass Israel für Christen das sicherste Land im Nahen Osten sei.

„Wenn ich mich umsehe und sehe, was den Christen in Syrien und im Irak geschieht, welchen Massakern sie ausgesetzt gewesen sind, wird mir doch sehr klar, dass der Staat Israel, der jüdische Staat, mein Zuhause ist.“

Wenn er Israelis und junge Juden über den Staat klagen höre, sage er ihnen: ‚Seht Euch die Geschichte an, seid stolz und dient Israel mit Stolz.‘ Er ermutigte junge Christen, sich als Ausdruck ihrer Zugehörigkeit zum Staat freiwillig zu melden:

„Wir werden unsere Beziehung und Treue zum Staat weiter intensivieren, doch müssen die Behörden begreifen, dass es nicht nur um den Militärdienst geht. Der Blutpakt zwischen uns steht, doch brauchen wir auch ein Bündnis und eine Partnerschaft, die sich auf alle Lebensbereiche bezieht.“

Vertreter der Minderheiten feiern Israels Unabhängigkeit
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Über diese einzigartige Veranstaltung wurde in den israelischen Mainstreammedien nicht berichtet. Das ist kaum überraschend. Die meisten positiven Entwicklungen für die Minderheiten in Israel werden von Organisationen und Aktivisten getragen, die dem rechten, zionistischen Lager zugerechnet werden. Die Linke zieht es dagegen vor, die Minderheiten getrennt zu halten, um sie als Rammbock gegen die Rechte und die israelische Regierung einsetzen zu können. So kann der Anschein entstehen, der Linken und den arabischen Parteien in Israel ist es lieber, dass die Araber benachteiligt werden, solange sie nur ihre palästinensische Identität wahren. Die israelische Öffentlichkeit sollte jeodch denjenigen aus den Minderheiten entgegenkommen, die sich der Wirklichkeit stellen und hier gleichberechtigt leben und dabei nicht nur etwas erwarten, sondern auch etwas beitragen wollen. Dieser Trend muss fortgesetzt und verstärkt werden.

Selbstverständlich gibt es noch sehr viel zu tun, um Differenzen zu überwinden, die verschiedenen Gruppen näher zusammenzubringen und gegenseitige Offenheit und Anerkennung zu fördern. Siebzig Jahre sind eine relative kurze Seit. Was noch nicht erreicht wurde, muss in Angriff genommen werden, um eine wahrhafte Partnerschaft zu ermöglichen, nicht um den Separatismus zu fördern. Diese Entwicklung wirkt sich auch positiv auf die internationalen jüdisch-christlichen Beziehungen und die Beziehungen zwischen Juden und anderen Minderheiten aus. Daher sollten jüdische und christliche Gruppen, Geldgeber und Organisationen weltweit diesen Prozess auf allen erdenklichen Ebenen fördern. Es handelt sich um eine historische Gelegenheit, die wir uns nicht entgehen lassen sollten.

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